Infektion
Hygienische Aufbereitung von Medizinprodukten
Die Anforderungen an die Aufbereitung von Ultraschallsonden sind diffizil und hängen von der Nutzung der Sonden ab. Trotz diverser Vorschriften und der DIN EN ISO 17664 ist es schwierig, die Aufbereitung sicherzustellen. Pro Jahr erleiden allein in Deutschland rund eine Million Patienten eine Infektion im Gesundheitswesen (nosokomiale Infektion) und es ist davon auszugehen, dass ca. 30.000 Todesfälle jedes Jahr auf diese Infektionen zurückzuführen sind. Wie hoch letztlich der Anteil der nicht adäquaten Aufbereitung von Medizinprodukten daran ist, lässt sich nicht zur Gänze klären. „Jedoch sind diese Zahlen erschreckend hoch“, meint Dr. med. univ. Sebastian Werner, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin und Geschäftsführer des akkreditierten Prüflabors HygCen Germany GmbH, Schwerin und sieht großen Diskussionsbedarf, auch hinsichtlich der juristischen Konsequenzen und der damit verbunden Kosten.
Die Mindestanforderungen an die Aufbereitung von Medizinprodukten unterliegen einer Einteilung aufgrund Ihres bestimmungsgemäß Gebrauchs in unkritische, semikritische oder kritische Medizinprodukte, die das Robert Koch Institut (RKI) je nach Einsatzgebiet festgelegt hat. Auf intakter Haut verwendet, beispielsweise beim klassischen Schwangerschaftsultraschall auf dem Bauch, unterliegt die Sonde naturgemäß einem anderen Risiko, als beispielsweise rektal oder transvaginal genutzte Sonden oder – wie im kritischen Fall – intraoperativ genutzte Sonden. Je nach Einsatzgebiet muss auch die Aufbereitung dieser Medizinprodukte entsprechend vorgenommen werden. „Der Anspruch jedes Patienten, dass keine humanpathogenen Erreger übertragen werden können, ist einfach und nachvollziehbar“, so Werner.
Vorschriften und Realität
Jegliche Aufbereitung von Medizinprodukten ist laut Medizinproduktegesetz nur mit validierten Prozessen durchzuführen. Einerseits existiert eine europäische Direktive, andererseits die nationale Umsetzung der Medizinproduktebetreiberverordnung. Jeder validierte Prozess muss nachprüfbar sein und ein standardisiertes Ergebnis liefern. Damit einher geht die Richtlinie DIN EN ISO 17664, die jedoch momentan nur für tatsächlich re-sterilisierbare Medizinprodukte Vorgaben macht. Momentan befindet sich diese Norm jedoch in der Überarbeitung und viele Behörden in Mitteleuropa haben die Informationspflicht zur Aufbereitung der Medizinprodukte in detaillierter Art und Weise in die Hände der Hersteller gelegt. „Auch das Robert Koch Institut hat schon lange vor dieser Norm immer wieder detaillierte Aufbereitungsanleitungen seitens der Hersteller gefordert“, erläutert der Hygieniker.
Die Umsetzung zeigt sich jedoch schwieriger als gedacht, denn auch die wiederkehrende Überprüfung der maschinellen Aufbereitung, die auch seitens der Behörden gefordert ist, liegt letztlich in den Händen der Betreiber einer solchen Aufbereitungseinheit. Die Bezirksregierungen überprüfen zwar zumeist jährlich die Aufbereitung von semikritischen und kritischen Medizinprodukten in einer Zentralen Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA), „genau genommen müsste die Kontrolle auf die Verwendung valider Aufbereitungsprozesse aber auch für unkritische Medizinprodukte etabliert werden, was jedoch allein aufgrund der schieren Masse nicht möglich ist“ so Dr. Werner. Leider sind derzeit am Markt hauptsächlich teilmaschinelle Prozesse zu erhalten, weil die Medizinprodukte selbst, zumindest Ultraschallsonden, extrem komplexe und thermolabile Produkte sind, die sich nicht einfach in ein Reinigungs- und Desinfektionsgerät geben lassen, welches dann auf über 80 Grad erhitzt. Auch im endoskopischen Bereich litt man bis vor einigen Jahren noch unter denselben Schwierigkeiten, doch dann wurden die Endoskope im Produktdesign auf die Anforderungen der sicheren Aufbereitbarkeit angepasst.
