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Artikel • Globaler Kommunikationsstandard für die Medizintechnik
SDC: einfachere Abläufe für die Intensivstation
An der Charité in Berlin, genauer am angegliederten „Berliner Simulations- und Trainingszentrum“ (BeST), demonstrierte Dräger kürzlich einen klinischen Use Case unter der Nutzung von SDC (Service-oriented Device Connectivity).
SDC ist ein internationaler ISO- und IEEE-Standard1, mit dem sich Medizingeräte vernetzen lassen. Dadurch können Geräte herstellerübergreifend kommunizieren. Zudem entfallen spezielle Schnittstellenkonverter, die von Herstellern bisher programmiert werden mussten, um ihre Medizintechnik mit Fremdgeräten zu vernetzen.
In einem Intensivzimmer des BeST wurde ein Patienten-Dummy über einen Tubus invasiv beatmet und mit einem Patientenmonitor überwacht. Der simulierte Patient erhielt zusätzlich Medikamente über Spritzenpumpen. Wie in realen Situationen auf einer Intensivstation änderten sich auch bei dem simulierten Patienten die Vitalparameter im Laufe des demonstrierten Therapiefortschritts. Im klinischen Alltag reagieren Medizingeräte beim Überschreiten festgelegter Grenzen mit visuellen und akustischen Alarmen. Hinzu kommen zahlreiche Alarme, die das Personal auf Situationen wie zum Beispiel eine leere Spritze, einen diskonnektierten Sensor oder eine Leckage im Beatmungssystem hinweisen. In vielen Fällen kommen dadurch mehrere hundert Alarme am Tag an nur einem Patientenbett zusammen, was zu einer massiven Belastung der Patienten und des Personals führt.
Um einen wesentlichen Vorteil von SDC zu verdeutlichen, stellte Dennis Schackmann, klinischer Ingenieur bei Dräger und ehemaliger Intensivpfleger, die Situation nach. Dazu simulierte er am Beatmungsgerät ein erhöhtes Inspirationsvolumen. Das Gerät registrierte sofort den unnatürlichen Anstieg des Tidalvolumens und alarmierte, um auf die Veränderung hinzuweisen. Doch anders als in einer realen klinischen Versorgung gab das Dräger-Beatmungsgerät direkt neben der Patientenpuppe keinen Laut von sich. Auch auf dem Flur vor dem Zimmer blieb es still. Gleichzeitig hielt Dennis Schackmann gut sichtbar ein mobiles Endgerät von Ascom hoch, das nun den Alarm akustisch und visuell auf dem Mini-Display signalisierte. Auch das zentrale Dashboard des simulierten Stationszimmers alarmierte. Auf die gleiche Weise wurde der alarmierte Leerlauf der für die in der BeST-Simulation aufgebauten B. Braun Spritzenpumpen weitergeleitet. Auch hierbei blieb es neben dem Dummy ruhig, während Mobilgerät und Dashboard alarmierten.
Dank SDC können Alarme geräteübergreifend und zuverlässig an die zuständige Fachpflegeperson weitergeleitet werden und darüber hinaus die akustische Alarmierung am Patientenbett unterdrückt werden. Interoperabel vernetzte Medizingeräte können so für spürbar mehr Ruhe im Patientenzimmer sorgen. Dies bedeutet weniger Stress für die Patienten und eine gezielte und ortsunabhängige Information an das verantwortliche Personal.
Bestehende IT-Infrastruktur nutzbar
Der 2019 von der IEEE und von ISO verabschiedete Interoperabilitätsstandard hat das Potenzial, klinische Anwendungen und operative Abläufe zu verändern, ohne dabei hohe Anforderungen an bestehende IT-Infrastrukturen zu stellen. Ein eigenes physisches Netzwerk muss nicht installiert werden. Der Standard ist quasi Geräte-inhärent. Aufgrund der semantischen Interoperabilität zwischen SDC und HL7 können Mess-, Labor- und Patienteninformationen direkt mit dem Krankenhaus-informationssystem ausgetauscht werden. Die nahtlose Übertragung wird zudem über einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gesichert.
Komplexität verringern
Michael Wilkening von Dräger führte im Rahmen der Simulation noch einmal aus, dass das Personal in der Akutmedizin eine immer höhere Komplexität bewältigen müsse. Digitale Lösungen könnten bei klinischen Entscheidungen und bei der Therapiesteuerung helfen. Datenbasierte Therapieassistenz und -automatisierung setzen aber eine hohe Datenqualität und eine sichere und standardisierte Dateninfrastruktur in Krankenhäusern voraus. Wichtig ist zudem, dass alle Medizingeräten mit einheitlichen Datenschnittstellen ausgestattet werden und Krankenhäuser mehr in Netzwerkinfrastrukturen investieren. Nur so können die Lücken in der Dokumentation und den Informationsflüssen geschlossen werden.2
SDC könne beides leisten, eine hohe Datenverfügbarkeit und eine stabile Konnektivität. Potenzielle Anwendungsfälle sieht Michael Wilkening in der Intensivpflege. Ein Datenaustausch zwischen dem Ventilator, dem Lungenmonitoring und dem Patientenbett könnten beispielsweise dabei helfen, die Ventilation durch die optimale Neigung des Betts auf Basis von Daten der Elektroimpedanztomographie zu verbessern. Auch diagnostische Daten wie die Blutgasanalyse könnten über das Netzwerk direkt mit dem Patientenmonitor oder anderen Medizingeräten am Point-of-Care geteilt werden, um Therapieentscheidungen zu unterstützen.
Der sichere Datenaustausch und die Interoperabilität zwischen Medizingeräten sind die Grundlage für die ganzheitliche Darstellung klinischer Zustände, die Unterstützung klinischer Entscheidungen oder gar die Automatisierung von Behandlungsschritten.
- IEEE: Institute of Electrical and Electronics Engineers
- Whitepaper HCI|DC 2014: Igniting an Interoperable Healthcare System; West Health institute (PDF)
Quelle: Drägerwerk AG & Co. KGaA
26.01.2025