Ehrung für Hirnforscher
Charles Weissmann und Adriano Aguzzi erhalten "Hartwig Piepenbrock-DZNE Preis"
Prof. Adriano Aguzzi von der Universität Zürich und Prof. Charles Weissmann vom Scripps Research Institute Florida (USA) erhalten den diesjährigen "Hartwig Piepenbrock-DZNE Preis" für ihre herausragende Forschung im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen.
Aguzzis und Weissmanns bahnbrechende Erkenntnisse zum Mechanismus sogenannter Prionenerkrankungen sind wegweisend für das Verständnis anderer neurodegenerativer Leiden wie Alzheimer oder Parkinson. Die Auszeichnung wird am 24. September 2013 in Berlin gemeinsam von der Piepenbrock Unternehmensgruppe und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) vergeben.
In diesem Jahr kommt dem Hartwig Piepenbrock-DZNE Preis eine spezielle Bedeutung zu, denn anlässlich des 100-jährigen Firmenbestehens ehrt die Piepenbrock Unternehmensgruppe die Preisträger mit 100 000 Euro. Besonderes Gedenken gilt dem Firmengründer Hartwig Piepenbrock, der das Unternehmen zu einem der größten deutschen Familienunternehmen gemacht hat. Er erhielt vor einigen Jahren die Diagnose Demenz und verstarb am 3. Juli dieses Jahres. Hartwig Piepenbrock hatte sich über viele Jahre für Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft engagiert. Der Preis, der von der Piepenbrock Unternehmensgruppe gesponsert wird, ehrt die großen Forschungserfolge von Prof. Weissmann und Prof. Aguzzi. Ausgewählt wurden die Preisträger von einem Komitee, das sich aus international anerkannten Wissenschaftlern und Vertretern des DZNE sowie der Familie Piepenbrock zusammensetzte.
"Die herausragenden wissenschaftlichen Beiträge von Charles Weissmann und Adriano Aguzzi sind von außergewöhnlicher Bedeutung für das gesamte Forschungsfeld der neurodegenerativen Erkrankungen", sagt Prof. Johannes Dichgans, Vorsitzender des Auswahlkomitees. "Mit ihrer Prionenforschung haben sie zuvor unbekannte Mechanismen entschlüsselt, die bei vielen dieser Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielen, so auch bei der Alzheimer- oder Parkinson-Erkrankung." Ein wichtiger Aspekt dieser Mechanismen ist die Ansammlung verformter, körpereigener Proteine. Die Arbeiten von Aguzzi und Weissmann liefern eine solide Basis, um neue Strategien für eine frühe Diagnose sowie effektive Präventionsmaßnahmen und Therapien zu entwickeln.
Frühe Arbeiten von Weissmann und Aguzzi lieferten den überzeugendsten Beweis dafür, dass ein körpereigenes Protein bei Prionenerkrankungen wie BSE oder der Creutzfeld-Jakob-Erkrankung eine herausragende Bedeutung für die Entwicklung der Krankheit hat. Sie zeigten, dass infektiöses Material nur dann zum Absterben von Nervenzellen führt, wenn dieses spezielle Protein vorhanden ist. In folgenden Arbeiten entschlüsselten die Forschungsteams unter Leitung von Aguzzi und Weissmann grundlegende Mechanismen, in denen verformte Proteine, wie beispielsweise Prionen, Giftigkeit verursachen. Schließlich haben die Arbeiten von Weissmanns Team zur Entwicklung neuer Analysemethoden der Vermehrung und Toxizität von Prionen geführt. Zudem konnte damit die Infektiosität beim Menschen charakterisiert werden. Aguzzi und sein Team fanden außerdem heraus, wie sich Prionen von Zelle zu Zelle ausbreiten und schließlich in das Gehirn einwandern.
Die Anhäufung von endogenen, verformten Proteinen steht zudem im Mittelpunkt anderer neurodegenerativer Erkrankungen, einschließlich Alzheimer und Parkinson. Obwohl die Ursache für die Anhäufung der verformten Proteine keine Infektion ist, anders als bei manchen Prionerkrankungen, scheint die Ausbreitung dieser Proteine von Zelle zu Zelle und im Nervensystem ähnlichen Mustern zu folgen. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass andere neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson ansteckend sind. Weil jedoch der grundlegende Mechanismus der Krankheitsausbreitung ähnlich ist, ergeben sich gemeinsame Forschungsfragen. Dadurch werden auch zukünftige Ansätze für Prävention, Diagnose und Therapie nahe gelegt.
Die Preisträger
Prof. Charles Weissmann (geboren 1931) ist emeritierter Professor am Scripps Research Institute Florida (USA). Der Schweizer Molekularbiologe hat in Zürich Medizin studiert und in der organischen Chemie promoviert. Er schloss seinen Postdoc an der School of Medicine der New York University ab und trat danach dieser Fakultät bei. Im Jahr 1967 kehrte er an die Universität Zürich zurück und wurde dort Direktor des Instituts für Molekularbiologie. Im Jahr 1999 ging er zur MRC-Prioneneinheit am University College in London. Fünf Jahre später wurde er an das neue Scripps Research Institute Florida berufen, gründete dort das Institut für Infektiologie und leitete dieses acht Jahre lang.
Prof. Adriano Aguzzi (geboren 1960) ist seit Ende 1995 Direktor des Schweizer Nationalen Referenzzentrums für Prionenerkrankungen und seit 1997 Direktor und Mitglied der Fakultät des Instituts für Neuropathologie an der Universität Zürich. Adriano Aguzzi studierte Medizin in Freiburg und Basel. Nach Stationen an der Columbia University, der Universität Zürich und dem Forschungsinstitut für molekulare Pathologie in Wien arbeitete er von 1993 an als Oberarzt und Privat-Dozent in der Pathologie und Neuropathologie an der Universität Zürich. Aguzzi besitzt die italienische und die Schweizer Staatsbürgerschaft.
Über Piepenbrock
Die Piepenbrock Unternehmensgruppe ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen in der vierten Generation. Das Unternehmen entlastet seine Kunden durch ein breites Dienstleistungsspektrum aus den Bereichen Facility Management, Gebäudereinigung, Sicherheit und Instandhaltung. Im Maschinenbau ist Piepenbrock mit seinen Verpackungsmaschinen erfolgreich. Piepenbrock pflegt eine lange Tradition in der Förderung der Umwelt, der Künste und des Sports. In dem Bewusstsein, dass neurodegenerative Erkrankungen schwerwiegende Auswirkungen auf Patienten, Familien und Betreuer haben, erweiterte die Unternehmensgruppe ihr gesellschaftliches Engagement mit der Unterstützung des Forschungspreises um das Gebiet der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen.
Mehr Informationen unter: www.piepenbrock.de
Über das DZNE
Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) erforscht die Ursachen von Erkrankungen des Nervensystems und entwickelt Strategien zur Prävention, Therapie und Pflege. Es ist eine Einrichtung in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren mit Standorten in Berlin, Bonn, Dresden, Göttingen, Magdeburg, München, Rostock/Greifswald, Tübingen und Witten. Das DZNE kooperiert eng mit Universitäten, deren Kliniken und außeruniversitären Einrichtungen.
Website: www.dzne.de
11.09.2013