Software
Durchblick im Datenwust
Eine neuartige Software vereinfacht die Auswertung der Laborexperimente und vereinheitlicht die Speicherung der Daten. Viele Biolabore kämpfen mit einer Fülle an Messdaten. Eine neuartige Software vereinfacht die Auswertung der Laborexperimente und vereinheitlicht die Speicherung der Daten. Auch Messfehler lassen sich sofort erkennen.
Bei Laboruntersuchungen fallen zahlreiche Messergebnisse an. Diese umfangreichen Daten vollständig und systematisch zu archivieren, ist äußerst aufwändig. Ein Viertel ihrer Zeit verwenden beispielsweise Forscher in den Lebenswissenschaften für das Verwalten von Daten. Das belegt eine Online-Umfrage des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT in Sankt Augustin unter 70 Personen in biologischen Laboren. Viele der Befragten berichten, dass es bei ihnen keine zentrale und strukturierte Datenerfassung gebe. Der größte Datenkiller ist, wenn ein Doktorand oder Assistent mit jahrelanger Erfahrung das Institut verlässt. Wollen die Nachfolger ältere Messergebnisse nachvollziehen, beginnt nicht selten die Suche in kryptischen Excel- Tabellen und Papierlisten.
Das FIT hat daraus Konsequenzen gezogen: Der »MPlexAnalyzer«, eine Software mit Schritt-für-Schritt-Bedienung, erleichtert das Datenmanagement erheblich. Zunächst konzentrierten sich die Experten auf Geräte zur Zellvermessung, die eine simultane Bestimmung einer Vielzahl von Proteinen in einem Versuchsansatz ermöglichen. Solche Ansätze, auch zytometrische Multiplex-Assays genannt, gehören zu den Standardmethoden in jedem Biolabor. Da solche Assays sehr komplex sind und große Datenmengen erzeugen, läuft die Datenerfassung ohne Software-Unterstützung für das Personal leicht aus dem Ruder. Die FIT-Software leitet den Nutzer mit einem Assistenten, dem Wizard, durch den Messprozess. Von der Auswahl der Messplatten über die Wahl der Proben und die Belegung der Platten mit Normproben bis zum Ausdruck eines übersichtlichen Berichts als PDF-Datei sind die Abläufe transparent und für Neulinge schnell zu verstehen.
Kügelchen werden mit Antikörpern beschichtet
Ein zytometrisches Multiplex-Assay arbeitet mit Polystyrolkügelchen, die nur sechs Mikrometer messen. Sie sind mit einer Farbstoffmixtur beladen, die zwei Laserstrahlen zum Leuchten anregen. Das Leuchtmuster ist wie ein Fingerabdruck: Bis zu hundert verschiedene Sorten von Kügelchen lassen sich so unterscheiden. Bei der Messung fließen die Kügelchen (beads) wie auf einer Perlenkette aufgereiht durch eine dünne Glaskanüle. Kameras messen die Farbmuster und zählen sortenrein. Interessant wird das für die Biologen, weil die Kügelchen noch eine zweite Fracht tragen: An ihren Oberflächen befindet sich ein farblich markierter Antikörper, den einer der beiden Laser anregt. Dieser Farbstoff emittiert Licht einer anderen Wellenlänge – allerdings nur wenn an den Antikörper bestimmte Substanzen angedockt haben – das können zum Beispiel Blutbestandteile, Ausscheidungen von Zellen oder Signalproteine von Krebszellen sein. Ein Multiplex-Assay untersucht bis zu 100 dieser Substanzen gleichzeitig.
Am Ende ergibt sich ein großer Datensatz. Darin steht die Zahl der registrierten Kügelchen zusammen mit der zu bestimmenden Substanz. Die Messung ist hochautomatisiert. Im Minutentakt werden bis zu 96 unterschiedliche Proben getestet, die sich in kleinen Töpfchen in einer Glasplatte befinden. Dabei ist ein Teil von ihnen mit Proben belegt, ein anderer Teil mit Vergleichssubstanzen, die zur Eichung der Messwerte dienen. Die Dokumentation darüber, welche Probe sich wo befindet und welche Messergebnisse jeweils anfallen, erforderte bisher aufwändige Handarbeit. »Unser Software- Wizard vereinfacht das: Mit wenigen Mausklicks lassen sich am Bildschirm Töpfchen markieren, die Vergleichsproben enthalten oder solche, die leer sind. Leuchtet das entsprechende Feld rot, stimmen Vorgabe und Messung nicht überein – der Laborant sieht sofort, wenn er einen Fehler gemacht hat oder wenn die Qualität der Messung nicht ausreicht, um eine statistisch verlässliche Aussage zu treffen«, erläutert Dr. Andreas Pippow, wissenschaftlicher Mitarbeiter am FIT.
Für das FIT ist die Software der Einstieg in das Datenmanagement biologischer Labors. Die Idee soll nun auf andere Anwendungen übertragen werden, etwa auf Mikroskope. Im biologischen Labor in Sankt Augustin baut die Abteilung »Life Science Informatik« des Fraunhofer FIT Spezialmikroskope für große Proben, die unter dem Objektiv automatisch hin- und hergefahren und abgescannt werden. Geplant ist eine Datenbank für alle Messungen, die in Laboren anfallen. Das können Daten von Multiplex-Assays, Mikroskopen oder weiteren Messgeräten sein. Der Charme des gemeinsamen Datenmangements liegt in der Verknüpfung. Wenn zum Beispiel Körperzellen in Folge einer Krankheit bestimmte Botenstoffe aussenden, hat das oft auch Folgen für die Struktur des Gewebes. Das lässt sich nur erkennen, wenn man die Bestimmung der Signalstoffe aus dem Multiplex-Assay und die Mikroskopbilder in der Software abgleicht.
01.07.2014