Drei Fotos aus der Ich-Perspektive, in denen Hände Spritzen halten. Farbige...
Diese Bilder aus Videoaufnahmen zeigen, wie die KI in Echtzeit erkennt, was der klinische Mitarbeiter in den Händen hält.

Bildquelle: UW Medicine

News • Echtzeit-Erkennung von Wirkstoffen

Das richtige Medikament? KI-Kamera erkennt Inhalt von Spritzen

Ein internationales Team unter Beteiligung von Forschern der University of Washington School of Medicine hat nach eigenen Angaben das erste tragbare Kamerasystem entwickelt, das mit Künstlicher Intelligenz (KI) potenzielle Fehler bei der Medikamentenabgabe erkennt.

Das Deep-Learning-Modell kann Inhalte von Fläschchen und Spritzen identifizieren und aussagen, ob Medikamente in richtiger Weise angewandt wurden. In einem Test erkannte und identifizierte das Videosystem mit hoher Treffsicherheit, welche Medikamente in einer hektischen klinischen Umgebung entnommen wurden. Die KI erreichte eine Sensitivität von 99,6% und eine Spezifität von 98,8% bei der Erkennung von Fehlern beim Vertauschen von Fläschchen. Das System könnte zu einer wichtigen Sicherheitsmaßnahme werden, vor allem in OP-Sälen, Intensivstationen und in der Notfallmedizin, so Co-Autorin Kelly Michaelsen. 

Die Ergebnisse wurden im Fachjorunal npj Digital Medicine veröffentlicht.

Die Person im OP hält die Spritzen und Ampullen in der Hand, so dass sie nicht komplett zu sehen sind. Manchmal wird die Beschriftung verdeckt, außerdem bewegt sich alles sehr schnell - es wird nicht extra für die Kamera posiert

Shyam Gollakota

"Der Gedanke, Patienten in Echtzeit helfen oder einen Medikationsfehler verhindern zu können, bevor er passiert, ist sehr beeindruckend. Man kann auf eine 100-prozentige Leistung hoffen, aber selbst Menschen können das nicht erreichen. In einer Umfrage unter mehr als 100 Anästhesie-Anbietern wünschte sich die Mehrheit, dass das System eine Genauigkeit von mehr als 95% schafft - und dieses Ziel haben wir erreicht", sagt Michaelsen. 

Fehler bei der Verabreichung von Medikamenten sind die am häufigsten gemeldeten kritischen Zwischenfälle in der Anästhesie und die häufigste Ursache für schwere medizinische Fehler in der Intensivpflege. Schätzungsweise sind 5-10% aller verabreichten Medikamente fehlerhaft in der Anwendung. Unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit injizierbaren Medikamenten betreffen allein in den USA etwa 1,2 Mio. Patienten pro Jahr und verursachen Kosten in Höhe von 5,1 Mrd. Dollar. Fehler beim Spritzen- und Ampullenwechsel treten am häufigsten bei intravenösen Injektionen auf, wenn der Arzt das Medikament von der Ampulle über die Spritze dem Patienten verabreicht. Sicherheitsmaßnahmen wie ein Barcode-System, mit dem der Inhalt eines Fläschchens schnell gelesen und bestätigt werden kann, sollen solche Unfälle verhindern. In Stresssituationen vergessen Ärzte diese Kontrolle jedoch manchmal, weil sie einen zusätzlichen Arbeitsschritt darstellt. 

Ziel der Forscher war es, ein Deep-Learning-Modell zu entwickeln, das mit einer GoPro-Kamera den Inhalt von zylindrischen Fläschchen und Spritzen erkennen und eine Warnung ausgeben kann, ehe das Medikament in den Patienten gelangt. Das Videosystem "liest" nicht die Aufschrift auf jedem Fläschchen, sondern scannt nach anderen visuellen Anhaltspunkten: Größe und Form von Fläschchen und Spritzen, Farbe des Fläschchenverschlusses und Größe des Aufdrucks. 

Eine besondere Herausforderung habe darin bestanden, die visuellen Marker während des hektischen Klinikalltags zu interpretieren, erklärt Prof. Shyam Gollakota, einer der Co-Autoren des Papers. "Die Person im OP hält die Spritzen und Ampullen in der Hand, so dass sie nicht komplett zu sehen sind. Manchmal wird die Beschriftung verdeckt, außerdem bewegt sich alles sehr schnell - es wird nicht extra für die Kamera posiert."

Die Forschungsarbeit zeigt, dass KI und Deep Learning das Potenzial haben, die Sicherheit und Effizienz in einer Reihe von Gesundheitspraktiken zu verbessern. Die Forscher fangen gerade erst an, dieses Potenzial auszuloten, erklärt Michaelsen. Die Washington Research Foundation, die Foundation for Anesthesia Education and Research sowie ein Stipendium der National Institutes of Health haben dieses Forschungsprojekt finanziert. 


Quelle: University of Washington School of Medicine/pressetext

25.10.2024

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