Hygiene
Pflege, Menschenwürde und das Management von Ausscheidungen
Es geschieht häufig am Rande und es wird stillschweigend akzeptiert: Pflegebedürftige Menschen erhalten eine Windel, obwohl sie kontinent sind. Lediglich der Gang zur Toilette ist für sie umständlich und zeitaufwändig. Eine Tatsache, die der Medizinische Dienst des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen und der Spitzenverband der Krankenkassen in ihrem jüngsten Pflege-Qualitätsbericht bemängeln: „Zu oft werden pflegebedürftige Menschen mit Windeln oder Kathetern versorgt, obwohl es nicht nötig wäre“, heißt es. Wer sich tagtäglich mit dem Thema menschliche Ausscheidungen befasst und nahe dran ist, wenn es darum geht, wie Pflegende diese Aufgabe bewältigen, ist Marcus Danner. Er ist Key Account Manager bei Meiko, Hersteller von Reinigungs- und Desinfektionsgeräten bzw. Steckbeckenspülern. Wir sprachen mit ihm über Menschenwürde, Verdichtung in der Pflege und das Management von Patientenausscheidungen.
Stellen aufsaugende Inkontinenzhilfen mittlerweile Ihre größte Konkurrenz dar?
Nein, ganz und gar nicht. Aufsaugende Inkontinenzhilfen stellen für Bewohner in Pflegeheimen mittlerweile eine regelmäßige Menschenrechtsverletzung und leider auch das größte Tabu dar. Diese drastischen Worte sind übrigens nicht von mir gewählt. Claudia Mahler vom Deutschen Institut für Menschenrechte forderte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, dass man Menschen helfen muss, auf die Toilette zu gehen, um dieses Recht selbstbestimmt auszuüben. Wenn – wie das häufig geschieht – in Heimen Windeln für alle ausgegeben werden, weil das besser in den Zeitplan zu integrieren ist, schränkt das laut Claudia Mahler das Recht auf Autonomie und Sanitärversorgung ein. Der Toilettengang ist also in der Tat ein Menschenrecht.
Als Hersteller von Steckbeckenspülgeräten haben sie natürlich mit dem Teil des Personals in Krankenhäusern und Pflegeheimen zu tun, der menschliche Ausscheidungen managt. Eine Aufgabe, die nicht gerade zu den beliebtesten gehören dürfte…
Natürlich nicht. Aber unsere Erfahrung hat uns gelehrt, dass diese Aufgabe eben integraler Bestandteil des Pflegeberufs ist, und viele Gespräche mit den Mitarbeitern in der Pflege, mit Pflegedienstleitungen und auch mit Hygienikern und Hygienefachkräften zeigen uns: Man weiß um die Brisanz, die Patientenausscheidungen haben, lediglich bei der Bewältigung der Aufgabe gibt es Varianten – leider!
Was meinen Sie mit Varianten?
Der Prozess von der Benutzung eines Steckbeckens bis zur Aufbereitung des gebrauchten Medizinprodukts ist leider nicht definiert. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der die höchste Keimlast überhaupt trägt, stellt dies ein echtes Defizit dar. Gerade weil es keinen Expertenstandard gibt, haben wir jetzt zusammen mit Dr. Eva Fritz, Diplom Biologin am Deutschen Beratungszentrum für Hygiene (BZH) und außerdem Mitarbeiterin des dortigen Ärztlichen Direktors, Dr. med. Ernst Tabori, den Prozess in einzelne Schritte gegliedert und diese einmal festgehalten.
Warum ist dies gerade für die Hygienesicherheit auf einer Station oder in einem Pflegeheim so wichtig?
Der neuralgische Punkt beim Steckbeckenmanagement ist definitv der Umgang mit Handschuhen bzw. der Zeitpunkt der Händedesinfektion und natürlich die Frage: Wo stelle ich ein benutztes Steckbecken hin, solange ich mich noch um den Patienten kümmere?
