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Artikel • 5. Europäischer Kongress für Medizinische Physik
Tumor-Therapien: Fortschritt durch Quantencomputer, Laser und Mikro-Beschleuniger
Der 5. Europäische Kongress für Medizinische Physik (ECMP), der vom 11. bis 14. September in München stattfand, bot der internationalen Gemeinschaft der Medizinphysiker eine Plattform, um über die neuesten Entwicklungen und Innovationen in ihrem Fachgebiet zu diskutieren. Unter dem Motto „Brückenschlag in die Zukunft: Von der Forschung zur neuen klinischen Praxis“ sorgten insbesondere Quantencomputer, lasergesteuerte Strahlentherapie und Radiobiologie für Aufsehen.
Artikel: Sonja Buske
Zum ersten Mal wurde der ECMP in Zusammenarbeit mit der Deutschen (DGMP), Österreichischen (ÖGMP) und Schweizerischen (SGSMP) Gesellschaft für Medizinische Physik organisiert. Diese Kooperation trug zu einer noch nie dagewesenen Teilnehmerzahl und einem breiten Spektrum an Themen bei, wie die beiden Kongresspräsidentinnen Prof. Dr. Yolanda Prezado und Prof. Dr. Katia Parodi betonten.
Bestrahlungspläne in Echtzeit dank Quantencomputern
Wenn es gelingt, die technischen Herausforderungen zu meistern, könnten Quantencomputer in den nächsten Jahrzehnten zu einem unverzichtbaren Werkzeug für die medizinische Forschung und Praxis werden
Issam El Naqa
Prof. Issam El Naqa, Leiter der Abteilung für maschinelles Lernen und der Abteilung für Strahlungsonkologie am Moffitt Cancer Center in Tampa, Florida, sprach über die Rolle von Quantencomputern in der Medizinphysik. Durch die immense Rechenleistung von Quantencomputern könnte seiner Meinung nach die Analyse großer Datenmengen, wie sie in der Bildgebung und Strahlentherapie anfallen, erheblich beschleunigt werden. Dies hätte zur Folge, dass individuell optimierte Bestrahlungspläne in Echtzeit erstellt werden könnten. Zwar befindet sich der Einsatz von Quantencomputern in der Medizinischen Physik noch im Anfangsstadium, das Potenzial sei jedoch enorm. „Wenn es gelingt, die technischen Herausforderungen zu meistern, könnten Quantencomputer in den nächsten Jahrzehnten zu einem unverzichtbaren Werkzeug für die medizinische Forschung und Praxis werden“, so El Naqa. Dafür sei die Zusammenarbeit von Medizinphysikern, Ingenieuren und Forschern entscheidend.
Lasergesteuerte Strahlentherapie
Ein weiterer Höhepunkt war der Vortrag von Prof. Andrew Harrison, der die neuesten Entwicklungen in der lasergesteuerten Strahlentherapie vorstellte. Das ELI European Research Infrastructure Consortium in Tschechien bietet eine Plattform für die Erforschung von Hochleistungslasern. Harrison zeigte auf, wie Hochleistungslaser in Zukunft zur Erzeugung präziser und intensiver Strahlen eingesetzt werden könnten, um Tumoren effizienter und mit weniger Nebenwirkungen zu behandeln. Hochenergetische Teilchenstrahlen, insbesondere Elektronen, Protonen oder Ionen, könnten erzeugt und dann für die präzise Behandlung von Tumoren eingesetzt werden.
Bei herkömmlichen Teilchenbeschleunigern, wie sie in der Protonentherapie verwendet werden, sind riesige und teure Anlagen notwendig, um Teilchen auf die erforderlichen Energien zu beschleunigen. Hochleistungslaser ermöglichen dagegen eine kompaktere und kostengünstigere Alternative, da sie in der Lage sind, ähnliche Teilchenströme auf einem viel kleineren Raum zu erzeugen. Das könnte die Zugänglichkeit zu fortschrittlichen Bestrahlungstechnologien erheblich verbessern und die Strahlentherapie für eine größere Zahl von Patienten verfügbar machen.
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22.10.2024