Maschinelle vs. Manuelle Aufbereitung
Generell ist nicht ausgeschlossen, dass eine maschinelle Aufbereitung durch eine manuelle ersetzt werden kann. „Aber hier muss gemäß den Vorgaben des RKI klar der Nachweis erbracht werden, dass der Prozess äquivalent ist“, erklärt Dr. Werner. Dies lässt sich bei manchen Produkten darstellen, aber die Beweisführung ist schwierig. Zudem sind die am Markt befindlichen Verfahren Reinigungs- und Desinfektionswischtuchsysteme, die je nach Anschmutzung und Art und Weise der manuellen Aufbereitung, unterschiedliche Endergebnisse erzeugen können, wenn die Prozesse nicht hochgradig standardisiert werden. „Je nachdem, mit welchem Druck oder ob man zwei oder drei Mal über das Produkt wischt, ist das Ergebnis natürlich ein anderes“, verdeutlicht der Hygienespezialist.
„Es gibt zurzeit neben dem manuellen Verfahren zwei maschinelle Verfahren, die aber nur den Sterilisationsprozess abdecken und nicht die Reinigung“, so Werner. Beide Verfahren stellen jedoch letztlich nur den letzten Schritt dar, was bedeutet, dass bereits vorgereinigte Produkte in den Prozess hineingegeben werden müssen. „D.h. die Möglichkeiten, die wir zurzeit maschinell zur Verfügung haben, sind noch optimierungsbedürftig und die Industrie ist dazu aufgefordert hier validierbare maschinelle und praktikable Gesamtprozesse und -lösungen anzubieten“, stellt Dr. Werner klar.
Die Aufbereitung eines Medizinproduktes schließt nicht nur die mikrobiologische und zytotoxische Reinheit ein, sondern auch die Funktionsfähigkeit des Produktes. Die Häufigkeit einer Aufbereitung ist vom Einzelfall abhängig und kann auch vom Hersteller nur schwierig beziffert werden. Entsprechende zwingende Kennzeichnungsvorschriften existieren hier bis dato nicht. „Die Überlegungen in Europa reichen von der Abschaffung des Begriffs Single-Use hin zum herstellerseitigen Nachweis, dass ein Produkt nicht so herzustellen ist, dass es nicht aufbereitet werden kann“, verdeutlicht Dr. Werner.
Müßige Kostendiskussionen
Die gerade im niedergelassenen Bereich oft geführte Kostenargumentation zur Aufbereitung von Medizinprodukten, die an Dr. Werner in Diskussionen oft herangetragen wird, sieht er klar als Frage, die an die Kostenträger zu richten ist, weniger an den Hygieniker. „Bei derartigen Diskussionen bleibt immer ein schaler Beigeschmack, weil man sich fragen muss, ob die Medizinprodukte vorher nicht patientenbezogen adäquat aufbereitet wurden“, zeigt er sich skeptisch. „In diesem Fall muss man sich im Detail hinsetzen mit den Kostenträgern und unter lege artis Bedingungen die Kosten unter Berücksichtigung von Aufbereitungskosten oder Kosten für geeignete Einmalinstrumente erörtern. Dies muss man offen diskutieren“, fordert er.
PROFIL:
Dr. Sebastian Werner schloss seine Ausbildung zum Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin am Hygieneinstitut in der Ruhruniversität Bochum ab. Seit 2013 leitet er als Geschäftsführender Gesellschafter das akkreditierte Prüflaboratorium HygCen Germany GmbH Schwerin / Bochum. Neben der Leitung der AG Offensive Hygiene der DGKH, der Tätigkeit als Schriftführer der Fachkommission „Hygienische Sicherheit medizinischer Produkte und Verfahren“ der DGKH bemüht er sich derzeit auch den Berufsverband Deutscher Hygieniker neu zu beleben.
16.11.2015