Interview • Die aktuelle Debatte

Wird die MR-PET die bildgebende Diagnostik revolutionieren?

Die synchrone MR-PET-Hybridgeräte-Technologie ist das spannendste Thema, dass die Welt der molekularen Bildgebung momentan zu bieten hat: Keine medizintechnische Entwicklung wird so sehr herbeigesehnt, an keinem Forschungsgegenstand wird so kostspielig getüftelt und kein Thema wird so heiß debattiert. Zu aufregend ist die Perspektive einer noch nie da gewesenen Art der Bildgebung, die die MR-PET-Hybridbildgebungstechnik verspricht.

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Prof. Dr. Bernd Joachim Krause ist Oberarzt an der Nuklearmedizinischen Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München.

Besonderen Gesprächsstoff liefert dabei die Frage, ob und inwiefern das MR-PET- dem PET-CT-Verfahren überlegen sein wird. „Schwer zu sagen“, meint Prof. Krause, Oberarzt an der Nuklearmedizinischen Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München. „Wenn die Entwicklung von MR-PET-Ganzkörpersystemen abgeschlossen ist, werden wir für die verschiedenen Fragestellungen erst herausfinden müssen, welches der Verfahren für diese die Methode der Wahl sein wird.“

Während sich erste Prototypen von MR-PET-Scannern für den Kopfbereich bereits in der klinischen Testphase befinden, wird an Ganzkörpersystemen in Forschungskooperationen unter Beteiligung der Industrie und mehrerer Universitätsklinika noch fieberhaft gearbeitet.

RB: Prof. Krause, wie bewerten Sie die Diskussion PET-CT versus MR-PET?

Bernd Krause: Die beiden Untersuchungsmethoden sind sicherlich komplementär, und nicht kompetitiv zu sehen. Sie sind Teil eines ganzheitlichen multimodalen Bildgebungskonzepts, das verschiedene Blickwinkel auf funktionelle und morphologische Veränderungen im Rahmen einer Erkrankung erlauben wird. Es gibt allerdings verschiedene Schwerpunkte für beide Verfahren.

RB: Welche Schwerpunkte sehen Sie für das Ganzkörper-MR-PET?

Bernd Krause: Während die besondere Stärke der MR darin liegt, eine hohe Auflösung morphologischer Strukturen und exzellente Weichgewebskontraste zu erzielen, ist das PET ein bildgebendes Verfahren, das es erlaubt, molekulare oder zelluläre Prozesse wie z.B. Stoffwechselvorgänge sichtbar zu machen. Die MR-Technologie erlaubt es auch zunehmend, zusätzliche funktionelle Parameter zu dokumentieren, z. B. durch MR-Spektroskopie, Diffusions- und Perfusionsbildgebung. Wenn es uns gelingt, PET mit MR zu kombinieren, besteht die Hoffnung, in Form dieses Hybridbildgebungsverfahrens eine noch genauere Charakterisierung von krankheitsspezifischen Veränderungen zu erreichen. Damit könnte die simultane Erfassung morphologischer, biologischer und funktioneller Gewebeeigenschaften mithilfe des MR-PETs die Diagnose von Erkrankungen, deren Verlauf und die Überwachung der Wirksamkeit von Therapien in Zukunft entscheidend verbessern. Vor allem trifft dies in der Onkologie zu, weil Veränderungen im Tumorstoffwechsel, Tumorgröße und -volumen sich dann noch exakter bestimmen lassen und diese Kombination eine höhere Genauigkeit erwarten lässt. Unsere Studien zum kombinierten PET-CT mit MR beim Prostatakarzinom geben jedenfalls jetzt schon erste Anhaltspunkte dafür, dass die MR-PET bei Diagnose und Tumortherapie-Kontrolle gegenüber der PET-CT in bestimmten Fällen überlegen sein könnte. Weitere Potentiale des MR-PETs sehe ich im Bereich der kardiologischen bildgebenden Diagnositk und der Inflammationsbildgebung. Mit dem PET-MR können wir hoffentlich auch bei diesen Fragestellungen kombinierte zusätzliche Parameter gewinnen, die eine bessere Diagnostik, Vorhersage des Verlaufs oder eines Therapieerfolges ermöglichen.

