Strahlführung der Protonentherapieanlage (links) mit geöffnetem Aurora-PT-System (d.h. In-Beam-MRT (Mitte) und Patientenliege (rechts))

© UKD/Kirsten Lassig

News • Echtzeit-Verfolgung beweglicher Tumore

Live-Bildgebung in der Protonentherapie: Start für MRT-Prototyp

In Dresden ist ein wissenschaftlicher Prototyp für die MRT-geführte Protonentherapie eingeweiht worden. Mit dieser Anlage begeben sich Experten aus Medizin, Medizinphysik, Biologie und Ingenieurwissenschaften auf den Weg zur wissenschaftlichen Erprobung einer neuen Form der Strahlentherapie zur Behandlung von Krebserkrankungen.

Erstmals weltweit wird in Form eines Prototyps ein Ganzkörper-MRT-Gerät zur Echtzeit-Bildgebung mit einer Protonentherapieanlage kombiniert. Die feierliche Einweihung fand im Beisein von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer im OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie statt. Nachdem mit einem durch die Sächsische Aufbaubank 2019 finanzierten Vorläufer-Prototyp die technische Machbarkeit mittels eines kompakten MRT-Geräts ohne Echtzeit-Bildgebung gezeigt wurde, finanzierte das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) nun die Entwicklung eines einzigartigen Ganzkörper-MRTs mit Echtzeit-Bildgebung. Die Infrastruktur sowie anteilig auch Personalkapazitäten werden durch die Hochschulmedizin Dresden gestellt.

Krebspatienten während ihrer Bestrahlung mittels Echtzeit-MRT-Bildgebung zu überwachen und damit die Zielgenauigkeit der Protonentherapie deutlich zu verbessern – dieses Ziel haben sich sächsische Mediziner zusammen mit Wissenschaftlern des HZDR und der Hochschulmedizin der TU Dresden gesetzt. In Dresden ist eine weltweit einzigartige Kombination aus einem sich um den Patienten drehbares Ganzkörper-MRT-Gerät zur Echtzeit-Bildgebung und einer Protonentherapieanlage entstanden. Im Januar 2024 startete der wissenschaftliche Betrieb. 

Das MRT bietet gegenüber herkömmlichen Bildgebungsmodalitäten den Vorteil, dass es Tumore mit einem höheren Bildkontrast abbilden kann. Damit ist es möglich, den Tumor von umliegenden, gesunden Geweben besser abzugrenzen und das zu bestrahlende Volumen akkurater zu definieren. Darüber hinaus kann die MRT-Bildgebung zwischen aufeinanderfolgenden Bestrahlungssitzungen eventuelle Veränderungen in Form und Größe des zu bestrahlenden Volumens abbilden. Dies ermöglicht, die Strahlapplikation individuell und unmittelbar anzupassen. Darüber hinaus ermöglicht die Echtzeit-MRT-Bildgebung, die Tumorbewegung während einer Bestrahlungssitzung darzustellen und mit der Strahlapplikation zu synchronisieren. Mit dem nun installierten Prototyp kann weltweit erstmals untersucht werden, ob und wie die Treffgenauigkeit der Protonentherapie mit Hilfe der Ganzkörper-Echtzeit-MRT-Bildgebung verbessert werden kann.

Innenansicht des Aurora-PT In-Beam-MRT mit Patientenliege und vertikal...
Innenansicht des Aurora-PT In-Beam-MRT mit Patientenliege und vertikal orientierten Magneten

© UKD/Kirsten Lassig

Das sich um den Patienten drehbare MRT-Gerät bietet die Möglichkeit, innovative Arten der Patientenpositionierung für die Protonentherapie in sowohl liegender als auch aufrechter Position anzuwenden

Aswin Hoffmann

Am OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie hat die Forschungsgruppe „Experimentelle MR-integrierte Protonentherapie“ um Prof. Aswin Hoffmann das neue System entwickelt. Dies war eine technologische Herausforderung, da sowohl das MRT-Gerät als auch das Protonen-Bestrahlungssystem mit Magnetfeldern arbeiten, welche aufeinander einwirken und damit die Qualität der Bildgebung ebenso wie die der Applikation des Protonenstrahls beeinflussen. Nachdem die Forschungsgruppe bereits mit einem früheren Prototyp die technische Machbarkeit der gleichzeitigen Bestrahlung und Bildgebung zeigen konnte, kann nun mit dem neuen System zum weltweit ersten Mal untersucht werden, in wieweit dies mit Echtzeit-MRT-Bildgebung möglich ist. „Mit diesem neuen Prototyp mit integriertem Ganzkörper-MRT ist es möglich, bewegliche Tumore durch Hochkontrast-Echtzeit-Bildgebung darzustellen. Die Entwicklung einer Technik, Tumoren nur dann zu bestrahlen, wenn sie zuverlässig mit dem Protonenstrahl getroffen werden, ist Ziel unserer Arbeit“, so Hoffmann. „Das sich um den Patienten drehbare MRT-Gerät bietet die Möglichkeit, innovative Arten der Patientenpositionierung für die Protonentherapie in sowohl liegender als auch aufrechter Position anzuwenden.“ Mit dem Prototyp werden künftig Studien durchgeführt, um den Mehrwert dieses neuen Prototyps für bewegliche Tumore im Brustkorb, Bauchraum und Becken aufzuzeigen. 

Aufgebaut ist der Prototyp im Experimentalraum der Protonentherapieanlage am OncoRay auf dem Gelände der Hochschulmedizin Dresden. Dort beschäftigt sich ein internationales Forscherteam mit innovativen Möglichkeiten der Krebstherapie. Die Dresdner Protonentherapieanlage bietet dank eines großen Experimentalraums neben dem eigentlichen Behandlungsraum für Patienten die Möglichkeit, diese einzigartige Forschungsarbeit in einem interdisziplinären Team voranzutreiben.

Prof. Esther Troost, Dekanin der Medizinischen Fakultät und Direktorin der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie: „Der Forschungsverbund OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie – versteht sich als institutsübergreifende Forschungsplattform der medizinischen Strahlenforschung in Dresden mit besonderem Fokus auf Translationale Forschung. Der jetzt eingeweihte Prototyp passt hervorragend in diese besondere Forschungsumgebung. Unser Ziel der Forschung ist die Verbesserung der Behandlung von Krebserkrankungen durch eine biologisch individualisierte und technologisch optimierte Strahlentherapie. Das erhoffen wir uns auch von der hier weltweit zum ersten Mal entwickelten MRT-geführten Protonentherapie.“ 

Die Entwicklung und Installation des Prototyps wurde in enger Zusammenarbeit mit internationalen Industriepartnern ermöglicht. Die Firma ASG Superconductors, Genua/Italien, ist Hersteller des MRT-Gerätes, die Firma MagnetTx Oncology Solutions, Edmonton/Kanada, konstruierte die drehbare Gantry. Zur feierlichen Inbetriebnahme waren Firmenvertreter beider Hersteller anwesend. 


Quelle: Technische Universität Dresden

11.01.2024

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