News • Faseroptik gegen Alzheimer
Gehirnzellen bei der Arbeit beobachten
Tomáš Čižmár erforscht neue Methoden zur Kontrolle der Lichtleitung in optischen Fasern. Das Ziel seiner Forschungsaktivitäten ist es, miniaturisierte Fasersonden herzustellen, mit denen er einzelne Gehirnzellen in einem lebenden Organismus bei ihrer „Arbeit“ beobachten kann. Indem sie die dabei ablaufenden Prozesse besser verstehen, hoffen Forscher Antworten auf bisher nur unzureichend verstandene biologische Abläufe zu finden. Etwa wie sich Erinnerungen in unserem Gehirn verankern und wie wir sie wieder abrufen. Die Technologie könnte nützlich sein, um den Beginn von Alzheimer oder anderen schweren neurologischen Erkrankungen besser zu verstehen.
Die hochauflösende Mikroskopie mit extrem dünnen Fasern öffnet ein Fenster, um Prozesse in vorher unerreichbaren Regionen lebender Organismen zu studieren
Tomáš Čižmár
Tomáš Čižmár ist seit dem 2. Januar 2018 Professor für Wellenleiteroptik und Faseroptik an der Physikalisch-Astronomischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena und wird am Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena (Leibniz-IPHT) die Abteilung Faseroptik leiten. Die Forschungsgebiete des Physikers umfassen optische Manipulation kleinster Partikel, die Untersuchung von Lichtleitprozessen in optischen Fasern sowie deren Anwendung in haarfeinen endoskopischen Fasersonden für die biomedizinische Bildgebung.
Um hochaufgelöste Bilder aus schwer zugänglichen Körperregionen wie dem Gehirn zu erhalten ohne dabei das Gewebe großflächig zu schädigen, sind haarfeine Endoskopiesonden nötig. Herkömmliche faserbasierte Endoskope wären für solche Eingriffe viel zu groß. Sie bestehen meist aus einem Bündel mehrerer optischer Fasern, in dem jede Faser ein Pixel des Bildes überträgt. Eine von Tomáš Čižmár entwickelte holographische Methode erlaubt es nun, hochaufgelöste Bilder durch eine einzelne, nur ein Zehntel Millimeter dünne, optische Faser zu übertragen. „Die komplexe und schwer vorhersagbare Lichtleitung in solchen multimodalen Fasern verhinderte bis vor Kurzem ihren Einsatz in der Mikroskopie. Die Bildinformationen kamen völlig durcheinander und verzerrt aus der Faser. Mittels digitaler Holographie und Computeralgorithmen ist es uns gelungen, die verzerrten Bilder wiederherzustellen. Die hochauflösende Mikroskopie mit extrem dünnen Fasern öffnet ein Fenster, um Prozesse in vorher unerreichbaren Regionen lebender Organismen zu studieren – eventuell auch irgendwann beim Menschen“, so Tomáš Čižmár über die Zukunft der Technologie.
Für sein Forschungsprojekt LIFEGATE erhielt Tomáš Čižmár den anerkannten Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats – eine Auszeichnung für exzellente Wissenschaftler. In den kommenden fünf Jahren unterstützt der Forschungsrat das Projekt des 38-jährigen Forschers am Leibniz-IPHT finanziell. Am Institut möchte er zunächst die Lichtleitprozesse in multimodalen Fasern genauer erforschen. Um die Technologie letztendlich auch in der Mikroendoskopie einsetzen zu können, müssen die Fasern vor allem flexibel sein. Das ist eine Herausforderung, denn beim Verbiegen der Fasern verzerrt das übertragene Bild auf unterschiedliche Weise. Eine Lösung des Problems verspricht sich der Forscher von einem genaueren Verständnis der Lichtausbreitung in der Faser. Die bisher relativ langsame Übertragungsgeschwindigkeit möchte Čižmár durch schnellere Grafikprozessoren und bessere Datenverarbeitungsalgorithmen erhöhen. „Am IPHT kann ich eine einzigartige technologische Infrastruktur für meine grundlagenorientierte Forschung im Bereich Faseroptik und -technologie nutzen. Zudem lässt sich die holografische Mikroendoskopie mit den hier etablierten Bildgebungstechniken kombinieren und so die Palette an lichtbasierten Technologien für die Medizin und Biologie erweitern“, begründet der gebürtige Tscheche seine Entscheidung nach Jena zu kommen. Parallel zu den Arbeiten am Leibniz-IPHT, forscht er zusammen mit Partnern am Institute of Scientific Instruments in Brno/Tschechien an der Integration der Fasern in Mikroendoskopiesonden und deren experimenteller Anwendung.
Quelle: Leibniz-Institut für Photonische Technologien e. V.
03.01.2018