Mehr Sehen mit Mehrwert: die MR-Tomographie des Pankreas
Mit der Multidetektor-Computertomographie (MDCT) lassen sich die meisten Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, z.B. eine Pankreatitis, hervorragend darstellen. Es gibt allerdings Indikationen, die auch mit der modernen hochaufgelösten 64-Zeilen-MDCT, zu keiner eindeutigen Diagnose führen: Dazu zählen die beiden onkologischen Hauptgruppen der soliden und zystischen Tumoren. Um diese Bauchspeicheldrüsenkarzinome möglichst frühzeitig zu detektieren – wenn sie noch klein und operabel sind – ist laut Prim. Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Schima, MSc, Vorstand der Abteilung für Radiologie und bildgebende Diagnostik am Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien, Österreich der Einsatz der MR-Tomographie notwendig.
Die frühzeitige Behandlung von Pankreas-Krebs ist ein Spiel auf Zeit: Denn ist das Tumorwachstum bereits zu weit fortgeschritten, wird eine Operation schwierig. Da der Pankreas ein kleines Organ ist, spielt die Tumorgröße eine entscheidende Rolle: Sobald der Tumor eine Größe von 3 cm erreicht hat, beginnt er vitale Strukturen in der Umgebung zu infiltrieren, darunter große arterielle und venöse Blutleiter, und eine Gesamtresektion wird unmöglich. Mithilfe der MR-Tomographie lassen sich Pankreaskarzinome jedoch bereits in einer Größenordnung von 1 – 1,5 cm erkennen.
„Früher waren wir bei der Untersuchung im Bauchraum mit 1,5 Tesla noch sehr gehandicapt, weil die Organe durch die Atmung in ständiger Bewegung sind“, berichtet Prim. Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Schima. „Heute ermöglichen uns die Hochfeld-MRT-Geräte ab 3 Tesla kürzere Messzeiten und eine hohe Ortsauflösung, die völlig neue Einblicke in die Diagnose der kleinen Tumoren und Metastasen erlaubt. Hinzu kommen die Vorteile der diffusionsgewichteten Sequenzen, die seit einigen Jahren bereits im Gehirn erfolgreich angewendet werden und seit kurzem auch für die Pankreasdiagnostik zur Verfügung stehen. Damit ist MRT beim Nachweis kleinere Pankreaskarzinome dem CT heute mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen.“
Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn kleinere Tumoren den Ausführungsgang im Pankreas blockieren. Dadurch entsteht ein Sekretstau in der Drüse und es bildet sich eine Entzündung, die den kleinen Tumor im CT maskieren würde. Mit den hochaufgelösten 3-Tesla-MRT dagegen lassen sich auch innerhalb von Inflammationsprozessen kanzeröse Läsionen gut darstellen. Mittlerweile gibt es in klinischer Erprobung auch ein weiteres Hilfsmittel, um subtile Engstellen des Pankreasganges besser zu detektieren, berichtet Prof. Schima: „Das synthetische Hormon Secretin ist ein optimales Hilfsmittel, um die Füllung im Pankreasgang zu stimulieren und dessen Darstellung zu verbessern.“
Auch beim Follow-up von benignen zystischen Tumoren ist die MRT heutzutage die Methode der Wahl. Mikrozystische Zystadenome zeigen keine Entartungstendenzen und können auf Grund der hohen Auflösung in der MRT gut diagnostiziert werden. IPMT hingegen können maligne entarten und müssen daher genauestens überwacht werden. Dadurch entstehen möglicherweise ganz anders geartete Probleme, erklärt Prof. Schima: „Durch die verbesserte Gerätetechnologie entdecken wir immer öfter so winzige zystische Tumoren, dass wir unter Zugzwang geraten, diese entsprechend nachzukontrollieren. In Österreich werden die Kosten für eine MR-Tomographie des Pankreas bei einer sinvollen Indikationsstellung jedoch zum Glück übernommen.“
Darüber hinaus schließt Prof. Schima einen Mehrwert der Ganzkörper-MRT für das Pankreaskarzinom nicht aus. Möglicherweise könne die Ganzkörper-MRT-Bildgebung in der Nachsorge oder in der Metastasendiagnostik ein Konkurrenzverfahren zum PET-CT darstellen. Wenn es allerdings um das lokale Staging des Tumors gehe, so komme man nicht um eine spezielle MRT-Untersuchung herum, die sich auf Pankreas und Leber fokussieren, so der Experte.
Auch in einem palliativen Setting kann die MR-Tomographie die wichtige Aufgabe einer frühzeitigen Identifizierung übernehmen, im Besonderen beim Umgang mit Rezidiven. Denn anders als beispielsweise bei der Leber oder der Brust, sind Rezidive beim Pankreaskarzinom chirurgisch kaum behandelbar. In diesen Fällen geht es vor allem um die frühzeitige Festlegung einer Palliativtherapie, die das Tumorwachstum beispielsweise verzögern oder temporär aufhalten soll.
05.11.2010