MRT ermöglicht Diagnose und Verlaufskontrolle bei Myokarditis
Nur die Kombination mehrerer Sequenzen bringt die erforderliche Genauigkeit
Die Myokarditis ist eine tückische Erkrankung: Ihre klinische Erscheinung tritt häufig relativ unspektakulär auf und äußert sich nur wie eine allgemeine Herzschwäche.
In seltenen Fällen offenbart sich das Krankheitsbild dramatisch, ähnlich einem Myokardinfarkt, mit ähnlichen Beschwerden, EKG- und Enzymveränderungen, also einem akuten Koronarsyndrom, weshalb immer eine koronare Herzerkrankung (KHE) ausgeschlossen werden muss, was wegen der erforderlichen schnellen Therapie in der Regel mit dem invasiven Herzkatheter erfolgt, erläutert Prof. Dr. Matthias Gutberlet. Hierbei bietet sich danach aktuell die MRT für die aussagestarke Bildgebung an.
Die Echokardiographie, in akut bedrohlichen Fällen die Herzkatheteruntersuchung oder in der chronisch persistierenden Form in Kombination mit der Myokardbiopsie sind gängige diagnostische Methoden; in den unspezifischen Fällen findet die MRT meist erst am Schluss der Diagnosekette Verwendung. „Die Methodenkonstellation könnte sich jedoch in naher Zukunft ändern, wenn die nicht-invasive CT zum Ausschluss der KHE auch in der akuten Notfallsituation vermehrt herangezogen wird, gefolgt von der MRT mit weiter verbesserter Sensitivität“, fährt der Lehrstuhlinhaber für Kardiologische Bildgebung der Universität Leipzig und Leiter der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Herzzentrum Leipzig fort. Für eine vordere Position in der diagnostischen Kette im Notfall, wenn differenzialdiagnostisch noch das akute Koronarsyndrom ausgeschlossen werden muss, kommt die MRT allein zurzeit methodisch allerdings noch nicht infrage.
Ziel ist hohe Sensitivität und Spezifizität
Die beste Sensitivität und Spezifizität bieten standardisierte Sequenzen in Kombination, am besten unter Verwendung von mindestens drei Sequenzen, unterstreicht der Experte. T2-gewichtete Sequenzen setzt man ein, um Anzeichen einer Entzündung – eines Ödems – nachzuweisen (Abb. 1 A). Eine frühe Kontrastmittelanreicherung lässt sich nutzen, um eine verstärkte Durchblutung – eine Hyperämie – im Rahmen eines Entzündungsgeschehens darzustellen (Abb. 1 B). Die späte Kontrastmittelanreicherung erlaubt, irreversibel geschädigtes Myokard zu identifizieren – nekrotisch im akuten Stadium (Abb. 1 C, D) oder fibrotisch und vernarbt im chronischen Stadium. Als eindeutig gilt nach aktueller interdisziplinärer Expertenmeinung – den sogenannten Lake-Louise-Kriterien –, ein Ergebnis, bei dem mindestens zwei der drei Parameter positiv sind. Neuere Sequenzen zur besseren Objektivierung und Quantifizierung der Gewebecharakterisierung – das T1- und T2- Mapping – kommen in der klinischen MR-Forschung zur Objektivierung bereits verbreitet in der Evaluation des akuten Myokardinfarkts zum Einsatz.
Aufgrund der geringeren und diffuseren Effekte bei der Myokarditis haben sie für dieses Krankheitsbild noch nicht in den Routinekanon Eingang gefunden, sind aber Gegenstand intensiver Forschung. „Die Mehrzahl der Studien auf diesem Gebiet ist bisher auf der Grundlage von 1,5 Tesla durchgeführt worden, was auch auf absehbare Zeit wahrscheinlich ausreichen wird“, fährt der Radiologe fort. Die existierenden Grenzwerte sind für die Feldstärke von 1,5 Tesla evaluiert, für 3 Tesla gibt es noch kaum Studien. Das Herzzentrum Leipzig arbeitet jedoch derzeit an einer Studie, die einen Vergleich und einen eventuellen Änderungsbedarf der Referenzwerte beinhaltet. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die ödemsensitiven Sequenzen sowie das T1- und T2-Mapping von einer höheren Feldstärke profitieren“, deutet Gutberlet an.
Spezifische Therapien im Experimentalstadium
Die verschiedenen Therapiemöglichkeiten der Myokarditis sind über das Experimentalstadium meist noch nicht hinausgekommen, sagt der Experte – etwa die immunmodulatorische Herangehensweise beispielsweise unter Einsatz von Interferon oder das Eliminieren von Antikörpern mittels der Plasmapherese. Dieser Rückstand liegt zum großen Teil auch daran, dass die große Mehrzahl der Myokarditisfälle bei körperlicher Schonung folgenlos ausheilt. Es gibt jedoch auch eine Konversion hin zur dilatativen Kardiomyopathie, vor allem bei chronisch persistierender Myokarditis, mit Herzinsuffizienz und entsprechender medikamentöser Therapie bis hin zur Notwendigkeit einer Herztransplantation. Bei jüngeren Menschen ist die Myokarditis – neben verschiedenen seltenen Kardiomyopathien – insbesondere bei Sportlern eine der häufigsten Ursachen für den plötzlichen Herztod, wenn diese Patienten sich nicht schonen.
Verlaufskontrolle mit der MRT
Neben der Diagnosesicherung im akuten Fall kommt der MRT optional die Rolle der Kontrolle von Therapie- beziehungsweise Krankheitsverlauf zu. Gutberlet: „Sie erlaubt es, das Abklingen der Entzündung zu beobachten und die erneute volle Belastung für den Patienten freizugeben.“ Das typische Intervall bis zur Kontrolluntersuchung beträgt drei bis sechs Monate. Eine weitere Einsatzmöglichkeit gibt es für die MRT in Fällen, in denen die Entzündung nicht folgenlos abgeheilt ist: Anhand des Narbenbefallmusters lässt sich häufig die Ätiologie der resultierenden Herzmuskelschwäche diagnostizieren. So liegt typischerweise bei der Myokarditis eine subepikardiale (Abb. 1 C, D) und beim Infarkt eine subendokardiale Narbe vor. Dabei finden dieselben Sequenzen wie beim Akutpatienten Verwendung. Die Herzinsuffizienz kann in der Folge zu einer Vergrößerung des Herzmuskels führen und im Extremfall eine Transplantation erforderlich machen. Als Rat gibt Prof. Gutberlet den Kollegen auf den Weg, dass der Einsatz der MRT mehrere „Mosaiksteinchen“, mehrere Sequenzen zur Myokarditis-Ausschlussdiagnose erforderlich macht: „Nur so lassen sich die für die Diagnose notwendige hohe Sensitivität und Spezifizität erzielen. Die späte Kontrastmittelanreicherung allein reicht nicht aus.“
IM PROFIL
Prof. Dr. med. Matthias Gutberlet studierte an der Philipps-Universität Marburg und promovierte in der Orthopädie. Es folgten die Tätigkeit am Deutschen Herzzentrum in Berlin sowie die Facharztausbildung als Radiologe sowie die Habilitation und Facharztausbildung in der Nuklearmedizin an der Charité. 2007 erhielt er den Ruf an die Universität Leipzig auf den Lehrstuhl für kardiologische Bildgebung und leitet seitdem die Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Herzzentrum Leipzig – Universität Leipzig.
21.01.2013