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Artikel • Projekt 'Sleep Well'

Telemedizinische Therapie der obstruktiven Schlafapnoe

Schlaf ist die beste Medizin, heißt es im Volksmund. Wird der Schlaf jedoch regelmäßig gestört, zum Beispiel durch eine obstruktive Schlafapnoe, kann das krank machen. In einem Schlaflabor könnte der Erkrankung auf den Grund gegangen und eine adäquate Therapie verordnet werden. Doch die Wartezeit in deutschen Schlaflaboren beträgt derzeit bis zu 24 Monate, in anderen Ländern sind gar nicht erst ausreichend Schlaflabore vorhanden. Mit dem Projekt 'Sleep Well' soll nun im Rahmen einer Studie herausgefunden werden, ob telemedizinische Schlaflabore die Lösung sein könnten.

Bericht: Sonja Buske

portrait of Christoph Schöbel
Prof. Dr. Christoph Schöbel

Bildquelle: Universitätsmedizin Essen/Ruhrlandklinik

"45 Prozent der über 45-jährigen Männer haben eine behandlungsbedürftige Schlafapnoe", weiß Prof. Dr. Christoph Schöbel, Inhaber des Lehrstuhls für Schlaf- und Telemedizin der Universitätsmedizin Essen. "Schlaf ist wichtig für die Funktionsfähigkeit des Gehirns, hat Auswirkungen auf das Wachstum, und spielt auch eine Rolle in der aktuellen Pandemie. Denn nur wer vor und nach einer Impfung ausreichend schläft, wird auch genügend Antikörper aufbauen", berichtete der Schlafmediziner im Rahmen der Medica 2021. "Bei einer obstruktiven Schlafapnoe ist zudem das Risiko für Depressionen, Diabetes, Bluthochdruck und Demenz erhöht."

Hausarzt, Facharzt, Schlaflabor

Die erste Anlaufstelle ist stets der Hausarzt. Dieser sollte anhand standardisierter Fragebögen eine Anamnese durchführen und dann an einen Facharzt verweisen, der eine Polygraphie verordnen kann, um die Atmung eine Nacht lang zu messen. Ist diese gestört, führt der Weg ins Schlaflabor. Doch hier beginnt die Problematik: "Während der Pandemie wurden viele Schlaflabore geschlossen, um die Betten für Covid-19-Patienten zu nutzen. In anderen Ländern gab es auch schon vor der Pandemie kaum Schlaflabore. Das führt inzwischen zu Wartezeiten zwischen 5 und 24 Monaten. Zudem entscheiden sich immer weniger Ärzte für die Zusatzausbildung zum Schlafmediziner, da es nicht genügend Ausbildungslabore gibt", berichtet Schöbel. "Geplante Therapiekontrollen in Präsenz sind während der Pandemie bei uns in Essen einfach nicht möglich", ergänzt er. 

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Eine Alternative wäre die telemedizinische Kontrolle gewesen, doch diese scheiterte in ganz Europa letztendlich an bürokratischen Hürden. "Weder war die Vergütung geregelt, noch gab es festgelegte Abläufe, wer sich welche Daten anschauen muss und wann ein Patient kontaktiert werden sollte", erläutert der Schlafmediziner. "Technisch wäre es dagegen durchaus möglich gewesen, denn die Geräte zur Überdruck-Therapie (CPAP), die am häufigsten verordnet wird da sie die besten Ergebnisse liefert, können die Daten senden."

Studie mit 4.400 Patienten

Die Maske ist gewöhnungsbedürftig. Wer sich damit unwohl fühlt, gibt schnell auf. Dabei kann man durch veränderte Druckwerte oder auch eine neue Maske oft schon eine Verbesserung herbeiführen

Christoph Schöbel

Schöbel will diese Versorgungsproblematik nun angehen, um Patienten besser zu betreuen und dadurch Lebensjahre gewinnen und das Gesundheitssystem entlasten zu können. Dafür hat er einen Antrag beim Innovationsfond des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gestellt. Mit seinem Projekt 'Sleep Well' will er in einer Studie mit 4.400 Patienten herausfinden, ob sie durch Unterstützung eines Telemedizinzentrums schneller und besser versorgt und nachversorgt werden können. Denn das Problem bei der CPAP-Therapie ist, dass viele Patienten die Therapie bei den ersten Problemen abbrechen. "Diese gilt es, frühzeitig herauszufiltern", sagt Schöbel. "Die Maske ist gewöhnungsbedürftig. Wer sich damit unwohl fühlt, gibt schnell auf. Dabei kann man durch veränderte Druckwerte oder auch eine neue Maske oft schon eine Verbesserung herbeiführen. Doch dafür müssen wir mit den Patienten regelmäßig kommunizieren." 

Der Mediziner will den Patienten aber auch Rückmeldungen zu ihrer Therapie geben. "Wer versteht, was mit ihm passiert, wird die Maske auch besser nutzen und damit selbst einen Teil zum Therapieerfolg beitragen", so Schöbel. Die Kontaktaufnahme könnte zum Beispiel über eine App erfolgen. Somit müsste der Patient nicht mehr bis zu sechs Monate auf seinen nächsten Termin im Schlaflabor warten. 

In anderen Ländern mit einer weitaus niedrigeren Schlaflabordichte als in Deutschland ginge es zudem nicht nur um die Kontrolle, sondern auch um die Ersteinstellung. "Die Patienten müssen in diesen Ländern die Masken verschrieben bekommen, ohne vorher in einem Schlaflabor gewesen zu sein. Die Einrichtung der Masken und die Einführung in die Therapie würde dann komplett telemedizinisch erfolgen."

Ergebnisse im Herbst 2022

Aktuell befindet sich das Projekt in der Vorbereitungsphase. Der erste Patient soll im April 2022 in die Studie aufgenommen werden. Unterstützung erfährt Schöbel von den Deutschen Gesellschaften für Schlafmedizin und Innere Medizin sowie von zahlreichen Krankenkassen. Er hofft, erste Ergebnisse bereits im Herbst 2022 vorstellen zu können.

06.01.2022

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