Wird die MR-PET die bildgebende Diagnostik revolutionieren?

RB: Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung innovativer Tracer für die molekulare Bildgebung?

Bernd Krause: Die Weiterentwicklung der Tracer spielt natürlich eine zentrale Rolle bei der molekularen Bildgebung mit PET/CT und der MR-PET. Durch die Entwicklung neuer „Imaging Biomarker“ wird z.B. im Bereich der Onkologie eine immer spezifischere in-vivo Bildgebung spezifischer Prozesse der Tumorbiologie möglich, die dann auch für die Therapiekontrolle neuer Therapien interessant ist. Unabhängig von der Frage nach PET-CT oder MR-PET wird die molekulare Bildgebung darüber hinaus zukünftig noch ganz andere Felder erschließen, z. B. die Prävention.

RB: Die Entwicklung neuer Radiopharmazeutika setzt eine intensive Zusammenarbeit zwischen Industrie und der medizinischen Bildgebung voraus.

Gerade im Bereich der molekularen Bildgebung gibt es immer mehr strategische Kooperationen auch zwischen der Industrie und Pharmaunternehmen

Bernd Krause

Bernd Krause: Das stimmt. Gerade im Bereich der molekularen Bildgebung gibt es immer mehr strategische Kooperationen auch zwischen der Industrie und Pharmaunternehmen. Dies birgt synergistisches Potential für beide Seiten, da immer spezifischere Imaging Probes gesucht werden und auf der anderen Seite auch immer spezifischere Medikamente zur Behandlung von Tumoren zur Verfügung stehen. Deshalb ist die Entwicklung von Radiopharmazeutika interessant, die zum einen Zielstrukturen neuer Medikamente bildgebend darstellen können und zum anderen Veränderungen in den Anreicherungen in der Folge der Therapie erfassen können und somit die Überprüfung von Therapieeffekten erlauben.

RB: Wann ist frühestens mit einem MR-PET-Ganzkörpersystem zu rechnen?

Bernd Krause: Das ist zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht absehbar. Es gibt noch einige technische Hürden. Ein Problem ist z.B. die Implementierung einer geeigneten PET-Schwächungskorrektur, die im PET-CT über die Computertomographie realisiert wird. Die Schwächungskorrektur der Strahlung im menschlichen Gewebe ist bei der PET Voraussetzung für eine über den kompletten Bildbereich genaue und quantitative Darstellung des Traceruptakes. Während man beim normalen PET die CT-Daten für die Streustrahlungs- und Absorptionskorrektur benutzt, muss für das MR-PET erst noch eine adäquate Lösung gefunden werden. Da man mittels der MRT nicht wie mit der CT die Schwächungswerte direkt berechnen kann, mit denen das die PET-Daten korrigiert wird, müssen Schwächungswerte indirekt über das MRT-Signal mittels komplexer Verfahren ermittelt werden. Des Weiteren ist die Integration des PETs in ein MR-Gerät schwierig. Die PET-Detektoren müssen so konzipiert sein, dass sie im Magnetfeld des MR-Systems funktionieren.

Prof. Krause, vielen Dank für das Gespräch.


Profil:

Prof. Dr. Bernd Joachim Krause, Jahrgang 1965, ist seit vier Jahren Oberarzt an der Nuklearmedizinischen Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München. Dort leitet er die Arbeitsgruppe “Molecular Imaging in Oncology“. Er war drei Jahre lang Ärztlicher Leiter des PET-Zentrums am Institut für Medizin, Forschungszentrum Jülich, bevor er in Düsseldorf im Fach Nuklearmedizin habilitierte. Seit Mitte 2003 besetzt Prof. Krause eine Gastprofessur und einen Lehrauftrag in der Abteilung Radiologie II, Medizinische Universität Innsbruck.

09.10.2009

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