Quelle: LMU Klinikum
News • Corona-Vakzine
Neue Erkenntnisse zur Vektorimpfstoff-assoziierten Thrombozytopenie
Seltene Thrombozyten-assoziierte Komplikationen lassen sich eventuell vermeiden, wenn Adenovirus-basierte Impfstoffen nicht intravenös, sondern intramuskulär injiziert werden.
Im Rahmen der Impfbemühungen gegen SARS-CoV-2 zeigte sich eine neuartige, sehr seltene Komplikation nach Adenovirus-basierten Vektorimpfstoffen (AstraZeneca und Johnson&Johnson): die sogenannte Vakzin-induzierte (immunthrombotische) Thrombozytopenie (VITT), bei der die Thrombozytenzahlen – mit oder ohne Gerinnselbildung – abfallen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des LMU Klinikums um Dr. Leo Nicolai, Alexander Leunig, Dr. Kami Pekayvaz, Prof. Dr. Konstantin Stark und Prof. Dr. Steffen Massberg haben nun in Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen herausgefunden, dass bei diesen Patientinnen und Patienten eine ausgeprägte, fehlgerichtete Immunantwort gegen Thrombozyten auftritt. Im Tiermodell zeigt sich diese gefährliche Immunantwort nur nach intravenöser Gabe des Impfstoffs. Dies legt nahe, dass die anti-thrombozytären Autoimmunität durch eine versehentliche intravenöse Injektion verursacht werden kann.
Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 basieren auf einer Reihe neuartiger Plattformen, darunter fallen auch Adenovirus-basierte Ansätze wie die Impfung von AstraZeneca (ChAdOx1 nCov-19). Im Rahmen der Massenimpfungen Anfang 2021 ist eine neue, sehr seltene Komplikation bei der Impfung mit Adenovirus-Impfstoffen aufgetreten: Immunthrombozytopenie (ITP), entweder isoliert oder von Gerinnselbildung begleitet (dann als VITT bezeichnet). Diese Komplikation ist durch eine niedrige Thrombozytenzahlen gekennzeichnet; im Fall von VITT auch durch Thrombozyten-aktivierende Plättchenfaktor 4 (PF4)-Antikörper. Diese sind der heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) ähnlich und führen zu Gerinnselbildungen an ungewöhnlichen anatomischen Stellen, oftmals in den Hirnvenen.
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News • Covid-19
Thrombosen durch Vektorimpfstoffe: Ursachen gefunden, Behandlung entwickelt
Der Transfusionsmediziner Professor Dr. med. Andreas Greinacher erklärt, welche Mechanismen für Thrombosen nach der Gabe der Covid-19-Vakzine von AstraZeneca verantwortlich sind und welche Behandlungsmethoden es gibt.
Die Untersuchungen des Teams ergaben, dass bei 30 Prozent der VITT-Patientinnen und -Patienten sowie bei 42 Prozent der Patientinnen und Patienten mit isolierter Thrombozytopenie nach einer ChAdOx1 nCov-19-Impfung gegen Thrombozyten gerichtete Antikörper entstehen. Diese Antikörper binden an die wichtigsten Thrombozytenrezeptoren an und deuten auf eine ausgeprägte Autoimmunität gegen Thrombozyten in diesen Krankheitsbildern hin.
Weitere Versuche ergaben, dass adenoviraler Impfstoff an Thrombozyten bindet und diese aktiviert. In einem daraufhin entwickelten Mausmodell konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die intravenöse, aber nicht die intramuskuläre Injektion von ChAdOx1 nCov-19 die Bildung von Thrombozyten-Adenovirus-Aggregaten bedingt, und eine starke Aktivierung von Thrombozyten auslöst. Nach intravenöser Injektion werden diese Aggregate von Makrophagen in der Milz abgebaut. Die Überreste werden dann in Bereiche der Milz transportiert, wo Antikörper durch B-Zellen produziert werden. Darauf folgt eine ausgeprägte B-Zell-Antwort mit der Produktion von zirkulierenden Antikörpern, die an Thrombozyten binden können, ähnlich wie der Antikörper, welche die Wissenschaftler in den Patienten nachweisen konnten.
Die Arbeit trägt zum Verständnis von Thrombozyten-assoziierten Komplikationen nach der Verabreichung von ChAdOx1 nCov-19 bei und hebt die versehentliche intravenöse Injektion als möglichen Mechanismus der plättchengerichteten Autoimmunität hervor. Daher könnte eine mögliche präventive Maßnahme gegen diese seltenen Thrombozyten-assoziierten Komplikationen sein, dieintravenöse Injektion von Adenovirus-basierten Impfstoffen zu vermeiden.
Die Ergebnisse sind im Fachblatt Blood publiziert worden.
Quelle: LMU Klinikum München
11.05.2022