Molekulare Bildgebung – ein Hoffnungsträger der Onkologie

Schnittbild-Verfahren haben sich in den beiden vergangenen Jahrzehnten zu einer tragenden Säule der Krebsdiagnose und -behandlung entwickelt. Dennoch bleibt noch viel zu tun: Noch sind viele Bereiche unerforscht, noch müssen kontinuierlich neue Technologien und Kontrastmittel entwickelt und getestet werden. Und selbstverständlich gilt auch hier, neue Anwendungen einer gründlichen Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen und die Ergebnisse mit denen anderer Verfahren zu vergleichen.

Prof. Hedvig Hricak
Prof. Hedvig Hricak

Professor Hedvig Hricak, Leiterin der Radiologie des Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York City diskutierte in ihrer Präsentation „Imaging Oncology: Crossing New Barriers“ die aktuellsten Themen, Herausforderungen und Fortschritte.

„Von der Diagnose und der Wahl der Therapie über die Therapieplanung bis hin zur Nachsorge – die Bildgebung spielt in der Onkologie eine zentrale Rolle“, erklärt Professor Hricak. Besonders von der noch relativ jungen molekularen Bildgebung werden in den kommenden zehn Jahren die bedeutendsten Fortschritte erwartet. Was die Zukunft bereit halten könnte, zeigen heute bereits FDG oder PET-Sonden, die neue Einsichten in die Tumorbiologie bieten und in der klinischen Praxis von großem Nutzen sind. Neue Tracer und Kontrastmittel für PET, MRT und MR-PET stehen dabei ganz oben auf der Wunschliste der Radiologen an die Forschung, aber auch neue Biomarker für die flächendeckende Anwendung in der klinischen Bildgebung werden dringend gebraucht. „Wir versprechen uns sehr viel von der onkologischen Bildgebung”, so Hricak, „aber das Tempo des Fortschritts in der klinischen Medizin hängt nicht nur von der Forschung ab, sondern auch von der Geschwindigkeit, in der wir unsere Ärzte, uns selbst und unsere Mitarbeiter aus- und weiterbilden. Ein besonderes Problem der molekularen Bildgebung sind darüber hinaus die derzeitigen Hindernisse bei der Zulassung neuer zellulärer und metabolischer Tracer für die PET und neuer Kontrastmittel für die MRT.“

Von Stagnation sind wir jedoch weit entfernt, was die Entwicklung der MR-PET bezeugt. Hier wird die hohe räumliche und Kontrastauflösung der MRT mit den Funktionsinformationen der PET kombiniert. Ihr Vorteil gegenüber der PET-CT ist die fehlende Strahlenbelastung – ein angesichts der zunehmenden Dosisdiskussion in den USA und Europa wichtiger Aspekt. Der Einsatz dieser hoch modernen Technologie muss allerdings sorgfältig im Sinne des Patienten und der Kosten abgewogen werden. „Aber“ so fragt Hricak, „wenn Sie Patient wären, was würden Sie wollen: dass das vorhandene Geld in erster Linie für bildgebende Verfahren ausgegeben wird, die eine korrekte Diagnose ermöglichen, oder würden Sie den klassischen Weg einer Operation wählen, um zu sehen, was eigentlich los ist, auch wenn wir, wie so oft, während des Eingriffs feststellen, dass die Operation nicht die richtige Wahl war?“

MRT und MR-Spektroskopie bei Patienten mit Prostatakrebs

Ein wichtiges Ziel von Hricaks Forschungsarbeit ist die Entwicklung minimal invasiver Methoden zur Verbesserung der Früherkennung von Krebs, der Krebsbehandlung und -nachsorge. Als derzeit leitende Forscherin einer vom National Institutes of Health finanzierten Studie zum Einsatz von MRT und MR-Spektroskopie in der Risikoanalyse von Patienten mit Prostatakrebs gilt ihr besonderes Interesse der anatomischen und molekularen Schnittbildgebung von Urogenitaltumoren. Die MR-Spektroskopie untersucht die metabolischen Veränderungen von Tumoren und hat sich als sehr nützlich in der Bewertung der Aggressivität von Prostatatumoren erwiesen. „Sie wird aber derzeit in der klinischen Praxis nur relativ selten angewendet“, so Hricak. „Darüber hinaus ist die Tumorbiologie multifaktoriell und sehr kompliziert, das heißt, eine einzelne Untersuchung wird nie in der Lage sein, alle Fragen zu beantworten.“

