Artikel • HCC, FNH & Co.

Leberherde: Große Fortschritte in der Diagnostik

MRT ist bei der Charakterisierung von Leberherden die Methode der Wahl. Die Geräte sind mittlerweile so gut geworden, dass es zur genauen Diagnose mancher Tumore keiner Biopsie mehr bedarf.

Bericht: Michael Krassnitzer

portrait of wolfgang schima
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Schima, MSc
Quelle: Göttlicher Heiland Krankenhaus

„In der Leber kann eine Vielzahl maligner und benigner Raumforderungen auftreten“, weiß Univ. Prof. Dr. Wolfgang Schima, MSc, Vorstand der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Göttlicher Heiland Krankenhaus, Barmherzige Schwestern Krankenhaus und St. Josef Krankenhaus der Vinzenzgruppe Wien. Die häufigsten bösartigen Herde sind Lebermetastasen, das hepatozelluläre Karzinom und das cholangiozelluläre Karzinom, zu den benignen Herden gehören vor allem Hämangiom, fokale noduläre Hyperplasie (FNH) und Adenom. Die benignen Raumforderungen haben eine Gemeinsamkeit: Sie bedürfen nur in den seltensten Fällen einer Therapie, etwa wenn sie sehr groß sind und daher Symptome verursachen. „Daher ist die Charakterisierung dieser Herde so wichtig“, bekräftigt Schima, der auf der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinischen Onkologie in Wien einen Vortrag zu diesem Thema hielt: „Denn Patienten sollen nicht unnötig operiert werden.“

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Welches bildgebende Verfahren bei der Charakterisierung von Leberherden zum Einsatz kommt, hängt vom jeweiligen klinischen Szenario ab. Leberherde werden in den meisten Fällen als Zufallsbefund im Rahmen einer Ultraschall-Untersuchung entdeckt. „Mit Ultraschall oder mit kontrastverstärktem Ultraschall lässt sich bei vielen benignen Raumforderungen bereits eine verlässliche Diagnose erstellen und damit ist die Diagnostik zu Ende.“

Wenn aufgrund von körperlichen Beschwerden der Verdacht auf einen Tumor im Raum steht, wird als Erstuntersuchung auch typischerweise ein Ultraschall gemacht, die Methode der Wahl zur Charakterisierung ist jedoch die Magnetresonanztomographie. „Man weiß aus vielen Studien, dass die MRT die höchste Genauigkeit bei der Charakterisierung von Leberherden hat“, erklärt der österreichische Radiologe. Einzige Ausnahme: Wenn sich bereits bei der Ultraschalluntersuchung zeigt, dass der Patient multiple Metastasen aufweist, wird zum Staging der Tumorerkrankung gleich eine Computertomographie von Thorax und Abdomen vorgenommen.

Die Computertomographie (links) zeigt bei einem Patienten mit Rektumkarzinom...
Die Computertomographie (links) zeigt bei einem Patienten mit Rektumkarzinom drei potentiell resektable Lebermetastasen. Die Magnetresonanztomographie (rechts) zeigt multiple zusätzliche Metastasen, weshalb eine Resektion nicht sinnvoll ist.

Leberspezifische Kontrastmittel sind heutzutage die Methode der Wahl, wenn es um Patienten mit potenziell resektablen Lebermetastasen geht

Wolfgang Schima

Zwei weitere häufige klinische Szenarien, die zu einer Leberbildgebung führen, sind das Staging von Patienten mit einem bekannten Karzinom, das zur Streuung in die Leber neigt, sowie eine fortgeschrittene Fibrose oder eine fortgeschrittene Zirrhose. „Patienten mit einer solchen chronischen Lebererkrankung haben ein Risiko von drei bis fünf Prozent pro Jahr, an einem hepatozellulären Karzinom zu erkranken“, unterstreicht Schima.

Zur MRT-Untersuchung der Leber stehen zwei Arten von gadoliniumhältigen Kontrastmitteln zur Verfügung: unspezifische Kontrastmittel oder leberspezifische Kontrastmittel, die sich selektiv in die Hepatozyten – und nicht in eventuellen Lebermetastasen – anreichern und anschließend biliär ausgeschieden werden. „Leberspezifische Kontrastmittel sind heutzutage die Methode der Wahl, wenn es um Patienten mit potenziell resektablen Lebermetastasen geht“, erklärt Schima. Zusätzlich sollte in diesen Fällen auch eine diffusionsgewichtete MRT durchgeführt werden. Umfassende Meta-Analysen haben gezeigt, dass die Kombination von leberspezifischen Kontrastmitteln und diffusionsgewichteter MRT bei Lebermetastasen eine Nachweisrate von 95 Prozent aufweist.

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Patientin mit zwei großen, sonographisch unklaren Leberherden: die Magnetresonanztomographie läßt die eindeutige Diagnose eines Hämangioms im rechten und einer Fokal Nodulären Hyperplasie (FNH) im linken Leberlappen zu.

Bei den Geräten hat sich in den letzten Jahren einiges getan, wie Schima bekräftigt: „Die neuen 3-Tesla-Geräte bringen eine erheblich bessere Bildqualität. Auch die Probleme der ersten Generation bei Patienten mit Wasser im Bauchraum (Aszites) gibt es nicht mehr.“ Die Geräte sind mittlerweile so gut, dass etwa bei der Surveillance von Leberzirrhose-Patienten Tumore sehr präzise identifiziert werden können und keine Biopsie mehr vorgenommen werden muss, was aufgrund der schlechten Blutgerinnung bei dieser Erkrankung durchaus problematisch war. „Aufgrund typischer Zeichen kann ein hepatozelluläres Karzinom heute ohne Biopsie einwandfrei auf Basis von MRT diagnostiziert werden“, betont der Radiologe.

Ein Problem freilich können auch die besten Geräte nicht ganz beseitigen: die Schwierigkeit Leberherde zu charakterisieren, die kleiner als ein Zentimeter sind, also „too small to characterize“, wie es im Englischen heißt. Die MRT ermöglicht es zwar heute, mehr als in vergangenen Zeiten kleine Leberläsionen als Metastasen, Zysten oder gutartige Herde zu erkennen, bei vielen Herden aber bleibt nur die abwartende Beobachtung. Das ist jedoch nicht weiter schlimm, wie Schima beruhigt: „Bei einer Follow-up-Untersuchung nach drei Monaten ist man auf der sicheren Seite. Bei diesem zeitlichen Abstand besteht keine Gefahr, einen etwaigen Tumorprogress zu verpassen. Wir riskieren also nichts, wenn wir nur eine Verlaufskontrolle machen.“


Profil:

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schima, MSc ist Vorstand der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Göttlicher Heiland Krankenhaus, Barmherzige Schwestern Krankenhaus und St. Josef Krankenhaus der Vinzenzgruppe Wien (Österreich). Der in Wien geborene Radiologe, der auch in seiner Heimatstadt studierte, war 2008–2009 Präsident der International Cancer Imaging Society (ICIS) und 2014–2016 Präsident der Österreichischen Röntgengesellschaft (ÖRG). Der Forschungsschwerpunkt des Autors von 200 peer-reviewten Artikeln, 46 Buchkapiteln und Co-Editor von sechs Büchern ist die onkologische Bildgebung und die Bildgebung bei abdominellen Erkrankungen.

16.01.2019

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