Eine Labormitarbeiterin mit Schutzkleidung benutzt eine Pipette zum Abfüllen...
Entwicklung gezielter Therapeutika und Diagnostika für die extrapulmonare Tuberkulose an der Uniklinik Köln.

© Michael Wodak / Uniklinik Köln 

News • Extrapulmonale TB

Tuberkulose: Neue Immunmuster außerhalb der Lunge entdeckt

Forschungsteam mit Beteiligung der Uni Bonn identifiziert spezifische Biomarker – ein wichtiger Schritt hin zu schnellerer Diagnose und personalisierter Therapie

Forschende des LIMES-Instituts der Universität Bonn, des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Uniklinik Köln haben die immunologischen Eigenschaften der sogenannten extrapulmonalen Tuberkulose (EPTB) im Blut von betroffenen Patienten entschlüsselt. Die jetzt im Fachjournal Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse können dabei helfen, neue Therapeutika und Diagnostika für die Erkrankung zu entwickeln. 

Tuberkulose (TB) ist eine der weltweit führenden Infektionskrankheiten. Die Infektion mit dem Bakterium Mycobacterium tuberculosis befällt in erster Linie die Lunge, bei bis zu 25% aller infizierten Personen aber auch weitere Körperregionen wie Lymphknoten, Knochen oder das Gehirn. Jährlich erkranken weltweit etwa zehn Millionen Menschen an TB und 1,25 Millionen Menschen sterben an den Folgen der Infektion. Doch die Immunreaktion bei TB, insbesondere bei extrapulmonaler TB (EPTB), ist bislang unzureichend verstanden. EPTB betrifft in manchen Regionen der Welt bis zu 30% der Patienten und kann alle Organe außerhalb der Lunge befallen. Dies erschwert die Diagnose und Behandlung erheblich, da leicht zugängliche Biomarker fehlen. 

Diese Dynamik ermöglicht neue Einblicke in den Krankheitsmechanismus der TB und wird hoffentlich in Zukunft dazu führen, dass wir Patienten individuell und effektiver behandeln können

Jan Rybniker

Um die immunologischen Vorgänge besser zu verstehen, untersuchten die Forschenden das Blut von EPTB-Patienten mit modernen Multi-Omics-Ansätzen, darunter die Einzelzell-RNA-Sequenzierung von Blutzellen. Die Analyse der Transkriptomdaten zeigte komplexe Signalnetzwerke zwischen relevanten Komponenten des Immunsystems, die eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Krankheitserregern und der Regulierung von Entzündungen spielen. 

Dr. Sebastian Theobald, Erstautor und Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uniklinik Köln sagt: „Mithilfe der Daten konnten wir EPTB-Patienten erstmals drei klar unterscheidbare Immunotypen zuordnen, die unterschiedliche Krankheitsverläufe widerspiegeln.“ 

Prof. Jan Rybniker, Leiter des Schwerpunkts für Klinische Infektiologie der Uniklinik Köln und stellvertretender Koordinator des DZIF-Forschungsbereichs TB, ergänzt: „Diese Dynamik ermöglicht neue Einblicke in den Krankheitsmechanismus der TB und wird hoffentlich in Zukunft dazu führen, dass wir Patienten individuell und effektiver behandeln können.“ 

Kilian Dahm, Co-Autor und Bioinformatiker am Universitätsklinikum Bonn (UKB) und am DZNE, hat während seiner Doktorarbeit an der Uni Bonn an der Studie mit geforscht: „Insbesondere das Zusammenspiel der Interferon- und Interleukin-1-Signalwege sowie die Aktivierung von T-Zellen und Natürlichen Killerzellen spielten bei der Identifizierung der Immunotypen eine tragende Rolle.“ 

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Den Forschenden gelang es, genexpressionsbasierte Biomarker zu entwickeln, die sowohl extrapulmonale als auch pulmonale TB zuverlässig diagnostizieren können. Aktuell müssen Patienten für die Diagnose einer EPTB einer Gewebepunktion unterzogen werden. Künftig könnte die Bestimmung von Signaturen, die auf immunologischen Markern und Genexpressionsmustern im Blut basieren, als leicht zugängliche Biomarker für die Diagnose von EPTB dienen und somit einen erheblichen Einfluss auf die Patientenversorgung haben. 

Dr. Thomas Ulas ist Bioinformatiker am DZNE und am LIMES-Institut der Universität Bonn und Mitglied im Bonner Exzellenzcluster „ImmunoSensation2“. Er ordnet ein: „Unsere Erkenntnisse tragen dazu bei, die Diagnostik und Behandlung von TB grundlegend zu verbessern und den Weg für zielgerichtete, personalisierte Therapien zu ebnen.“ 

PD Dr. Isabelle Suárez, Oberärztin in der Klinik I für Innere Medizin der Uniklinik Köln, fügt hinzu: „Die klinische Charakterisierung der Patienten war entscheidend, um die molekularen Ergebnisse richtig einzuordnen und die Brücke zur klinischen Anwendung zu schlagen.“ 

Die im Rahmen der bisherigen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse zur Diagnostik molekularer Signaturen im Blut von EPTB-Patienten werden derzeit im Rahmen einer größeren klinischen Kohorte, der mEx-TB-Studie, unter der Leitung von Rybniker und Suárez an mehreren Standorten des DZIF in Deutschland weiter validiert. 


Quelle: Universität Bonn 

11.11.2025

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