Professor Hricak arbeitet mit besonderer Begeisterung an Forschungsprojekten, die für die Übersetzung von Forschung in praktische Anwendung relevant sind. „Man muss seine Arbeit lieben, nur dann kann man sie gut machen“, ist sie überzeugt. „Aber es läuft nicht immer so, wie man sich das vorgestellt hat. Gerade dann braucht man Energie, Durchhaltevermögen und die unbedingte Überzeugung, dass man etwas gelernt hat. Oft lernen wir aus unseren Fehlern mehr als aus unseren Erfolgen.“

Dauerthema Mamma-MRT

Wie in Europa so herrscht auch in den USA eine Dauerdebatte über Mamma-MRT. „Es besteht kein Zweifel, dass die Brust-MRT mehr Läsionen entdeckt und die Behandlungsplanung unterstützt“, erläutert Hricak. „Der Wertzuwachs, den die Mamma-MRT bietet, wird unter Umständen jedoch durch die Visualisierung zu vieler Läsionen aufgehoben; über eine Tatsache sind sich jedoch alle einig: Bei Frauen in Hochrisikogruppen ist die MRT definitiv angebracht.“

Andere Fragen sind nicht so eindeutig zu beantworten, zum Beispiel ob wir die MRT in der Chemotherapie-Nachsorge wirklich brauchen. Prof. Hricak ist überzeugt, dass klinische MRT-Trials in der Medikamentenbewertung unerlässlich sind. Unbestritten ist auch, dass immer mehr Ärzte und informierte Patienten eine MRT-Untersuchung fordern. Dies wiederum rückt die Frage nach den Kosten – wie beim MR-PET - in den Mittelpunkt: „Wenn die MR-PET Auswirkungen auf die Behandlung hat und invasive Chirurgie oder unnötige Behandlungen ersetzt, dann ist sie auf jeden Fall legitim und auch nicht teuer. Wenn sie aber nur eingesetzt wird, weil sie verfügbar ist, dann ist sie sehr teuer.“

Garmisch – das perfekte Diskussionsforum

Professor Hricak freut sich auf das Symposium in Garmisch – es sei eben „eine ganz besondere Veranstaltung“, bei der die Vorreiter der technischen und der klinischen MRT-Forschung ihre neuesten Ansätze präsentieren. Das Symposium führt die Idee seiner Gründer fort, die nicht nur ein Forum für den Austausch klinischer Erfahrungen schaffen wollten, sondern „wirklich das Beste vom Besten zeigen wollten, was die MRT weltweit heute und morgen zu bieten hat. Das Symposium zeichnet sich jedes Jahr durch Visionen und Innovation aus, bietet daneben aber auch ganz praxisorientierte und klinisch relevante Weiterbildung.“ Garmisch ist auch immer eine Gelegenheit, „heiße“ Themen anzupacken, wie die jüngste Stellungnahme zur Mamma-MRT oder Aspekte der Kardio-Bildgebung. Für Professor Hricak ist die Konferenz ein wunderbarer Ort für Diskussionen und provokante Fragen, sei es in den formellen Sessions oder in den Kaffeepausen.

 

Im Profil

Professor Hedvig Hricak – Präsidentin des RSNA 2010 – ist in Zagreb im ehemaligen Jugoslawien geboren. Ihr Medizinstudium absolvierte sie an der Universität Zagreb und am Karolinska Institut in Schweden. Sie ist Leiterin der Radiologie des Memorial Sloan-Kettering Cancer Center. Darüber hinaus ist sie Professorin für Radiologie am Cornell University Medical College und Radiologin am Memorial Hospital in New York. Professor Hricak ist Trägerin des Marie Curie Preises der Society of Women in Radiology und der Beclere-Medaille der International Society of Radiology. Ihre klinischen Fachgebiete sind die diagnostische Radiologie und die onkologische Bildgebung des Urogenitaltrakts.

18.01.2011

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