News • Therapeutischer CLL-Wirkstoff

Forscher testen Impfstoff gegen chronische Leukämie

Die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Leukämieerkrankung bei Erwachsenen, die zwar meist langsam verläuft, jedoch bisher nicht heilbar ist.

In der Klinischen Kooperationseinheit (KKE) Translationale Immunologie an Universitätsklinikum und Medizinischer Fakultät Tübingen startet aktuell eine klinische Phase-I-Studie, die einen Impfstoff testet, mit dem Ziel, diese häufigste Leukämie bei Erwachsenen heilen zu können. Die Idee dazu, der Wirkstoff und die Therapie wurden an der Universität Tübingen entwickelt, die Finanzierung der Studie erfolgt durch die Medizinische Fakultät Tübingen.

In unserer Studie stellen wir für jeden Patienten einen individualisierten, auf die speziellen Merkmale der jeweiligen Leukämiezellen zugeschnittenen Impfstoff aus acht verschiedenen Peptiden zusammen

Juliane Walz

Die Behandlungsoptionen der CLL haben sich in den letzten Jahren mit der Einführung neuer zielgerichteter Substanzen deutlich verbessert. Jedoch bleiben nach der Therapie in den allermeisten Fällen einzelne Leukämiezellen zurück, die im Verlauf zu einem Rückfall der Erkrankung führen können. Ärzte und Ärztinnen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Tübingen untersuchen nun die Möglichkeit, diese verbleibenden Leukämiezellen mit einer sogenannten Peptid-Impfung zu zerstören. Als Peptide werden kurze Eiweiße bezeichnet, die auf der Oberfläche von Tumorzellen dem Immunsystem und hier speziell den T-Zellen präsentiert werden. Dies ermöglicht dem Immunsystem, „fremde“ Zellen zu erkennen und diese zu eliminieren. Impft man solche Peptide zusammen mit einem geeigneten Immunstimulator, einem sogenannten Adjuvanz, können T-Zellen gezielt gegen Tumorzellen aktiviert werden. „In unserer Studie stellen wir für jeden Patienten einen individualisierten, auf die speziellen Merkmale der jeweiligen Leukämiezellen zugeschnittenen Impfstoff aus acht verschiedenen Peptiden zusammen“, erklärt Studienleiterin PD Dr. Juliane Walz, „dieser Impfstoff wird dann den Patienten nach dem Zurückdrängen der Standardbehandlung verabreicht.“ 

Im Gegensatz zu klassischen Impfungen gegen Infektionskrankheiten, die das Ziel haben, das Auftreten einer Erkrankung zu verhindern, wird die therapeutische Krebsimpfung bei Patienten, die bereits an einer Tumorerkrankung leiden, mit dem Ziel eingesetzt, das Immunsystem gezielt gegen die Tumorzellen zu richten.

Der personalisierte Impfstoff wird im Wirkstoffpeptidlabor und der so genannten GMP-Einheit des Universitätsklinikums Tübingen hergestellt. Auch das für die Impfstudie verwendete Adjuvanz XS15 wurde in Tübingen entwickelt. „In unseren ersten präklinischen und klinischen Untersuchungen haben wir bei Impfungen mit XS15 starke T-Zellantworten gegen Tumor-Peptide beobachtet“, so Juliane Walz. Schwerwiegende Nebenwirkungen erwarten die Wissenschaftler keine, da der Impfstoff spezifisch für die Leukämiezellen „maßgeschneidert“ wird. 

Die Phase-I-Studie zur Patienten individualisierten Peptidvakzinierung von CLL-Patienten wird an der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen durch die KKE Translationale Immunologie sowie am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart durchgeführt. Teilnehmen können erwachsene Patienten, bei denen eine behandlungsbedürftige CLL-Erkrankung vorliegt und eine Behandlung mit dem BTK-Inhibitor Ibrutinib geplant ist. Die Behandlung mit Ibrutinib kann auswärts, z.B. von einem niedergelassenen Hämatologen durchgeführt werden. Vor Beginn der Behandlung müssen die Patienten einmalig zu einer Untersuchung ihrer CLL-Zellen in eines der beiden Studienzentren kommen. Dort wird den Patienten Blut abgenommen und die Leukämiezellen auf ihre individuellen Antigene im Labor analysiert (HLA-Ligandomanalyse), um den passenden Impfstoff herzustellen. Im Anschluss an diesen Termin kann die geplante Standardtherapie mit Ibrutinib erfolgen. Sechs bis acht Monate nach Beginn der Ibrutinib-Therapie, wenn die CLL-Erkrankung ausreichend zurückgedrängt ist, erfolgt die personalisierte Impfung parallel zur Fortführung der Ibrutinib-Therapie. 

Insgesamt erfolgen drei Impfungen in einem Abstand von vier Wochen gefolgt von einer Nachbeobachtung über sechs Monate.

Interessenten für eine Studienteilnahme erhalten hier weitere Informationen.


Quelle: Universitätsklinikum Tübingen

16.01.2021

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