News • Testikuläre Keimzelltumoren

Hodenkrebs: Tumor-Mikromilieu beeinflusst Therapieerfolg

Forschende des Universitätsklinikums Düsseldorf untersuchen den Einfluss des Tumor-Mikromilieus auf die Resistenzentwicklung bei der Cisplatin-basierten Chemotherapie von Hodentumoren.

Sie konnten zeigen, dass die Wechselwirkung zwischen Hodentumorzellen mit den umliegenden Zellen des Immunsystems oder des Bindegewebes die Resistenz-Entwicklung der Tumorzellen beeinflusst. Zudem wurde die Interaktion zwischen Tumor- und Mikromilieu-Zellen detailliert aufgeschlüsselt, um Therapieziele zu identifizieren. Die Studie wurde von der Wilhelm Sander-Stiftung gefördert und jüngst in der Fachzeitschrift Molecular Oncology publiziert.

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3D-Co-Kultur mit hängenden Tropfen zur Visualisierung der Interaktion zwischen Hodenkrebs-Zellen und ihrer Mikroumgebung.

Bildquelle: Skowron et al., Molecular Oncology 2022 (CC BY 4.0)

Testikuläre Keimzelltumoren, auch Hodentumoren genannt, treten insbesondere bei jungen Männern im Alter von 15-45 Jahren auf. Insbesondere in westlichen Ländern steigt die Anzahl der Neuerkrankungen stetig - hier werden Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel die Exposition gegenüber Chemikalien die hormonähnlich wirken, als Ursache vermutet. Im klinischen Alltag werden diese Patienten in der Regel mit der chirurgischen Entfernung des Hodens und einer Cisplatin-basierten (ein anorganischer Arzneistoff aus der Klasse der Zytostatika mit einem zentralen Platin-Atom) Chemotherapie behandelt. Obwohl die Heilungschancen durch die Chemotherapie sehr vielversprechend sind, erleiden bis zu 15% der Patienten einen Rückfall aufgrund einer Therapie-Resistenzentwicklung, welche mit einer verminderten Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist. Die genauen molekularen Ursachen, die zu der Entstehung einer Cisplatin-Resistenz führen können, sind jedoch trotz der fast 50-jährigen Erfahrung in der Klinik weiterhin nur unzureichend aufgeklärt. 

Die Sensitivität von Tumorzellen gegenüber der Chemotherapie kann durch die um den Tumor umliegenden Immun- oder Bindegewebszellen (z. B. Fibroblasten) beeinflusst werden. Diese werden dem sogenannten „Tumor-Mikromilieu“ zugeordnet. Aufgrund des direkten Austauschs von Signalproteinen und Wachstumsfaktoren können somit die Zellen des Mikromilieus die Cisplatin-Sensitivität der Tumorzellen negativ beeinflussen. Das Forscherteam um Prof. Dr. Daniel Nettersheim hat diese Interaktion zwischen Keimzelltumor-Zellen und Mikromilieu-Komponenten in einem 3D-Modellsystem detailliert analysiert, um neue therapeutische Zielmoleküle und Signalkaskaden zu identifizieren sowie die molekulare Kommunikation dieser Tumor-Mikromilieu-Interaktion zu verstehen.

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News • Urologie

Erste S3-Leitlinie für Hodentumoren finalisiert

Mit jährlich rund 4000 Neuerkrankungen sind Keimzelltumoren des Hodens die häufigste Krebserkrankung bei Männern zwischen 20 und 44 Jahren. „Die bereits jetzt guten Heilungschancen der Betroffenen weiter zu verbessern, ist das Ziel der ersten deutschen evidenzbasierten und interdisziplinären S3-Leitlinie zu Hodentumoren“, sagt Prof. Dr. Christian Wülfing (DGU).

Die Ergebnisse dieser Studie [...] zeigen, dass diese Tumor-Mikromilieu-Interaktion in weiteren Forschungsprojekten adressiert werden muss

Daniel Nettersheim

Basierend auf massenspektrometrischen Messungen ist die Gesamtheit der sekretierten Faktoren der Tumor- und Mikromilieu-Zellen, das sogenannte Sekretom, erfasst worden. Außerdem untersuchten die Forschenden die Veränderungen im Transkriptom (Gesamtheit aller RNA-Moleküle) nach direkten Zell-Zell-Kontakt in einem 3D-Kultursystem. Hier zeigten sie, dass insbesondere die Interaktion von Keimzelltumor-Zellen mit Fibroblasten oder Endothelzellen (bilden die innerste Zellschicht der Blutgefäße), die Sensitivität gegenüber Cisplatin reduziert. So wurden entsprechende Signalwegsmoleküle, die in der Resistenzentwicklung eine Rolle spielen könnten, identifiziert. Zudem wiesen sie nach, dass Bestandteile der extrazellulären Matrix, wie Kollagene und Fibronektine, die Cisplatin-Sensitivität in den Tumorzellen vermindert, während tumorfördernde Eigenschaften, wie Migration und Adhäsion, verstärkt wurden. „Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen den starken Einfluss des Mikromilieus auf die Keimzelltumoren sowie den Therapieerfolg und zeigen, dass diese Tumor-Mikromilieu-Interaktion in weiteren Forschungsprojekten adressiert werden muss“, fasst Nettersheim die Studienergebnisse zusammen. 

„Dieses Projekt verdeutlicht zudem wie wichtig die wissenschaftliche Kooperation ist und wie Projekte gemeinsam wachsen können“ führt Dr. Margaretha Skowron, Erstautorin der Studie, weiter aus. In diesem Forschungsprojekt kooperierten Forschende der Universitätsklinika Düsseldorf, Bonn, Ulm und Essen. Entscheidende Analysen wurden in enger Zusammenarbeit mit den „Core Facilities“ „Molecular Proteomics Laboratory“ und „Genomics & Transcriptomics“ des Biologisch-Medizinisches Forschungszentrums (BMFZ), der „Core Flow Cytometry Facility“ und des „Center for Advanced Imaging“ der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durchgeführt. Vice versa wird zukünftig ein Fokus der Forschenden auf dem Einfluss der Tumorzellen auf die Mikromilieu-Zellen liegen. Hier im Besonderen auf den Fibroblasten, um die Prozesse aufzuklären, die zu einer Aktivierung dieser Fibroblasten zu krebsassoziierten Fibroblasten führen und die Zellen so verändern, dass sie das Tumorwachstum unterstützen. 


Quelle: Universitätsklinikum Düsseldorf

19.07.2022

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