Mit DVT Operationen planen und mühelos im Körper navigieren
Die digitale Volumentomographie ist eine perfekte Ergänzung zu CT, MRT und Röntgen für kleine Körperregionen
Als das neue bildgebende Verfahren der digitalen Volumentomographie (DVT) vor einigen Jahren auf den deutschen Markt kam, führte diese Technologie zunächst ein Schattendasein.
Von der Radiologie selbst kaum wahrgenommen, nutzten es vor allem Zahnärzte, Kieferchirurgen und HNO-Ärzte. Inzwischen haben aber auch renommierte Radiologen wie Prof. Dr. Hermann Helmberger, Chefarzt des Zentrums für Radiologie und Nuklearmedizin im Klinikum Dritter Orden in München-Nymphenburg, die Vorteile der DVT für sich und ihre Klinik entdeckt.
Den Anstoß dafür, sich mit der DVT näher zu beschäftigen, gaben für Prof. Helmberger auch die HNO-Ärzte in seinem Klinikum, die auf ihn zukamen und fragten, ob nicht Interesse bestünde, das Thema gemeinsam anzugehen. „Ein guter Ansatz, dieses Verfahren interdisziplinär zu betreiben, denn so fließt das Fachwissen der HNO-Ärzte zusammen mit unserer Expertise als Bildgeber in die Untersuchung ein. Die entsprechenden Fragestellungen können gemeinsam besser beantwortet werden, wenn auf der einen Seite nicht nur der Radiologe sitzt und auf der anderen nicht nur die Befunde entgegengenommen werden“, erklärt Helmberger. Die DVT ist im Grunde ein CT-Verfahren, das verschiedene andere Entwicklungen, die parallel zu der der CT verlaufen sind, für sich nutzt. Ähnlich wie CT oder MRT ermöglicht die DVT die Erzeugung von Schnittbildern. Dafür rotiert eine Röntgenröhre um 180 bis 360 Grad um einen sitzenden, liegenden oder stehenden Patienten. Im Gegensatz zur klassischen CT wird bei der DVT aber ein kegelförmiger Röntgenstrahl (Cone-Beam-Tomographie, CBCT) ausgestrahlt, der dann von einem Flatpanel-Detektor, einem digitalen Bildsensor, aufgenommen wird. Das Verfahren wird bisher vor allem für kleine Untersuchungseinheiten wie für den Schädel oder den HNO- und Zahnbereich genutzt, aber auch Orthopäden entdecken die DVT mehr und mehr für die Aufnahmen kleinerer Gelenke wie Sprung- und Handgelenk. Nach Ansicht Helmbergers liefert die DVT damit die Untersuchungstechnik, die man sich für die Herz-CT immer gewünscht hat: eine Abbildung der gesamten Organregion mit einer Rotation.
Aufgrund des kleineren Untersuchungsfeldes und weil vorwiegend Hochkontrastaufnahmen wie beispielsweise von knöchernen Strukturen gemacht werden, ist die DVT im Vergleich zur CT ein dosissparendes Verfahren. „Wir verstehen die DVT daher nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu CT, MRT und Röntgen. Einerseits können mit diesem Verfahren wesentlich mehr Aussagen gemacht werden als mit einer konventionellen Röntgenaufnahme. Andererseits ist die DVT sehr viel dosissparender – und dabei auch noch hochauflösend – als eine komplette CT-Aufnahme. Und mit einer Untersuchungszeit von unter einer Minute ist das Verfahren auch schneller, sodass es für den zeitlichen Aufwand keinen Unterschied zur konventionellen Röntgenaufnahme macht“, fasst Helmberger die Vorteile der Technologie zusammen. Die DVT eignet sich nicht nur gut zur präoperativen Planung, sondern wird zunehmend auch im interoperativen Bereich eingesetzt. „Die DVT-Bilder werden direkt in die Navigationssysteme eingebracht. Der Operateur kann damit zum Beispiel bei einer Nasennebenhöhlenoperation den Kontakt sensibler Strukturen umgehen und damit sein Operationsergebnis verbessern“, schildert Helmberger.
Allerdings gibt es eine Einschränkung für die DVT: „Die Leitlinien für eine HNO-Untersuchung mit einer malignen Fragestellung schließen Weichteil- und Knochenbeurteilungen ein. Und Weichteilbeurteilungen sind mit der DVT nicht möglich, weil das Verfahren letztlich dort seine große Stärke ausspielt, wo Hochkontraste gegeben sind. Für maligne Fragestellungen kommt die DVT daher primär nicht infrage“, erklärt der Münchener Radiologe. Trotzdem hofft Helmberger, dass noch mehr Radiologen als bisher die Technik für sich entdecken. „Da es sich um ein radiologisches Verfahren mit ionisierender Strahlung handelt, gehört es primär in die Hand des Radiologen, der dafür der Fachmann ist. Wenn wir Radiologen das Potenzial der DVT nicht erkennen, laufen wir Gefahr, dass es aus der Radiologie verschwindet. Das würde zum Nachteil der Patienten sein, die dann Qualitätseinbußen hinnehmen müssten.“
I M P R O F I L
Prof. Dr. Hermann Helmberger, ist aufgewachsen, lebt und arbeitet in München. Seit 2006 ist er Chefarzt am Zentrum für Radiologie und Nuklearmedizin Nymphenburg, München. Seine Mediziner- Laufbahn begann Prof. Helmberger 1981 an der Universität Regensburg. Während seiner klinischen Ausbildung am Klinikum rechts der Isar entschied er sich dann für das Wahlfach Radiologie. Seitdem arbeitete er erst als Assistenzarzt am Krankenhaus Nymphenburg und dann am Klinikum rechts der Isar. Hier agierte er von 1996-2000 als Oberarzt und später als Leitender Oberarzt am Institut für Röntgendiagnostik, bevor er seine aktuellen Tätigkeiten aufnahm. Prof. Helmberger ist Mitglied bei zahlreichen nationalen und internationalen radiologischen Fachgesellschaften. 2012 übernahm er die Kongresspräsidentschaft beim Deutschen Röntgenkongress in Hamburg.
25.09.2012