Quelle: Freya Lücke, UKSH
News • Blutkrebs
Neue Risikofaktoren für Leukämie entdeckt
Krebsforschende am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben in einer neuen Forschungsarbeit zu den genetischen Ursachen der Akuten Lymphoblastischen Leukämie (ALL) Ansätze für eine verbesserte Therapie von erwachsenen Blutkrebspatientinnen und -patienten beschrieben.
Die Akute Lymphoblastische Leukämie geht von bösartig entarteten Vorläuferzellen bestimmter weißer Blutkörperchen aus und verursacht eine schnell fortschreitende Verminderung der Knochenmarksfunktion und damit eine gestörte Blutbildung. Unbehandelt kann sie innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen. Die häufigste Form dieses Blutkrebses ist die sogenannte B-Vorläufer-ALL (BCP-ALL), rund 500 Erwachsene in Deutschland erhalten jährlich neu diese Diagnose. Während im Kindesalter etwa 90 Prozent der Patientinnen und Patienten eine BCP-ALL überleben, sinkt diese Quote auf nur etwa 40 Prozent bei Erwachsenen.
Im Rahmen der neuen Klinischen Forschungsgruppe (KFO) „CATCH ALL – Heilungsperspektive für alle Erwachsenen und Kinder mit Akuter Lymphoblastischer Leukämie“ gelang es den Klinikerinnen, Klinikern und Forschenden um Professorin Claudia Baldus und Dr. Lorenz Bastian aus der Klinik für Innere Medizin II mit den Schwerpunkten Hämatologie und Onkologie am UKSH, Campus Kiel, bislang unbekannte genetische Risikofaktoren als Ursache für Therapieresistenzen bei BCP-ALL-Betroffenen im Erwachsenenalter zu identifizieren. Den Forschenden, die im Universitären Cancer Center Schleswig-Holstein (UCCSH) am UKSH und im Kiel Oncology Network (KON) an der CAU organisiert sind, wiesen zudem auf neuartige Ansätze für verbesserte Präzisions-Therapien bei dieser Gruppe von Betroffenen hin, die auf einer Kombination aus Antikörper-Immuntherapie und Stammzelltransplantationen beruhen.
Diversität der genetischen Krankheitsursachen
Die BCP-ALL hängt mit diversen risikobehafteten Genveränderungen zusammen, die sich auf molekularer Ebene in verschiedenen Subtypen der Erkrankung äußern können. Für bis zu 15 Prozent der Betroffenen gelang bislang jedoch keine Zuordnung zu einer dieser etablierten Kategorien. „Daher gingen wir davon aus, dass es weitere noch unerkannte Einflussfaktoren für die Entstehung der BCP-ALL geben muss – insbesondere bei erwachsenen Patientinnen und Patienten, die bisher weniger intensiv untersucht wurden als betroffene Kinder“, sagt KFO-Mitglied Bastian.
„Wir nutzten erstmals einen neuartigen, auf maschinellem Lernen beruhenden Ansatz, um neue molekulare Subtypen der BCP-ALL anhand sogenannter Genexpressionsprofile charakterisieren zu können“, erklärt Bastian, Erstautor der neuen Studie. So gelang es, mittels solcher Transkriptomsequenzierungen von knapp 600 erwachsenen BCP-ALL-Betroffenen in über 90 Prozent der Fälle einen der Erkrankung zugrundeliegenden molekularen Treiber-Mechanismus zu identifizieren. Im Fall der neu beschriebenen Subgruppe handelt es sich um eine sogenannte Genfusion aus zwei benachbarten Genen (UBTF und ATXN7L3), die zu einer schwerwiegenden Störung der normalen Genregulation führt.
„Die Erkennung dieser Genveränderungen bei Patientinnen und Patienten liefert einen Ansatz für die frühzeitige Diagnose dieser diversen Unterform der Leukämie. Bei den Betroffenen der neuen identifizierten Subgruppe zeigt sich zudem, dass mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens der Erkrankung nach einer Therapie zu rechnen ist“, erklärt Bastian.
Neue Leukämie-Therapien in die klinische Anwendung bringen
Die am Projekt beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten daran, vielversprechende Therapieansätze in eine erfolgreiche klinische Anwendung zu überführen. „Die neuen Forschungsergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag für eine Verbesserung der präzisions-onkologischen Diagnostik und Therapie der Akuten Lymphoblastischen Leukämie. Insgesamt wollen wir so eine Verbesserung der Heilungschancen für Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen erreichen“, betont KFO-Sprecherin Baldus. „Neben den wissenschaftlichen und klinischen Erkenntnissen zeigt unsere Arbeit den Wert der fruchtbaren Kooperation von Forschenden und Klinikerinnen und Klinikern im Rahmen des Kiel Oncology Network an der CAU, das ebenfalls ein wichtiges Forum des wissenschaftlichen Austauschs in der Onkologie darstellt“, so Baldus weiter.
Die Forschungserbenisse wurden in der Fachzeitschrift "Leukemia" veröffentlicht.
Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
24.04.2022