Drei Chirurgen in blauen OP-Kitteln stehen vor einem Operationssaal
Von links: Dr. Carolin Schröder, Prof. Dr. Dominique Könsgen-Mustea und Prof. Dr. Dr. Alexander Mustea, Direktor der Klinik für Gynäkologie, führen die Operation zur Roboter-assistierten Anhebung des Gebärmutterhalses erfolgreich durch.

Bildquelle: Universitätsklinikum Bonn / Alessandro Winkler

News • Roboter-assistiertes Verfahren

Bessere OP-Methode bei Genitalprolaps

Ist der Beckenboden bei Frauen stark geschwächt, kann es zum Absinken von Gebärmutter und Scheide kommen. In der Folge leiden betroffene Frauen unter Senkungsbeschwerden und gegebenenfalls Funktionsstörungen von Harnblase, Darm und Sexualität.

Helfen konservative Therapieoptionen nicht, muss die Gebärmutter dann nicht zwangsläufig entfernt, sondern kann unter anderem operativ mit einem Kunststoffnetz angehoben werden. Seit 2022 wird diese Anhebung in einzelnen Kliniken in Deutschland auch mit einer körpereigenen Sehne durchgeführt. Das urogynäkologische Team der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologischen Onkologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) hat diese Operation noch weiterentwickelt: Es ist die weltweit erste Operation mit der roboter-assistierten minimal invasiven Methode – mit Erfolg, wie die Analyse der ersten zehn Operationen zeigt. Die Studie dazu ist nun in der Fachzeitschrift „International Urogynecology Journal“ veröffentlicht.

Etwa jede zweite Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an einer Beckenbodenfunktionsstörung

Dominique Könsgen-Mustea

Der Beckenboden stützt unsere Organe im Bauchraum und hält sie fest an ihrem Platz. Bei Frauen kann dieser aber zum Beispiel durch Schwangerschaften und vaginale Geburten oder etwa erblich sowie alters- oder gewichtsbedingt geschwächt sein. „Etwa jede zweite Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an einer Beckenbodenfunktionsstörung“, erklärt Prof. Dr. Dominique Könsgen-Mustea, Leiterin der Sektion Urogynäkologie an der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie am UKB. Eine mögliche Folge solcher Störungen ist, dass die Gebärmutter absinkt. Eine leichte Senkung führt dabei kaum zu Beschwerden, ist sie jedoch stärker, kann es unter anderem zu Funktionsstörungen der Harnblase, des Darmes oder der Sexualität, Schmerzen in Unterbauch und Rücken sowie einem Fremdkörpergefühl kommen. Manchmal sinkt die Gebärmutter so weit ab, dass sich zum Beispiel die Scheide nach außen stülpt oder die Gebärmutter durch die Scheide tritt – was die Betroffenen körperlich und psychisch stark belastet. Professionelles Beckenbodentraining, Medikamente und Pessare, die zum Stützen der Organe vaginal eingelegt werden, können bei leichten Formen der Gebärmuttersenkung helfen. 

Sind die Beschwerden sehr stark, kann eine Operation empfohlen werden. Die Gebärmutter kann operativ an ihre anatomisch korrekte Position angehoben werden. In der Regel wird ein solcher Eingriff mit Kunststoffnetzen durchgeführt. Neuerdings geht das auch mit einer körpereigenen Sehne aus dem Oberschenkel – ein Eigengewebe, das von Orthopäden seit Langem als etabliertes Verfahren für einen Kreuzbandersatz genutzt wird: Mit einem kleinen Schnitt in der Kniekehle wird ein Teil der hinteren Oberschenkelsehne entnommen und anschließend an der Gebärmutter oder dem Gebärmutterhals fixiert. „Vorteil dieser Methode ist, dass kein Fremdmaterial in den Körper kommt“, sagt Prof. Könsgen-Mustea, die die Technik am UKB etabliert hat. „Und das Entfernen der Sehne hat auch keine negativen Auswirkungen auf das Bein: Es bleibt schmerzfrei und im Langzeitverlauf uneingeschränkt hinsichtlich der Mobilität.“ 

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Diese Operationstechnik hat das Team um Prof. Könsgen-Mustea noch weiterentwickelt: Es hat die Gebärmutterhalsanhebung mit der körpereigenen Sehne im Juni 2022 weltweit erstmals roboter-assistiert durchgeführt. Seitdem behandelt das UKB-Team Frauen, die unter einer Gebärmuttersenkung leiden mit dem neuen Verfahren. „Die ersten zehn roboter-assistierten Gebärmutterhalsanhebungen im Zeitraum von Juni 2022 bis Februar 2023, wurden nun auf ihre Sicherheit, Durchführbarkeit und Wirksamkeit geprüft“, erklärt Dr. Carolin Schröder, die als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie am UKB tätig ist. Dazu untersuchten die Forschenden das objektive und subjektive Outcome der Patientinnen drei und zwölf Monate nach dem Eingriff. 

Es zeigte sich: Die zehn Patientinnen, bei denen die Operation roboter-assistiert durchgeführt wurde, hatten nach zwölf Monaten ein positives klinisches Ergebnis durch die Gebärmutteranhebung. „Nach drei und zwölf Monaten zeigte keine Patientin einen erneuten Prolaps“, berichtet Dr. Schröder. Zudem traten keine intra- und postoperativen Komplikationen auf. „Mit dem DaVinci-Roboter haben wir ein stark vergrößertes 3D-Bild und können dadurch sehr präzise operieren. Das macht das Verfahren sehr gewebeschonend und blutungsarm und wir können mit Leichtigkeit tief in alle Kompartimente des Beckenbodens gelangen“, erklärt Prof. Könsgen-Mustea die Vorteile. Die Patientinnen berichteten ebenso über ihre hohe Zufriedenheit hinsichtlich des Operationsergebnisses. 

„Diese Pilotstudie zeigt insgesamt zufriedenstellende klinische Ergebnisse, die mit einer verbesserten Lebensqualität für die Patientinnen einhergehen“, fasst die Leiterin der Urogynäkologie am UKB zusammen. Die roboter-gestützte Gebärmutterhalsanhebung gilt demnach als vielversprechende Operationstechnik. Mittlerweile wurde eine internationale Register-Studie unter Federführung des UKB initiiert, in der das Outcome von Patientinnen, die mit dieser Operationsmethode behandelt werden, konsekutiv analysiert wird. 


Quelle: Universitätsklinikum Bonn

14.11.2024

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