Fünf Personen stehen für ein Gruppenfoto in einem Verbindungsgang mit...
Von links: Prof. Dr. Florian Haller (Sprecher/Zentrum Personalisierte Medizin), Prof. Dr. Beate Winner (Sprecherin/Zentrum für Seltene Erkrankungen Erlangen), Prof. Dr. Silvia Spörl (ärztliche Leiterin/molekulares Tumorboard), Dr. Albrecht Bender (Kaufmännischer Direktor/Uniklinikum Erlangen) und Prof. Dr. André Reis (Direktor/Humangenetisches Institut).

Bildquelle: Uniklinikum Erlangen; Foto: Magdalena Högner 

News • WGS-Forschungsprojekt

Seltene Erkrankungen und Krebs: Genomsequenzierung als Diagnostik-Schlüssel

Uniklinikum Erlangen startet neues Diagnostikangebot

Seltene Erkrankung – seltene Heilung? Das muss nicht sein. Das Humangenetische Institut (Direktor: Prof. Dr. André Reis), das Zentrum für Seltene Erkrankungen Erlangen (Sprecherin: Prof. Dr. Beate Winner) und das Zentrum Personalisierte Medizin (Sprecher: Prof. Dr. Florian Haller) im Pathologischen Institut (Direktor: Prof. Dr. Arndt Hartmann) des Uniklinikums Erlangen möchten das ändern: Sie sind Teil des Modellvorhabens Genomsequenzierung, eines bundesweiten Forschungsprojekts des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen und des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands. Ziel ist es, den Nutzen der Ganzgenomsequenzierung für die Diagnose und die Behandlung seltener Erkrankungen und fortgeschrittener Krebserkrankungen wissenschaftlich zu untersuchen. 

Die neuen Erkenntnisse werden dazu beitragen, Krankheitsursachen präziser zu verstehen und die Behandlung zu verbessern. Vor allem aber profitieren die Betroffenen ganz konkret davon

André Reis

Die auf fünf Jahre angelegte Studie ermöglicht es erstmals, die gesamte Erbinformation eines Menschen mittels Genomsequenzierung im Rahmen eines strukturierten Versorgungsangebots auszulesen – und dadurch komplexe Erkrankungen schneller und gezielter zu diagnostizieren. Ab sofort können Betroffene mit seltenen Erkrankungen oder fortgeschrittenen Krebserkrankungen an dem Modellvorhaben teilnehmen und eine umfassende molekulare Diagnostik erhalten. 

„Wir möchten mit der Genomsequenzierung versuchen, die Behandlung von Krebspatienten noch weiter zu verbessern und die Tumorerkrankung zielgerichtet zu bekämpfen“, erklärt Prof. Dr. Silvia Spörl, ärztliche Leiterin des molekularen Tumorboards. „Die neuen Erkenntnisse werden dazu beitragen, Krankheitsursachen präziser zu verstehen und die Behandlung zu verbessern. Vor allem aber profitieren die Betroffenen ganz konkret davon“, zeigt sich auch Prof. Dr. André Reis, Direktor der Humangenetik, erfreut. Die Aufnahme von Patienten in das Modellvorhaben erfolgt nach ausführlicher Evaluation der medizinischen Eignung und über strukturierte Entscheidungswege: Bei seltenen Erkrankungen wird die Indikation im Rahmen einer interdisziplinären Fallkonferenz geprüft. Dabei diskutieren die beteiligten klinischen Einrichtungen gemeinsam mit der Humangenetik und dem Zentrum für Seltene Erkrankungen Erlangen den einzelnen Patientenfall. Bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen erfolgt die Empfehlung zur Teilnahme über die interdisziplinären Tumorkonferenzen des Comprehensive Cancer Center Erlangen-EMN (Sprecher: Prof. Dr. Matthias W. Beckmann). Liegt eine Eignung vor, geben die Teilnehmenden mit einer seltenen angeborenen Erkrankung eine Blutprobe ab, die anschließend auf genetische Veränderungen untersucht wird, die die Erkrankung ausgelöst haben und die möglicherweise vererbbar sind. Bei Krebspatienten wird hingegen Tumorgewebe analysiert, um die Entstehung der Krebserkrankung zu erklären und potenziell einen Ansatzpunkt für eine neue Behandlungsmöglichkeit – die personalisierte Krebstherapie – zu bieten. 

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Obwohl der Name etwas anderes suggeriert, sind viele Menschen von seltenen Erkrankungen betroffen. Auf der Suche nach der Diagnose vergehen manchmal Jahrzehnte. Auf dem 1. DACH-Kongress für Seltene Erkrankungen sprach Prof. Dr. Lorenz Grigull vom Zentrum für seltene Erkrankungen des Universitätsklinikum Bonn darüber, wie künstliche Intelligenz (KI) Patienten diese Odyssee ersparen könnte.

Da im Rahmen des Forschungsprojekts bundesweit genetische und klinische Daten erhoben und – selbstverständlich datenschutzkonform – auf einer zentralen Plattform des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gebündelt werden, entsteht ein wertvoller Datenschatz. Davon profitiert nicht nur jeder einzelne Patient durch eine präzisere individuelle Diagnose. Auch die medizinische Forschung gewinnt neue Erkenntnisse, die langfristig die Behandlung von seltenen Erkrankungen und Krebserkrankungen insgesamt verbessern werden. Gleichzeitig leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Medizin und zur Weiterentwicklung der Medizininformatik in Deutschland. 

Informationen zur Teilnahme am Modellvorhaben

Interessierte Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung sowie behandelnde Ärzte im Bereich Onkologie können sich für weitere Informationen an das Zentrum Personalisierte Medizin (www.zpm.uk-erlangen.de) wenden. Ansprechperson ist Prof. Dr. Silvia Spörl, ärztliche Leiterin des molekularen Tumorboards (silvia.spoerl(at)uk-erlangen.de; 09131 85-45021). Für Betroffene mit seltenen Erkrankungen stehen Prof. Dr. André Reis und Prof. Dr. Beate Winner, Sprecherin des Zentrums für Seltene Erkrankungen Erlangen (zseer(at)uk-erlangen.de, 09131 85-42888), zur Verfügung. 


Quelle: Uniklinikum Erlangen 

09.11.2025

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