News • Experimentelles Tumormodell

Glioblastom: Neue Ansätze für die Immuntherapie

Glioblastome, extrem aggressive Hirntumoren, sprechen sehr häufig nicht auf Immuntherapien an. Wissenschaftler von der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) und vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) konnten bei Mäusen nun einen Resistenzmechanismus identifizieren, der es Glioblastomen ermöglicht, einer Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren zu entkommen.

Moderne Krebsimmuntherapien, die den Körper im Kampf gegen den Tumor unterstützen, haben die Therapie etlicher Krebsarten revolutioniert. Die Behandlung mit sogenannten Immun-Checkpoint-Inhibitoren löst die krebsbedingte Blockade der Immunzellen und ermöglicht dem Abwehrsystem dadurch, sich gegen den Tumor zu richten.

Photo
MRT-Aufnahme eines raumgreifenden Glioblastoms.

Bildquelle: UMM/Dr. Eva Maria Wellnitz

Glioblastome zeigen sich jedoch häufig resistent gegenüber dieser Therapie. Wissenschaftler unter der Leitung von Professor Dr. Michael Platten, Direktor der Neurologischen Klinik der UMM und Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Neuroimmunologie und Hirntumorimmunologie am DKFZ, vermuten aber, dass das Potenzial der Immuntherapien bei der Behandlung des Glioblastoms längst nicht ausgeschöpft ist. Daher erforschen sie, wie sich Glioblastome vor den Immun-Checkpoint-Inhibitoren schützen.

Ihre Erkenntnisse veröffentlichten die Forscher jetzt im Journal Nature Communications.

Ziel ihrer aktuellen Arbeit war es, eine Systematik zu entwickeln, mit der die Resistenz oder das Ansprechen der Tumoren auf eine Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren individuell vorhergesagt werden kann. Ein für ihre Fragestellungen geeignetes Modell fanden die Wissenschaftler bei bestimmten Mäusen, bei denen überraschenderweise einzelne Individuen - ebenso wie beim Menschen - heterogen auf Immuntherapien reagieren und entsprechend in "Responder" und "Nicht-Responder" unterschieden werden können. Das bot den Forschern ideale Voraussetzungen, um die den gegensätzlichen Reaktionen zugrundeliegenden zellulären und molekularen Mechanismen zu erforschen. So wollen sie neue Zielstrukturen ermitteln, die sich für mögliche Kombinationstherapien eignen.

Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren

Photo

Artikel • Wer profitiert?

Response bei Immuntherapie: schwieriges Terrain

Die Immuntherapie hat sich als Standardtherapie bei zahlreichen Tumorarten etabliert. Checkpoint-Inhibitoren wirken wie Bremsen auf das Immunsystem und werden von den Tumorzellen gezielt aktiviert, um sich zu schützen. Indem man sie blockiert, können zuvor unerreichte Ansprechraten erzielt werden. Ob ein Patient auf eine Immuntherapie anspricht, ist allerdings schwierig zu klären.

Mit einer Behandlung, die sich gegen diese PD-L1-tragenden Makrophagen richtet, könnte sich die Resistenz gegen die Immun-Checkpoint-Inhibitoren überwinden lassen

Michael Platten

Ebenso bot es die Chance, mittels serieller MRT-Bildgebung Merkmale zu identifizieren, die ein Therapieansprechen vorhersagen können. Im Modellsystem gelang dies mit einer Genauigkeit von 82,7 Prozent. Diese "Signatur" soll in künftigen klinischen Studien mit Glioblastom-Patienten überprüft werden. Durch den Vergleich der Immun-Mikroumgebung der Gliome von resistenten Tieren und solchen, die auf die Behandlung ansprachen, konnten die Wissenschaftler einen Resistenzmechanismus gegen die Immun-Checkpoint-Blockade ermitteln. Er wird von einer Untergruppe der als Makrophagen bezeichneten Fresszellen vermittelt, die das Protein PD-L1 tragen, das als Immunbremse funktioniert. Letztendlich führt dies zu einer Anreicherung von regulatorischen T-Zellen und einer Drosselung der CD4+ T-Zell-Aktivierung, was die natürliche Tumorabwehr unterdrückt. 

Ob dieser Resistenzmechanismus auch bei Patienten mit Gliomen eine Rolle spielt, untersuchen die Wissenschaftler aktuell in einer vom Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) geförderten multizentrischen klinischen Studie. "Mit einer Behandlung, die sich gegen diese PD-L1-tragenden Makrophagen richtet, könnte sich die Resistenz gegen die Immun-Checkpoint-Inhibitoren überwinden lassen", vermutet Michael Platten. Die künftige Strategie zur Verbesserung der Therapieantwort von Glioblastom-Patienten auf die Immuntherapie könnte daher eine Kombination dieser beiden Therapien sein. 


Quelle: Universitätsmeditzin Mannheim (UMM)

18.02.2020

Mehr aktuelle Beiträge lesen

Verwandte Artikel

Photo

News • Glioblastom-Forschung

Neuer Ansatz macht Fresszellen "taub" für Hirntumor-Signale

Glioblastome gehören zu den aggressivsten Hirntumoren. Forschende in Basel beschreiben nun, wie man die Chancen des Immunsystems gegen diesen Tumortyp verbessern könnte.

Photo

News • Behandlungsoption bei Krebs

Forscher arbeiten an nächster Generation der CAR-T-Zelltherapie

Wissenschaftler beginnen mit der klinischen Erprobung der nächsten Generation der CAR-T-Zelltherapie. Sie soll bei Tumoren helfen, die bisher nicht mit dem Verfahren behandelbar waren.

Photo

News • Forschung für neue MRT-Bildgebung

Immuno-Imaging soll Angriff auf Hirntumoren sichtbar machen

Bislang gibt es keine Bildgebung, die die Einwanderung von Immunzellen in Tumoren am lebenden Organismus zeigt. Wissenschaftler in Heidelberg wollen das ändern.

Verwandte Produkte

Newsletter abonnieren