Ein breites Portfolio an unterschiedlichsten Themen
Interview Prof. Hermann Helmberger, Präsident des 93. Deutschen Röntgenkongresses
„Gegensätze verbinden“ lautet das Motto des kommenden Deutschen Röntgenkongresses – welche Gegensätze möchten Sie in Hamburg verbinden?
Dieses Motto ist eine Weiterentwicklung des letztjährigen, übrigens überhaupt ersten Mottos eines Röntgenkongresses „Radiologie ist Vielfalt“. Der Kongress 2011 hat sehr schön gezeigt, dass die Radiologie ein breites Portfolio an unterschiedlichsten Themen anzubieten hat. Wenn man diese „Vielfalt“ betrachtet, dann gibt es an den Rändern tatsächlich Bereiche, die scheinbar gegensätzlich sind, sei es fachlich-thematisch, von der Herangehensweise oder vom Patientenklientel her. So gibt es Radiologen, die sich speziell mit dem Gastrointestinaltrakt beschäftigen und andere, die sich hauptsächlich die Erkrankungen des Herzens anschauen. Viele Radiologen arbeiten an der morphologischen Bildgebung und andere an der funktionellen. Einige fokussieren sich auf die reine Bildgebung, während andere sich um die Intervention bemühen. Die meisten beschäftigen sich nur mit Erwachsenen, einige wenige Spezialisten mit der Kinderradiologie, die ja einen eigenen Schwerpunkt innerhalb der Radiologie darstellt.
All das ist Ausdruck der Breite unseres Faches und scheint auf den ersten Blick weit auseinander zu liegen. Ich denke, dass es richtig und wichtig ist, Gemeinsamkeiten und Überschneidungen dieser Bereiche mehr in den Vordergrund zu rücken. Von diesem Ansatz ausgehend haben wir die thematischen Schwerpunkte des kommenden Kongresses entwickelt und werden einige von Ihnen auch in gemeinsamen Veranstaltungen diskutieren. So sind etwa gemeinsame Sitzungen der Arbeitsgemeinschaften Herz und Interventionelle Radiologie bzw. zur Leberbildgebung von Erwachsenen und Kindern geplant.
Daneben haben sich im Laufe der letzten Jahre verschiedene einzelne Spots des Programms des Deutschen Röntgenkongresses herausgebildet, z.B. die Serie „Fit für den Facharzt“ oder die seit Langem bestehende Reihe „Radiologie in Klinik und Praxis“ zu berufspolitischen Themen. Beide Veranstaltungsreihen werden ausgebaut und verwandte Themen wie die Curricula der einzelnen AGs oder die Sitzung des Chefarztforums integriert. Wir versuchen dabei das Programm so zu strukturieren, dass auch für den Besucher, der erstmals zum Röntgenkongress kommt, diese Inhalte schnell vermittelbar sind.
Und schließlich haben wir versucht, sicherlich mit einem gewissen Schmunzeln, den scheinbaren Gegensatz eines in Hamburg stattfindenden Kongresses mit einem Kongresspräsidenten aus München in unserem Kongressplakat graphisch zu verbinden.
Intensiviert wird die Zusammenarbeit mit benachbarten Fachgesellschaften. Auf welchen Gebieten fokussiert der Kongress die Interdisziplinarität?
Sicherlich wird vor allem die Diagnostik und Therapie gastroenterologischer Erkrankungen im Fokus der Interdisziplinarität stehen. Hier sind wir als Bildgeber und minimal-invasive Therapeuten ein wichtiger Partner. Deswegen möchten wir unsere gastroenterologischen und viszeralchirurgischen Kollegen, aber auch unsere Partner aus der Nuklearmedizin und Kinderradiologie in den Kongress einbinden. Betont wird dieser thematische Schwerpunkt auch durch die Wahl des Redners der Röntgenvorlesung: Professor Richard Baron aus Chicago, seines Zeichens ausgewiesener gastroenterologischer Radiologe, spricht zum Thema der Leberbildgebung, ein Gebiet, auf dem er wahre Pionierarbeit geleistet hat.
