Neuer Ansatz zur Behandlung von Leberkrebs
Tübinger Wissenschaftler der Eberhard Karls Universität entwickeln den weltweit ersten therapeutischen Impfstoff zur Behandlung von Leberkrebs. Derzeit gibt es nach der chirurgischen Entfernung von Lebertumoren keine erfolgreiche begleitende Therapie, die ein mögliches Wiederauftreten des Krebses verhindert. Chemotherapeutische Ansätze zeigen bisher nur eine enttäuschende Wirkung.
Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Hans-Georg Rammensee vom Interfakultären Institut für Zellbiologie (IFIZ), Abteilung Immunologie, der Eberhard Karls Universität, verfolgen in der Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie (Prof. Dr. Alfred Königsrainer), dem Institut für Pathologie (Prof. Dr. Falko Fend) und der Medizinischen Genetik (Prof. Dr. Olaf Riess) einen neuen Ansatz. Die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Leberkrebs wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit mehr als einer Million Euro unterstützt. Der Beginn der klinischen Prüfung, also die Impfung der ersten Patienten, ist frühestens für die zweite Jahreshälfte 2012 vorgesehen.
Krebszellen unterscheiden sich von normalen Zellen durch bestimmte Veränderungen, die zum Beispiel durch Mutationen in der Erbsubstanz hervorgerufen werden. Das Immunsystem kann diese Veränderungen erkennen. Bei den meisten Krebserkrankungen erfolgt jedoch keine oder nur eine unzureichende Immunreaktion des Körpers gegen den Tumor, da sich Krebszellen gegen die körpereigene Immunabwehr mit einer Reihe von Gegenmaßnahmen wehren können. Auch beim Leberkrebs zeigen sich die Veränderungen in kleinen Eiweißmolekülen (Peptiden), die die krebsspezifischen Abweichungen tragen. Dabei sind diese Mutationen bei jedem Patienten individuell verschieden. Bisher galt es als unmöglich, die mutierten Peptide für jeden einzelnen Patienten zu ermitteln und für therapeutische Zwecke einzusetzen. Ziel der Tübinger Forscher ist nun, die Veränderungen jeweils individuell zu identifizieren und als Krebsantigene zu nutzen, um einen tumorspezifischen Impfstoff herzustellen. Für jeden Patienten wird dann eigens eine Zusammenstellung der in seinen Krebszellen veränderten Peptide hergestellt, mit denen er individuell immunisiert wird. Dadurch werden die Krebszellen für das Immunsystem sichtbar und können bekämpft werden.
Neben der patientenindividuellen Immuntherapie soll auch nach mutierten oder anderweitig veränderten Peptiden gesucht werden, die in mehr als nur einem Krebspatienten relevant sind. Mithilfe eines Cocktails aus derartigen veränderten Proteinen ließe sich dann ein bei vielen Patienten anwendbarer Impfstoff gegen Leberkrebs herstellen. Dass dieses Vorgehen im Prinzip bereits funktioniert, zeigt der von immatics biotechnologies hergestellte Impfstoff gegen das Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs), der bereits in einer klinischen Studie erprobt wird. Die immatics biotechnologies GmbH ist einer der vier Partner des BMBF-Projektes und ist eine Ausgründung aus der Abteilung für Immunologie.
16.02.2010