Liebe auf den zweiten Blick: Bildgebung in der Hämatologie
Die Hämatologie behandelt eine Vielfalt an Blut- und Lymphknotenerkrankungen und entsprechend unterschiedlich sind auch die Anforderungen an die Bildgebung. Die konventionelle Bildgebung und vor allem Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) als Schnittbildverfahren stellen die Hauptpfeiler dar, ergänzt durch Ultraschall und nuklearmedizinische Verfahren.
Bei einigen hämatologischen Erkrankungen, besonders bei der Leukämie, kommt die Radiologie aber erst als sekundäres Verfahren ins Spiel, berichtet Prof. Dr. Günter Fürst, der als stellvertretender Leiter des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf seit vielen Jahren mit diesen Fragestellungen konfrontiert wird.
„Zum Ausschluss von Knochenmanifestationen bei hämatologischen Erkrankungen wie beispielsweise Plasmozytom oder malignen Lymphomen hat die konventionelle Skelettdiagnostik an Bedeutung verloren. An ihre Stelle ist in den vergangenen Jahren vor allem die Schichtbildgebung getreten“, erläutert Fürst. Der Vorteil der Schichtbildgebung – der CT und insbesondere der MRT – besteht darin, dass das Skelettsystem von Kopf bis Fuß dargestellt wird und somit umschriebene Osteolysen sowie diffuse Tumormanfestationen umfassend und lückenlos erfasst werden können. Moderne Niedrig-Dosis-Protokolle haben die Strahlenbelastung der CT deutlich mindern können. Gleichzeitig konnte die Empfindlichkeit beim Nachweis von Erkrankungsherden auch außerhalb des Skelettsystems erheblich verbessert werden.
„Eine Vielzahl von Manifestationen hämatologischer Erkrankungen zeigt sich außerhalb des Skelettsystems und lässt sich gut und wenig belastend mit Ultraschall erfassen. Ein gutes Beispiel sind Lymphome, die zu Veränderungen der Leber und zu einer extremen Vergrößerung von Milz und Lymphknoten führen können“, erklärt Fürst. Eine Vielzahl von Manifestationen ist dem Ultraschall jedoch leider unzugänglich, so dass CT und MRT erforderlich sind. Gegenüber der CT weist die MRT Vorteile bei der Erfassung eines diffusen Knochenmarkbefalls sowie intraspinaler Tumorkomponenten auf. Letztere werden im CT oft nicht zuverlässig dargestellt. Dynamische MRT-Untersuchungen mit Perfusionsmessungen können ferner möglicherweise hilfreich sein bei der Erfolgskontrolle bestimmter Therapien, z.B. mit sogenannten antiangiogenen Medikamenten. Die Diffusionsgewichtete MRT, insbesondere an Geräten mit hoher Feldstärke durchgeführt, kann in Zukunft möglicherweise die Entdeckung eines Knochenmarkbefalls durch Lymphome verbessern.
Die Diagnose einer Leukämie erfolgt in erster Linie durch klinische und laborchemische Parameter und erst in zweiter Linie durch die Radiologie. Viele Leukämiepatienten zeigen eine B-Symptomatik mit Gewichtsverlust, Infektanfälligkeit und febrilen Temperaturen; die Diagnose wird hier zunächst mithilfe des Blutbilds und der Untersuchung des Knochenmarks gestellt. „Wir Radiologen kommen ins Spiel, um zu sehen, wie ausgedehnt die Erkrankung ist. Zu diesem Zweck untersuchen wir das Skelettsystem auf Zerstörungen und Veränderungen. Oder wir wollen extraskelettale Organmanifestationen ausschließen beziehungsweise den Erfolg einer Therapie beurteilen. Dafür setzen wir die MRT und zum Teil die CT und in immer geringerem Maße die konventionelle Skelettdiagnostik ein“, resümiert der stellvertretende Institutsdirektor. Von besonderem Interesse ist derzeit das PET/CT, das sich als effektives Werkzeug beim Staging und der Beurteilung des Behandlungserfolgs bestimmter Lymphomerkrankungen erweist. Die Methode könnte einen wichtigen Beitrag bei der Individualisierung der Therapie darstellen. Ob dem Verfahren eine Bedeutung bei der Wahl der Behandlung von Lymphomrezidiven zukommt, wird derzeit in Studien geklärt.
Nicht selten haben die Patienten im Rahmen der Therapie beziehungsweise des langjährigen Krankheitsverlaufs Komplikationen wie Embolien, Thrombosen oder Blutungen. Im Kindesalter stellen nicht selten Knochennekrosen den Therapeuten vor große Probleme. Und da ist das ganze Spektrum radiologischer Verfahren gefordert, die sich exzellent zur Bewertung eignen.
Im Profil
Prof. Dr. Günter Fürst hat an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Medizin studiert und über Neutronentherapie bei Weichteilsarkomen promoviert. Seine Facharztausbildung begann er als wissenschaftlicher Assistent am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen und am Radiologischen Institut der Universitätsklinik Düsseldorf. 1994 erhielt er die Venia Legendi und die Ernennung zum Privatdozenten. Drei Jahre später hat ihn die Düsseldorfer Hochschule zum Professor berufen und ihm die stellvertretende Leitung des Instituts übertragen.
22.05.2013