Mit Ultraschall lässt sich das Gelpflaster stark auf der Haut verankern
Mit Ultraschall lässt sich das Gelpflaster stark auf der Haut verankern

Bildquelle: Ran Huo & Jianyu Li, McGill University

News • Bioadhäsion durch implodierende Luftblasen

Ultraschall lässt Pflaster besonders fest haften

Kanadische Forschende haben entdeckt, dass sie mit Ultraschall Hydrogelpflaster besonders stark auf die Haut kleben können. ETH-​Professorin Outi Supponen hat nun den darunterliegenden Mechanismus aufgeklärt: Im Klebstoff zwischen Pflaster und Haut bilden sich implodierende Bläschen, die das Pflaster auf der Haut verankern.

Für die Wundpflege oder das Anbringen von tragbarer Elektronik auf der Haut werden heutzutage oft Hydrogelpflaster verwendet. Allerdings haften diese Pflaster nicht besonders stark auf der Haut, insbesondere nicht auf nasser. Kanadische Forschende um Jianyu Li von der McGill-Universität haben aber entdeckt, dass mit Ultraschall solche Pflaster sehr stark und lang haltend auf der Haut aufgeklebt werden können. Zudem können die Forschenden mittels unterschiedlicher Ultraschallintensität präzise einstellen, wie stark die Hydrogelpflaster auf der Haut und anderem Gewebe kleben. Bei Tests auf Schweinehaut hafteten mit Ultraschall aufgeklebte Pflaster bis zu 100-mal stärker als ohne Ultraschallbehandlung. Auch auf der Haut von lebenden Ratten erzielten die Forschenden noch immer eine zehnmal stärkere Haftung. 

Weshalb jedoch die Ultraschallbehandlung zu einer solch starken Haftung verhalf, war den kanadischen Forschenden ein Rätsel – das Outi Supponen, Professorin für Mehrphasen-Fluiddynamik der ETH Zürich, und ihre Postdoktorandin Claire Bourquard teilweise lösten. Die entsprechende Studie der beiden Forschungsgruppen wurde soeben in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Das Prinzip dieser starken Haftung ist Kavitation, also ein rein mechanischer Vorgang

Outi Supponen

Der Grund für die starke Anhaftung der Gelpflaster ist: Ultraschall erzeugt im Klebstoff auf der Unterseite des Hydrogels spezielle Bläschen, sogenannte Kavitationsbläschen. Je höher die Ultraschallintensität ist, desto mehr und größere Bläschen entstehen. Diese fallen jedoch sogleich wieder in sich zusammen. Dabei verformen sich die Bläschen innerhalb von Millisekunden zu jeweils einem Mini-Strahl, der in Richtung Hautoberfläche zeigt und wie ein Presslufthammer molekulare Bestandteile des Klebstoffs in die Oberhaut rammt. So wird das Pflaster stark verankert. "Das Prinzip dieser starken Haftung ist Kavitation, also ein rein mechanischer Vorgang", sagt Supponen.

Unter Kavitation verstehen Wissenschaftler die Bildung und den Kollaps von dampfgefüllten Blasen in Flüssigkeiten. Wenn die Blasen implodieren, werden große Mengen Energie freigesetzt. Kavitation tritt zum Beispiel an Gegenständen auf, die sich sehr schnell in Flüssigkeiten bewegen, wie etwa Schiffspropeller oder Turbinen von Wasserkraftwerken. Die beim Kollaps der Bläschen freigesetzte Energie kann diese Gegenstände stark beschädigen. Das Auftreten von Kavitation in solchen Anwendungen gilt es deshalb tunlichst zu vermeiden. "Lernen wir die Kavitationsenergie kontrolliert einzusetzen, können wir diese auch nutzen", sagt Supponen. Hydrogelpflaster mit Ultraschall festzukleben, sei harmlos, wie die Versuche mit den Ratten gezeigt hätten. "Die durch die Schallwellen ausgelöste Kavitation im Klebstoff hat den Tieren keine Hautschäden zugefügt." 

Angewendet werden könnte die Ultraschall-'Klebetechnik' unter anderem bei Pflastern, die Wirkstoffe wie Impfstoffe, Krebsmedikamente oder Insulin über die Haut abgeben. 


Quelle: ETH Zürich

21.08.2022

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