Als weiteren Höhepunkt haben wir eine gemeinsame Veranstaltung von Rheumatologen und Radiologen, die sich mit rheumatologischer Bildgebung beschäftigen, geplant. Auch hierbei möchten wir die Kollegen der Nuklearmedizin und der Kinderradiologie einbinden und so Gemeinsamkeiten herausarbeiten, die unseren Patienten zunutze kommen.
Mit welchen Themenschwerpunkten dürfen die Kongressteilnehmer 2012 rechnen?
Die Schwerpunkte des kommenden Kongresses lassen sich fast automatisch aus dem gewählten Motto ableiten: So werden die schon angesprochenen gastroenterologischen Erkrankungen in ihrer gesamten Breite, die luminale wie parenchymatöse Organsysteme einschließt, einen Schwerpunkt darstellen. Hierbei werden wir die vielfältigen Überschneidungen zur Onkologie, zur Interventionellen und pädiatrischen Radiologie sowie zur Nuklearmedizin thematisieren.
Auch beim zweiten Schwerpunktthema „Rheumabildgebung“ sind die Überlappungen zu Kinderradiologie und Nuklearmedizin offensichtlich. Gleiches gilt für den dritten Schwerpunkt „Kardiologische Bildgebung“ für die Bereiche Kinderradiologie, Nuklearmedizin und Interventionelle Radiologie. Daneben bilden die „Kinderradiologie“ und die „Minimal-invasive Therapie“, wie man die Interventionelle Radiologie besser bezeichnen würde, in ihrer Vielfalt eigene Schwerpunkte des Programms.
Lassen Sie mich jedoch erwähnen, dass selbstverständlich die so genannten „klassischen Themen“ jedes Röntgenkongresses wie z.B. Neuroradiologie, Gelenkdiagnostik, Strahlenschutz, nichts an Bedeutung verlieren und prominent vertreten sein werden. Und natürlich werden wir, wie in jedem Jahr, auch 2012 die Gelegenheit haben mit unseren Partnern der Industrie im Ausstellungsbereich technische Innovationen zu diskutieren.
Welches Programm erwartet die MTRAs?
Die Organisatoren des MTRA-Programms haben sich in ihrer Themenwahl an der Schwerpunktsetzung des Kongresshauptprogramms orientiert. So werden die Gastroenterologie, die Onkologie, die Pädiatrie, die Herzbildgebung und die Interventionelle Radiologie eine wichtige Rolle spielen. Daneben gibt es jedoch auch Vorträge zur Neuroradiologie und Gelenkbildgebung. Zudem werden wichtige Fragen des Strahlenschutzes und der Hygiene behandelt, die ja auch auf Seiten der MTRA zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Es ist gelungen zu den einzelnen Themenbereichen ausgewiesene Spezialisten als Referenten zu gewinnen. So hoffen wir auch beim kommenden Kongress wieder eine Vielzahl an MTRAs für unser Programm begeistern und in Hamburg begrüßen zu können. Denn die gemeinsame Jahrestagung mit unseren wichtigsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist ein verbindendes Element und essenzieller Bestandteil der Erfolgsgeschichte „Deutscher Röntgenkongress“.
Wird es auch wieder ein Programm für die „Hellsten Köpfe“ geben?
Auf jeden Fall! Dies ist ja eine der weiteren großen Erfolgsgeschichten des Röntgenkongresses in den vergangenen Jahren. Die “Hellsten Köpfe“ haben sich von Jahr zu Jahr weiter entwickelt und sind zu einem wichtigen Part unseres Kongresses geworden. Denn das Programm erlaubt es einerseits den jungen Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit unser Fach in seiner Vielfalt und mit seinen verbindenden Gegensätzen kennen zu lernen.
Uns als Fachgesellschaft wiederum bietet der Röntgenkongress ein ideales Podium um unseren Nachwuchs zu werben und so die Fortentwicklung unser Faches zu sichern. Wir können also gar nichts Besseres tun. Eine Fortsetzung ist somit garantiert und wir hoffen weiterhin auf so guten Zuspruch, wie in den letzten Jahren.
23.01.2012