Prof. Czerny (rechts) im Hybrid-OP-Saal beim Einsetzen einer Aortenbogenprothese

Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg / Britt Schilling

News • Hauptschlagader in der Chirurgie

Neue Leitlinien: Aorta erstmals als eigenständiges Organ anerkannt

Die Aorta, auch Hauptschlagader genannt, gilt künftig als eigenständiges Organ des Menschen. Das wurde jetzt in den Leitlinien zu aortenchirurgischen Behandlungen der Europäischen Gesellschaft für Herz-Thorax-Chirurgie (EACTS) und der US-amerikanischen Society of Thoracic Surgeons (STS) festgelegt.

Die Leitlinien wurden zeitgleich im European Journal of Cardio-Thoracic Surgery und in Annals of Thoracic Surgery veröffentlicht. Entwickelt wurden sie von internationalen Experten unter Führung von Prof. Dr. Martin Czerny, Ärztlicher Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Universitäts-Herzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg. Die neue Einordnung der Aorta als Organ hat weitreichende Konsequenzen von der Aufteilung medizinischer Fachbereiche bis zur konkreten Patientenversorgung.

portrait of martin czerny
Prof. Dr. Martin Czerny, Ärztlicher Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg, ist einer der meistzitierten Herz- und Gefäßchirurgen weltweit.

Bildquelle: Universitätsklinikum Freiburg / Britt Schilling

„Die Anerkennung als Organ hebt die Aorta auf eine Stufe mit Herz, Lunge oder Gehirn. Das ist ein großer Schritt“, sagt Czerny. Bislang ist es üblich, dass Erkrankungen der Aorta je nach Art und Lage entweder in der Herzchirurgie oder in der Gefäßchirurgie behandelt werden. „Die neuen Leitlinien empfehlen klar die Versorgung der Aorta in einem eigenen Fachgebiet zu bündeln, natürlich in enger Abstimmung mit anderen Fachbereichen. Am Universitätsklinikum Freiburg praktizieren wir diesen integrativen Ansatz bereits seit Langem und ich freue mich, dass unsere Arbeit nun auch international Anerkennung findet“, sagt Czerny. „Ich bin mir sicher, dass sich dadurch die Behandlung von Patienten mit Aortenriss und anderen schweren Erkrankungen verbessern werden.“ Die Leitlinien könnten auch Einfluss auf Inhalte des Medizinstudiums und der fachärztlichen Weiterbildung haben. 

Weltweit gehört Czerny bereits seit Jahren zu den meistzitierten Wissenschaftlern im Bereich der Herz- und Gefäßchirurgie. An der Kommission zur Entwicklung der neuen Leitlinien unter Czernys Leitung waren weitere Ärzte der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie, der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Freiburg und zahlreiche internationale Ärzte beteiligt.

[Aortenaneurysma und Aortenriss] erfordern komplexe chirurgische Eingriffe, die wir dank der ganzheitlichen Betrachtung der Aorta besser verstehen, erforschen und durchführen können

Martin Czerny

Die Aorta ist für den Transport von sauerstoffreichem Blut aus dem Herzen in den Rest des Körpers verantwortlich. In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass sie auch eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutdrucks und der Blutflussgeschwindigkeit spielt. Darüber hinaus ist sie an der Produktion bestimmter Hormone beteiligt und hat eine eigene Schicht glatter Muskelzellen, die zur Aufrechterhaltung ihrer Struktur und Funktion beitragen. 

Die neuen Leitlinien beschreiben das Vorgehen bei Diagnose und Behandlung von Erkrankungen der Aorta wie dem Aortenaneurysma. Ein Aneurysma ist eine abnormale Aussackung der Aortenwand, die ein hohes Risiko für einen akut lebensbedrohlichen Riss birgt. Kommt es zum Aortenriss, ist eine Not-Operation erforderlich. „Diese Erkrankungen erfordern komplexe chirurgische Eingriffe, die wir dank der ganzheitlichen Betrachtung der Aorta besser verstehen, erforschen und durchführen können“, sagt Czerny. „Ganz wichtig ist auch eine sehr gute Nachsorge, da Betroffene oft später im Leben erneut gefährliche Veränderungen der Aorta zeigen“, so Czerny. 

Leitlinien für die klinische Praxis fassen alle relevanten Erkenntnisse zu einem bestimmten Thema zum Zeitpunkt ihrer Erstellung zusammen und bewerten sie. Diese Leitlinien berücksichtigen das Risiko-Nutzen-Verhältnis verschiedener diagnostischer oder therapeutische Methoden. Als wichtiges Hilfsmittel unterstützen sie Ärzte bei der Entscheidungsfindung in ihrer täglichen Praxis. 


Quelle: Universitätsklinikum Freiburg

29.02.2024

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