Könnte Ihr Ablaufschema Verbindlichkeit erlangen?
Diese festzulegen, liegt an anderer Stelle. Aber wenn ich einen Rat von Dr. Eva Fritz weitergeben darf: Die Pflege selbst kann Handlungsanweisungen erstellen, die man seitens der Krankenhaushygiene dann überprüft. Wer sich dafür interessiert, wie eine vernünftige Vorgehensweise aussehen könnte, kann dies in der neuesten Ausgabe unserer Kundenzeitung „Hygiene for the World“ nachlesen. Interessierte können jederzeit ein kostenloses Exemplar bei uns anfordern oder auf www.meiko.de unter dem Stichwort „Presse“ unsere Zeitung auch online lesen.
Steckbecken-Management – Schritt für Schritt
Schritt 1:
Wo wird ein Steckbecken nach Benutzung abgestellt?
Am besten eignet sich der Fußboden, gegebenenfalls ist er mit einer Unterlage zu versehen, falls das Steckbecken verschmutzt ist. Falls nötig, kann er im Anschluss auch wischdesinfiziert werden. Das Patientengeschirr sollte so abgestellt werden, dass niemand darüber stolpern kann. Unter Umständen eignet sich auch der Mülleimer als Abstellfläche. Nichts verloren hat das benutzte Steckbecken im Bett des Patienten, auf seinem Nachttisch oder gar auf einem Stuhl.
Schritt 2:
Der Patient ist versorgt – und dann?
Wenn dem Patienten bei der Reinigung und beim Ankleiden geholfen wurde, ist jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel der Einmalhandschuhe. Schließlich wird von der Pflegeperson vermutlich als nächstes der Griff der Zimmertür angefasst. Dieser ist ein Bestandteil in der Patientenumgebung, der als wichtiger Vektor gilt, und der unbedingt mit desinfizierten Händen oder frischen Handschuhen berührt werden sollte.
Schritt 3:
Der Pflegearbeitsraum
Die Tür des Pflegearbeitsraums sollte ebenfalls unbedingt mit einer sauberen Hand oder mit einem frischen Handschuh geöffnet werden. Hier gilt das Gleiche wie im Patientenzimmer: Der Türgriff ist ein wichtiger Vektor!
Schritt 4:
Öffnen des Steckbeckenspülgeräts
Die Hand, die die Tür des Steckbeckenspülgeräts öffnet, sollte ebenfalls sauber sein, da bei der Entnahme des desinfizierten Patientengeschirrs die Tür ja wieder angefasst wird. Nur so lässt sich eine Kontamination verhindern.
Schritt 5:
Positionierung des Steckbeckens im Gerät
Das Steckbecken wird vor der Platzierung in das Steckbeckenspülgerät nicht entleert – Ausguss und Toilette sind an dieser Stelle tabu. Den Entleerungs-Vorgang erledigt das Gerät bei geschlossener Tür. Nur so kann sichergestellt werden, dass Aerosole nicht die Gesundheit des Pflegepersonals gefährden bzw. dass die Umgebung im Pflegearbeitsraum kontaminiert wird. Der Deckel des Steckbeckens wird separat in die dafür vorgesehene Halterung im Steckbeckenspülgerät eingesetzt.
Schritt 6:
Start
Die saubere Hand schließt das Steckbeckenspülgerät und bedient den Start-Knopf.
Schritt 7:
Hygiene-Sicherheit
Und wieder ist jetzt ein Zeitpunkt, die Handschuhe abzuwerfen und die Hände zu desinfizieren, um sich an die nächste Arbeit zu machen…
Besondere Vorsicht!
Bei Patienten mit einer Infektion mit Clostridium difficile reicht die bloße Desinfektion der Hände nicht. Da die Sporen sich fast nur mechanisch entfernen lassen, ist vor der Händedesinfektion das Händewaschen Pflicht!
15.11.2015