Wann MRT Leben rettet und wann nicht

Der Radiologe ist ganz entscheidend im Algorithmus des Rektumkarzinoms. Er übernimmt die Diagnose, das T-Staging und das Staging des Gesamtkörpers mittels MRT. Da der Großteil der Tumoren größer als T2 eingestuft wird, wird er für die OP-Vorbereitung gebraucht, aber auch für die Planung einer neoadjuvanten Radiochemotherapie.

Prof. Dr. Andreas G. Schreyer
Prof. Dr. Andreas G. Schreyer

Prof. Dr. Andreas Schreyer, Stellvertretender Institutsdirektor und Leitender Oberarzt in der Radiologie des Universitätsklinikums Regensburg, fasst zusammen: „Es geht darum, den Patienten möglichst wenig durch eine aggressive Chemotherapie zu schaden, aber dennoch mit hoher Sicherheit den Tumor zu erkennen. Das ist der Balanceakt, den wir als Radiologen machen müssen.“ Die S3-Leitlinie zum Rektumkarzinom, die 2013 veröffentlicht wurde, fordert dezidiert die MRT für die Diagnose und das exakte Staging. Für ihn ist das die Methode der Wahl, denn nur mit der MRT kann ein vernünftiges bildgebendes Staging des Rektumkarzinoms durchgeführt werden. „Vor allem beim Karzinom ab einem T2-Stadium im oberen und mittleren Drittel ist das der Fall“, sagt Schreyer.


Die Methode der Wahl
Mithilfe des Stagings lässt sich das weitere operative Vorgehen bestimmen oder erkennen, ob eine weitere Startifikation der Patienten gemacht werden kann, zum Beispiel im Sinne einer neoadjuvanten Radiochemotherapie. Die MRT ist eine objektive Methode und dem endoskopischen Ultraschall ganz klar vorzuziehen, was eine sehr untersucherabhängige Methode ist. „Die MRT ist weit verbreitet und zusätzlich bekommt der Arzt mit hoher Sicherheit und Validität ein extrem gutes Ergebnis, korreliert mit Histologie und Eindringtiefe“, erklärt Prof. Schreyer. Er räumt jedoch ein, dass die MRT sicherlich ein Problem bei tief sitzenden Rektumkarzinomen habe. Im unteren Bereich hat die Inspektion beziehungsweise die Endosonographie ihre primäre Berechtigung.

In der Regel wird das Rektumkarzinom operiert. Aber nach den neuen Leitlinien erfolgt zuvor häufig eine neo-adjuvante Therapie, die präoperative Radiochemotherapie. Die Tumoren werden vor der Operation verkleinert, bis sie eine operable Dimension erlangen. „Wir können dem Chirurgen sagen, wie weit er operieren muss und wie radikal die Operation sein muss“, sagt Schreyer. Dagegen sind T1-eingestufte Tumoren kleine oberflächliche Polypen, die endoskopisch von Endoskopikern entfernt werden.


CT oder DWI-MRT?
Die CT ist die Methode der Nachsorge. „Bei der Nachuntersuchung gibt es keinen richtigen Beweis, dass die MRT Leben retten kann, also dass durch eine primäre MRT mehr entdeckt wird als durch eine Computertomographie“, erklärt der Professor die Bedeutung der Verfahren. Aber die MRT ist in der Nachuntersuchung eine Methode, die bei Spezialfragestellungen zum Einsatz kommt. Mittels DWI-MRT kann ein Therapie-Responder oder Tumor-Downstaging nachgewiesen werden. „In der mittleren Zukunft wird es weiterhin so sein, dass eher computertomographisch das Follow-up gemacht wird, die Nachsorge und spezifischere Fragen aber mit der MRT beantwortet werden“, sagt Schreyer und fügt hinzu: „Die DWI-MRT ist eine Methode, mit der ich beim Erststaging die Tumorbiologie bestimmen kann. Damit könnte ich künftig vielleicht sogar stratifizieren, wie aggressiv ich mit meiner Chemotherapie rangehen kann. Aber noch ist das Zukunftsmusik.


PROFIL:
Prof. Dr. Andreas G. Schreyer beendete das Studium der Humanmedizin an der Universität Erlangen-Nürnberg 1996 als Jahrgangsbester. Ein wissenschaftlicher Aufenthalt als MRI Research Fellow führte ihn von 1997 bis 1999 an die renommierte Harvard Medical School in Boston. Nach seiner Rückkehr wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Röntgendiagnostik des Universitätsklinikums Regensburg. 2007 habilitierte er sich in der Radiologie mit dem Thema „Moderne MRT-Bildgebung des Gastrointestinaltraktes“. Seit 2010 ist Prof. Schreyer Stellvertretender Institutsdirektor des Instituts für Röntgendiagnostik in Regensburg. Der Bayer ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Abdominal- und GI-Diagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und Mitglied der Zertifizierungskommission der deutschen Darmkrebs- und Pankreaszentren.

19.12.2014

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