Radiologie bei Diabetes
Radiologische Alternativen bei Diagnose und Therapie von Diabetes und seinen Folgeerkrankungen
An Diabetes, der wohl meist unterschätzten Krankheit Österreichs, leiden hierzulande mehr als 300.000 Menschen. Experten vermuten sogar, dass die Dunkelziffer noch wesentlich höher liegt. Weltweit gesehen ist Diabetes, umgangssprachlich „Zuckerkrankheit“ genannt, unter den fünf häufigsten Todesursachen, an deren Folgen jährlich über 3 Millionen Menschen sterben.
Diabetes ist – vereinfacht dargestellt – eine langfristige Erhöhung des Blutzuckerspiegels und wirkt sich vor allem auf die Blutgefäße (Ablagerungen innerhalb und Schädigung der Gefäße) und das Nervensystem (Schädigung der Zellen und somit Verminderung der Reizleitung) aus. Verheerend sind auch die mit der Zuckerkrankheit einhergehenden Folgeerkrankungen, die weit weniger bekannt sind als ihr Auslöser: hierzu zählen Schlaganfälle und Herzinfarkte, dialysepflichtige Niereninsuffizienz, Erblindung, und Fußgeschwüre aufgrund Mangeldurchblutung bis hin zur Beinamputation.
Häufigeres Auftreten von PAVK
Bei Diabetespatienten tritt die sogenannte Schaufenstererkrankung (periphere arterielle Verschlusskrankheiten = PAVK), eine Störung der arteriellen Durchblutung der Extremitäten, deutlich früher auf und verläuft meist auch schwerwiegender als bei Nichtdiabetikern. So ist eine symptomatische PAVK 3-4-mal so häufig und das Amputationsrisiko bis teilweise 30-mal so hoch wie bei einem gesunden Menschen.
Bei Diabetikern ist die frühe Diagnose einer PAVK aus 2 Gründen besonders wichtig, erklärt Primarius Univ.-Prof. Dr. Siegfried Thurnher, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie (ÖGIR), und Vorstand der radiologischen Abteilung im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien: „Einerseits weist sie den Weg zur kardiovaskulären Risikoabschätzung, vor allem betreffend Schlaganfall oder Herzinfarkt, andererseits zur Therapie, um funktionelle Einschränkungen und Verlust einer Extremität zu verhindern“.
Schonende Diagnose mittels MRA
Bei Verdacht auf PAVK kann die Radiologie ein für den Patienten sehr schonendes Diagnoseverfahren anbieten. So kommt die Magnetresonanz-Angiographie (MRA), ein bildgebendes Verfahren, bei dem mittels Magnetwellen (d.h. ohne Strahlenbelastung) eine Darstellung der Blutgefäße möglich ist, ganz ohne den Einsatz eines Katheters aus und kann somit ambulant in radiologischen Instituten durchgeführt werden.
Radiologisch gesteuerte Behandlungsverfahren klar im Vorteil
Die „Schaufensterkrankheit“ ist eine Folgeerkrankung von Diabetes, die sich in Schmerzen im Bewegungsapparat manifestiert. Auch hier sieht Thurnher radiologisch gesteuerte Verfahren im klaren Vorteil gegenüber der sonst üblichen invasiven chirurgischen Eingriffe: „Zahlreiche Studien konnten deutliche Vorteile der minimal-invasiven Angioplastie gegenüber der offenen Chirurgie aufzeigen, sodass die Bypass-Chirurgie nur bei Versagen der radiologischen Verfahren zum Einsatz kommt. Bei der Angioplastie werden winzige Ballonkatheter über die Leistenarterie in lokaler Betäubung eingeführt und so die Gefäßenge oder der Verschlußbereich aufgedehnt”. Oft erfolgt auch zusätzlich die Einsetzung eines Stents, ein metallisches Röhrchen, welches die Gefäße auf Dauer offen hält.
Die meisten Amputationen eines „diabetischen Fußes”, der auf eine schwere Durchblutungsstörung zurück zu führen ist, können durch eine kombinierte Therapie mit Antibiotika, chirurgischer Wundbehandlung (Débridement) und radiologisch-gesteuerter Revaskularisation (Wiederherstellung der Durchblutung) vermieden werden.
Quelle: European Society of Radiology
28.02.2011