Kinderchirurgen: Fehlbildungen bei Neugeborenen frühzeitig und sicher operieren

Eins von 2500 Kindern kommt mit einer angeborenen Fehlbildung zur Welt. Fehler an Lunge, Speiseröhre oder Zwerchfell können Kinderchirurgen heute schon kurz nach der Geburt operieren. Um das spätere körperliche Wachstum der Neugeborenen nicht zu stören, eignen sich so genannte Schlüsselloch-Operationen über kleinste Zugänge.

Professor Dr. med. Jörg Fuchs
Professor Dr. med. Jörg Fuchs

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) sieht in diesem minimalinvasiven, für Eingriffe bei Früh- und Neugeborenen innovativen Verfahren eine positive Entwicklung. Den Erfolg belegen aktuelle Studien. 

In Deutschland kommen etwa 200 Kinder mit einer Lücke im Zwerchfell zur Welt. Durch diese „Hernie“ drängen Organe aus dem Bauch in den Brustkorb und zwängen die Lunge ein. Bei anderen Neugeborenen – einem von etwa 2500 – fehlt die Verbindung von der Speiseröhre zum Magen. Diese sogenannte Ösophagusatresie, Zwerchfellhernien oder beispielsweise auch Lungenfehlbildungen sind heute gut zu operieren sagt Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der DGKCH aus Tübingen: „Hier kann nur eine interdisziplinäre Therapie mit elektiver Operation innerhalb der ersten Lebenstage helfen, denn in den meisten Fällen sind Kinder mit diesen Fehlbildungen nicht lebensfähig“.

Früher mussten Kinderchirurgen dafür die zarten Rippen des Kindes durchtrennen und den Brustkorb öffnen, um an die Organe zu gelangen. Inzwischen operieren viele Kinderchirurgen minimalinvasiv. Die Ärzte arbeiten hier mit winzigen Instrumenten: An drei Stellen führen sie über Einstiche kleine Röhrchen, sogenannte Trokare, in den Brustkorb ein. Durch ein Trokar legen sie eine kleine Kamera, durch die anderen beiden die Operationsinstrumente. „Minimalinvasive Eingriffe sind technisch schwierig“, erläutert Fuchs, der Direktor der kinderchirurgischen Universitätsklinik in Tübingen ist: „Sie dauern deshalb in der Regel zwar länger als eine offene Operation, sind aber mit einer sehr geringen Gewebeschädigung verbunden.“ Die Beatmungszeit nach der Operation verkürze sich, die Kinder erlitten weniger Schmerzen, und sie könnten schneller aus der Klinik entlassen werden.

Ein wesentlicher Vorteil sind auch die geringen langfristigen Folgen. „Da der knöcherne Brustkorb nicht geöffnet werden muss, kommt es hier später nicht zu Rippenverschmelzungen oder Verkrümmungen der Wirbelsäule“, sagt Professor Fuchs. Nach einer minimalinvasiven Operation im Brustkorb bleibe dagegen außer drei kurzen Narben vom Eingriff nichts zurück.

Anfängliche Skepsis gegenüber dieser thorakoskopischen Chirurgie bei Neugeborenen hat sich gelegt: „Wir haben das Stadium der Machbarkeit längst überwunden“, sagt Fuchs, der vor zehn Jahren die ersten Operationen durchführte. Die Technik habe sich so gut entwickelt, dass Eltern heute in den meisten Fällen sehr zuversichtlich sein könnten. „Auch Lungenfehlbildungen und selbst Defekte an der Luftröhre beheben wir heute mit guten Erfolgsaussichten thorakoskopisch“, berichtet Professor Fuchs im Rahmen des 129. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Entscheidend sei dabei, dass erfahrenen Kinderchirurgen die Eingriffe durchführen. 

 

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Literatur:

Boubnova J, Peycelon M, Garbi O, David M, Bonnard A, De Lagausie P.
Thoracoscopy in the management of congenital lung diseases in infancy.
Surg Endosc. 2011 Feb;25(2):593-6. Epub 2010 Jul 10.

Kaneko K, Ono Y, Tainaka T, Sumida W, Kawai Y, Ando H.
Thoracoscopic lobectomy for congenital cystic lung diseases in neonates and small infants.
Pediatr Surg Int. 2010 Apr;26(4):361-5;

Rothenberg SS, Kuenzler KA, Middlesworth W, Kay S, Yoder S, Shipman K, Rodriguez R, Stolar CJ. Thoracoscopic lobectomy in infants less than 10 kg with prenatally diagnosed cystic lung disease.; J Laparoendosc Adv Surg Tech A. 2011 Mar;21(2):181-4

Rothenberg SS.; Experience with thoracoscopic tracheal surgery in infants and children.
J Laparoendosc Adv Surg Tech A. 2009 Oct;19(5):671;

Szavay PO, Zundel S, Blumenstock G, Kirschner HJ, Luithle T, Girisch M, Luenig H, Fuchs J.; Perioperative outcome of patients with esophageal atresia and tracheo-esophageal fistula undergoing open versus thoracoscopic surgery. J Laparoendosc Adv Surg Tech A. 2011 Jun;21(5):439-43;

Szavay PO, Obermayr F, Maas C, Luenig H, Blumenstock G, Fuchs J.
Perioperative outcome of patients with congenital diaphragmatic hernia undergoing open versus minimally invasive surgery. J Laparoendosc Adv Surg Tech A. 2012 Apr;22(3):285-9
 

11.05.2012

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