News • Krankheit im Visier
Forscher entwickeln zielsuchende "Zauberkugeln" gegen Krebs
Bereits 1900 formulierte der spätere Nobelpreisträger Paul Ehrlich das Prinzip der "Zauberkugel" (Magic bullet). Dank neuer Forschung könnte dieses pharmakologische Ideal bald Wirklichkeit werden - und den Kampf gegen Krebs revolutionieren.
Gemeinsam haben Biophysiker der australischen Macquarie University und des Moscow Institute of Physics and Technology Biomoleküle entwickelt, die an der Oberfläche von Mikro- und Nanopartikeln befestigt sind. Getreu Ehrlichs Zielsetzung finden diese Kugeln selbstständig ihr Ziel - Krebszellen - und bekämpfen es, ohne dabei gesunde Zellen anzugreifen.
Möglich werden diese "Magischen" Kugeln erst durch molekulare Klebstoffe, also Proteine, die die Biomoleküle auf der Oberfläche festhalten. Zu den wirkungsvollsten Klebern dieser Art zählt eine Kombination aus den Proteinen Barnase und Barstar. Mit ersterem lassen sich beispielweise Antikörper, Medikamente und fluoreszierende Materialien ankleben. Barstar bindet das Biomolekül, das eine Krebszelle erkennt. Dieses Konzept erdachte Sergey Deyev, Leiter des Molekular-immunologischen Labors am Institute of Bioorganic Chemistry of the Russian Academy of Sciences.
Beim Versuch, biologisch wirksame Moleküle an winzigen Partikeln zu befestigen, waren Forscher bislang schnell an ihre Grenzen gestoßen: "Die Bindekraft war sehr gering", sagt Victoria Shipunova vom Moscow Institute of Physics and Technology, die maßgeblich an den Entwicklungsarbeiten beteiligt war. Die Kombination der Proteine Barnase und Barstar brachte entscheidende Verbessungen beim Anheften von Biomolekülen und dauert zudem nur wenige Minuten - im Vergleich zu den bisher eingesetzten, fehleranfälligen Techniken ist das ein großer Schritt nach vorne.
Ein essentieller Schritt ist die Beschichtung der Kügelchen mit Siliziumoxid, sodass unterschiedliche Biomoleküle befestigt werden können. Im ersten Schritt wählte das Forscherteam Wirkstoffe gegen Krebszellen aus, die "huckepack" auf den Kügelchen in die Blutbahn gespritzt werden. Der Clou: Auf dem Weg durch den Körper bleibt die tödliche Fracht inaktiv. Erst wenn das Suchmolekül auf der Oberfläche signalisiert, dass es ein Karzinom erkannt hat, tötet der Wirkstoff die Zellen ab.
Die bisherigen Versuche mit der potentiellen "Zauberkugel" sind vielversprechend, doch bevor sie eingesetzt werden, sind noch umfangreiche klinische Studien nötig.
Quelle: Moscow Institute of Physics and Technology/pressetext
18.06.2018