Artikel • Produktpräsentationen auf der Medica 2024
Taiwan gibt Chirurgen KI-Unterstützung
Zukunftsweisende Großinvestitionen auf der einen Seite, politische Spannungen auf der anderen: Die Präsentation preisgekrönter Medizintechnik aus Taiwan auf der Medica in Düsseldorf spiegelte ein Jahr voller Umbrüche und Herausforderungen wider. Die prämierten Lösungen für Chirurgie, Intensivmedizin, Traumatologie und Endoskopie zogen erneut ein großes Fachpublikum an.
Bericht: Wolfgang Behrends
Mit mehr als 300 teilnehmenden Firmen zählte Taiwan auch 2024 zu den Spitzenreiten auf der Fachmesse, wie James C. F. Huang, Vorsitzender des Taiwan External Trade Development Council (TAITRA), zu berichten wusste. Mit dem Baustart einer bedeutenden Halbleiterfabrik des taiwanischen Branchenführers TSMC in Dresden werde ein ganz neues Kapitel in der Kooperation beider Länder aufgeschlagen, zeigte sich Huang erfreut. „Diese Zusammenarbeit zeigt die robusten Möglichkeiten für Geschäfts- und Technologiepartnerschaften zwischen Taiwan und Deutschland, und wir rechnen damit, dass diese Beziehung in den kommenden Jahren noch stärker wird“, erklärte er im Rahmen der Pressekonferenz am ‚Taiwan Excellence‘-Pavillon auf der Medica. Die Medizintechnik, die mit dem Gütesiegel von TAITRA auf der Messe vorgestellt wurde, zeige erneut, wie Taiwans Firmen mit modernster Technologie von KI bis 3D-Druck den Fortschritt im Gesundheitswesen vorantreiben.
Geteilte Werte in turbulenten Zeiten
Die bewährte Partnerschaft zwischen den Ländern könnte angesichts der aktuellen politischen Lage jedoch schon bald einer Bewährungsprobe entgegengehen, mahnte Jhy-Wey Shieh: „Es ist wichtiger denn je, dass die demokratischen Länder zusammenhalten“, erklärte der taiwanesische Botschafter. Dass diese Botschaft ankam, machte im Anschluss Dr. Tobias Traupel vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium deutlich: „Wir sind froh, Sie bei uns zu haben – als Geschäftspartner, aber auch als Freunde, die unsere Werte teilen.“
Der Ministerialdirigent zeigte sich zuversichtlich, dass beide Länder mit gemeinsamen Kräften – vom Start-Up bis zum Globalen Konzern – einen wertvollen Beitrag leisten können, das Gesundheitswesen von morgen zu gestalten.
Im Mittelpunkt des Messestands stand dann auch die Medizintechnik, von der exemplarisch vier Produkte für ihre besondere Innovativität hervorgehoben wurden. So stellte die Firma Brain Navi Biotechnology ihr System vor, das mit Hilfe von KI die Genauigkeit in der Neurochirurgie verbessern soll. Die Plattform mit dem Namen ‚NaoTrac‘ erstellt mit ‚Surface Mapping Auto-Registration‘-Technologie ein präzises 3D-Bild des Operationsbereichs, so dass der Roboterarm die Instrumente in die richtige Position bringen kann. Das entlaste den Chirurgen und sorge für mehr Sicherheit und Effizienz, berichtete Gokhan Zorlubas, Business Development Manager bei Brain Navi.
Lösungen für Intensivmedizin, Orthopädie und mehr
Ein spezielles Zerstäubersystem für den Einsatz in der Intensivmedizin stellte anschließend Vanessa Wu von MicroBase Technology Corporation vor. Durch eine besonders feine Zerstäubung mit einer Partikelgröße von 3 μm können Wirkstoffe besonders gut von der Lunge absorbiert werden, erklärte die Produktmarketing-Managerin bei der Präsentation des ‚LoyalCare‘-Zerstäubers. Der Aufenthalt auf der Intensivstation lasse sich so um bis zu 28% verkürzen.
Zu den Trägern des ‚Taiwan Excellence‘-Awards zählte auch die Firma Aplus Biotechnology, die für ihre individuell angefertigten OP-Führungsplatten auf 3D-Druck zurückgreift. Die auf den jeweiligen Patienten zugeschnittenen Elemente für Brustkorb, Wirbelsäule, Hand und Knie eignen sich für eine große Bandbreite an Eingriffen, von der Traumatologie bis hin zu orthopädischen Verfahren, sagte Marketing Manager Robers Luo.
Mit einem kabellosen Endoskopie-System machte der Hersteller EndoSemio den Reigen der Produktpräsentationen komplett. Das auf Tracheotomien ausgelegte System verringere das Risiko von Gewebeverletzungen und Fehlplatzierungen, das bei diesem minimal-invasiven Verfahren oft bestehe, erklärte Elena Chin. „Bei der Entwicklung war es uns wichtig, dass das System benutzerfreundlich ist und ohne steile Lernkurve verwendet werden kann, damit es die klinischen Abläufe unterstützt“, fügte die IT-Ingenieurin hinzu.
IKT-Know-How für smarte Medizintechnik
„Durch unser Fachwissen in der Informations- und Kommunikationstechnik liefern wir weiterhin intelligente medizinische Lösungen, um den sich wandelnden Bedürfnissen der Gesundheitsversorgung weltweit gerecht werden“, erklärte der TAITRA-Vorsitzende Huang im Anschluss an die Vorstellung der ‚Taiwan Excellence‘-Produkte. Die jährliche starke Präsenz auf der Medica unterstreiche die Bedeutung der Handelbeziehung zwischen Taiwan und Deutschland, und die gemeinsamen Werte – Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit – seien eine solide Basis, um diese wirtschaftliche Verbindung in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.
22.11.2024