Quelle: Land NRW/Ralph Sondermann
Artikel • Virtuelles Krankenhaus NRW
Digitale Konsile vereinfachen Behandlung von COVID-19-Patienten
Das Land Nordrhein-Westfalen übernimmt bei der Bekämpfung von COVID-19 eine Vorreiterrolle in Deutschland: Mit dem Virtuellen Krankenhaus NRW hat es die deutschlandweit erste Plattform geschaffen, um die fachärztliche Expertise im Land flächendeckend digital zu vernetzen. Bereits am 30. März ging eine Vorstufe des Projektes an den Start, jedoch begrenzt auf die Bereiche Infektiologie und Intensivmedizin im Rahmen der Versorgung von COVID-19-Patienten. Am 1. Dezember soll die Plattform nun offiziell ihre Arbeit aufnehmen und um die Krankheitsbilder Herzinsuffizienz, seltene Erkrankungen sowie Lebermetastasen beim kolorektalen Karzinom erweitert werden. Weitere Krankheitsbilder sollen sukzessive folgen. Das Land NRW fördert das Projekt mit 12 Millionen Euro.
Report: Sonja Buske
Die Corona-Pandemie hatte den vorgezogenen Start im März erforderlich gemacht. Eigentlich wollten die Initiatoren erst im Juli mit dem Projekt live gehen. Für die schnelle Umsetzung konnte die Landesregierung NRW auf die Erfahrungen der Universitätskliniken Aachen und Münster zurückgreifen, die von 2017 bis 2020 mit dem Projekt „TELnet@NRW“ ein telemedizinisches, intersektorales Netzwerk betrieben haben. „TELnet@NRW war ein großer Erfolg“, erinnert sich Prof. Dr. Gernot Marx, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin, im Rahmen des Online-Kongresses Digital Health NOW! am 23. November. „Mehr als 10.000 Intensivpatienten und rund 150.000 ambulante Patienten wurden in das Projekt inkludiert. Ziel war es, die intensivmedizinische und infektiologische Behandlungsqualität in Arztpraxen und Krankenhäusern mittels digitaler Anwendungen weiter zu verbessern.“
Die Vorstufe des Virtuellen Krankenhaus richtet sich ausschließlich an Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung, die Patienten mit COVID-19 behandeln. Sie können sich per Videokonferenz mit Experten aus den Universitätskliniken Aachen und Münster abstimmen und auf deren besondere Expertise in der Infektiologie und der Intensivmedizin zurückgreifen. Die Erkrankten können somit länger vor Ort behandelt und potenziell patientengefährdende Transporte zwischen Krankenhäusern reduziert werden. 78 Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung sind dem System angeschlossen.
Konsilanfrage rund um die Uhr
Eine Konsilanfrage ist rund um die Uhr möglich: Zuerst muss ein Online-Formular ausgefüllt werden, woraufhin der Absender im Routinebetrieb von 8-16 Uhr innerhalb von 30 Minuten einen Zugangscode erhält, mit dem er in ein virtuelles Wartezimmer gelangt. Außerhalb dieses Zeitraums kann der Konsilanbieter nach Absenden des Formulars direkt telefonisch kontaktiert werden. Der Austausch behandlungsrelevanter Dokumente erfolgt datenschutzkonform über die Elektronische FallAkte (EFA). Die EFA ist ein Kommunikationstool für den digitalen Austausch medizinischer Daten zwischen (regional) verschiedenen Ärzten bei komplexen Krankheitsfällen, zum Beispiel Covid-19.
Im Juli zogen die Organisatoren mit 800 Telekonsilen eine erste positive Zwischenbilanz, Anfang November waren es schon 1250. „Es mussten insgesamt nur 17 Patienten in eine andere Klinik verlegt werden, allen anderen konnte dank der Telekonsile auch in nicht universitären Krankenhäusern geholfen werden“, äußert sich Marx begeistert. Die Anfragen gingen von der richtigen Wahl der Medikamente über Fragen zur Infektiologie bis hin zu Hilfestellungen bei der Beatmungs-Entwöhnung. Marx Fazit fällt dementsprechend positiv aus: „Die Sicherstellung einer modernen, hochqualitativen, wohnortnahen Patientenversorgung ist Realität geworden. Sie muss nun als Teil der Regelversorgung etabliert werden. Denn egal, wo sich ein Patient befindet: Der Zugang zur fachlichen Expertise muss überall möglich sein.“
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26.11.2020