Europäischer Radiologenkongress 2011 gestartet

von Michael Krassnitzer

Bereits zum 17. Mal en suite findet in Wien das jährliche Treffen der European Society of Radiology (ESR), der European Congress of Radiology (ECR) statt. Vom 3. bis 7. März treffen im Austria Center Vienna über 19.000 Teilnehmer aus fast 100 Ländern zusammen, um sich über die aktuellsten Errungenschaften auf dem Gebiet der medizinischen Bildgebung und die neuesten technischen Entwicklungen auszutauschen.

Photo: Europäischer Radiologenkongress 2011 gestartet

Gegenwärtig kommen 70 bis 80 Prozent aller Diagnosen mittels radiologisch-gestützter Verfahren zustande. „Für eine möglichst große Kosteneffizienz auf dem medizinischen Sektor sind radiologische Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten von ausschlaggebender Wichtigkeit“, betont Maximilian F. Reiser, Dekan der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians Universität in München. Reiser ist Präsident der Europäischen Gesellschaft für Radiologie (ESR), die den alljährlich stattfindenden Europäischen Radiologenkongress (ECR) ausrichtet. Auf der Großveranstaltung, die heute in Wien begonnen hat, werden über 19.000 Teilnehmer aus aller Welt erwartet, denen die aktuellsten Errungenschaften auf dem Gebiet der medizinischen Bildgebung und die neuesten technischen Entwicklungen präsentiert werden. ESR-Präsident Reiser legte bei der Eröffnungs-Pressekonferenz im Austria Center Vienna sein Augenmerk zunächst auf das Thema Kostenbegrenzung.

Die Zunahme von Langzeiterkrankungen wie Adipositas oder Diabetes bringen die Gesundheitssysteme an ihre finanziellen Leistungsgrenzen, hält Reiser fest. Die Effizienz der radiologischen Bildgebung und der interventionellen Radiologie müsse daher gesteigert werden, um die Qualität zu erhalten. Je genauer diese Verfahren seien, desto früher könnten Krankheiten erkannt und in Folge kosteneffizienter behandelt werden, erklärt der ESR-Präsident. Ein Beispiel: Bei der Früherkennung von Brustkrebs vor Streuung des Tumors könne man von einer Chemotherapie absehen und stattdessen mittels operativer Maßnahmen behandeln. So könne eine kostenaufwendige, mit erheblichen Nebenwirkungen verbundene Behandlung der Patientin erspart werden. „Es muss sichergestellt werden, dass die effizienteste Behandlungsmethode zum Einsatz kommt; hierzu müssen einheitliche Qualitätsstandards sowohl in der Praxis, als auch in der Ausbildung etabliert werden“, unterstreicht Reiser.

Eine Richtung, in die sich die moderne Medizin entwickelt, ist die personalisierte Medizin. Diese konzentriert sich auf Biomarker, also messbare biologische Merkmale, mittels derer zwischen normalem oder krankhaftem Prozess im Körper unterschieden werden kann. Biomarker können Gene, Genprodukte, Zellen oder bestimmte Moleküle sein. Dies ermöglicht es dem behandelnden Arzt eine sehr genaue, auf den Patienten zugeschnittene Diagnose zu stellen und im Anschluss daran eine zielgerichtete Therapie zu initiieren.

Eine essentielle Rolle in der personalisierten Medizin – insbesondere in der Onkologie – wird die molekulare Bildgebung spielen, darüber sind sich Vertreter der verschiedenen medizinischen Disziplinen einig. Über die Anwendungsmöglichkeiten und das Potential der Technik aber herrscht noch Uneinigkeit. „Die molekulare Bildgebung hat sich nicht so rasch in der Praxis durchgesetzt wie sich viele Mediziner erhofft haben. Viele der Kollegen haben das Gefühl unter laborähnlichen Bedingen zu arbeiten, da oft die Anwendungsmöglichkeiten am realen Patienten fehlen“, erläutert Professor Fabian Kiessling, Vorstand des Instituts für Experimentelle Molekulare Bildgebung an der Universität Aachen.

Dem großen Anklang, den das Potenzial der molekularen Bildgebung bei Forschern und den Vertretern des Gesundheitswesens finde, stünden finanzielle Hürden und falsche Erwartungen an das Potential dieser Technik gegenüber, erläutert Kiessling. Eine weitere Hürde für die stärkere Etablierung der molekularen Bildgebung sieht der Aachener Radiologe darin, dass Pharmafirmen auf Grund des finanziellen Aufwands und des Fehlens entsprechender radiochemischer Labors an den Krankenhäusern bisher davon abgesehen haben, in dieses Feld großräumiger zu investieren.

Nichtsdestoweniger stehe die molekulare Bildgebung kurz vor der Etablierung in der klinischen Praxis, erklärt Kiessling. Manche der Anwendungen haben bereits Einzug in der klinischen Praxis gehalten, allerdings seien diese nicht immer ganz einfach als solche zu identifizieren. Beispiele hierfür seien die Magnetresonanz-Spektroskopie (MRS) oder leberspezifische Kontrastmittel wie SPIO oder Gd-EOB-DPTA. „In den nächsten Jahren rechne ich mit der Einführung vieler neuer Anwendungstechniken“, resümiert Kiessling: „Die Möglichkeit, mittels molekularer Bildgebung kleinste Veränderungen im Vor-Krebsstadium zu erkennen oder einzelne entartete Zellen aufzuspüren, wird vorerst allerdings ein Wunschdenken bleiben.“

Der Europäische Radiologenkongress (ECR) 2011 in Wien läuft noch bis 7. März.

03.03.2011

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