Onkologie-Update
Die Tücken der Therapie-Response-Beurteilung
Bei der onkologischen Therapie-Response-Beurteilung via Bildgebung ist nicht immer alles so, wie es auf den ersten Blick scheint: Neue Therapiemethoden ziehen bisher unbekannte Phänomene nach sich und personalisierte Diagnoseansätze machen die Arbeit des Radiologen in Zukunft komplexer. Grund genug, dass sich der RadiologieKongressRuhr in diesem Jahr erstmalig dieses Themas annimmt und neben einem Ausblick in die Zukunft zunächst einmal die Grundlagen der Response-Beurteilung klärt.
„Im ersten Block der Veranstaltung widmen wir uns der Konsensusempfehlung zum Staging, zu den RECIST und zum Update RECIST 1.1. Die hier benannten Evaluationskriterien bilden die Grundlage für die Beurteilung solider Tumoren in der Bildgebung“, so Prof. Dr. Stefan Diederich, der sich innerhalb der Kongressfakultät für das Thema stark gemacht hat.
Gemäß den aktualisierten RECIST-Empfehlungen werden für die Verlaufskontrolle maximal fünf Tumormanifestationen bestimmt, die größer als 10 Millimeter sind. Die Untersuchung im MRT oder CT sollte mit einer Schichtdicke von unter 5 Millimetern erfolgen. „In der älteren Version wurden bis zu zehn Herde vermessen, davon bis zu fünf pro Organ. Die Empfehlung des RECIST-Updates geht nun von einer Messung von maximal zwei Tumoren pro Organ aus. Weitere wichtige Änderungen betreffen die Beurteilung von Knochenmetastasen, die nach der Version 1.1 unter bestimmten Voraussetzungen in die Beurteilung einfließen dürfen. Auch Lymphknoten ab einem Durchmesser von 15 Millimetern können nach RECIST-1.1-Kriterien vermessen werden“, erläutert der Radiologe die wesentlichen Änderungen der „Gebrauchsanweisung“, die für reproduzierbare Ergebnisse in der Verlaufskontrolle sorgt. In einem zweiten Vortrag werden die entscheidenden Kriterien zur Beurteilung von Manifestationen besprochen, die heute standardmäßig im PET/CT untersucht werden.
Einen Blick in die nahe Zukunft wird schließlich der dritte Teil der Session gewähren, der die Möglichkeiten der Perfusion und des Diffusion Weighted Imaging (DWI) beleuchtet. Prof. Diederich: „Hier ist vieles in der Pipeline, was uns in den kommenden Jahren beschäftigen wird. Ich halte es für wichtig, dass sich unsere Zunft frühzeitig mit diesen Themen auseinandersetzt, um den Anschluss auf diesem spannenden Feld nicht zu verpassen.“ Im Vordergrund steht die Response-Beurteilung anhand der Apparant-Diffuson-Coefficient-(ADC-)Werte sowie der Perfusionsmessungen aus CT oder MRT, die gegebenenfalls eine sehr frühe Beurteilung erlaubt, ob eine Therapie anschlägt oder nicht. Tatsächlich gibt es bereits Ansätze, die vermuten lassen, dass bereits nach der einmaligen Gabe eines Medikaments Aussagen über den Stoffwechsel einer Entität und damit über das Ansprechen auf eine Therapie getroffen werden können.
„Eine solche Entwicklung ist im Bereich der neoadjuvanten Therapie natürlich von enormer Bedeutung: Anstatt drei Monate abzuwarten, ob der Tumor reagiert oder weiterwächst, erlaubt diese Methode ein rasches Handeln bereits nach wenigen Tagen“, ergänzt Prof. Diederich.
Damit nicht genug, gibt es ebenfalls Daten, die darauf hindeuten, dass bereits vor Beginn der Therapie deren Erfolg bestimmt werden kann. Aufgrund der Perfusion und der Diffusionsparameter hätte die Medizin dann erstmals Kriterien an der Hand, um Tumoren von gleicher Größe, Lokalisation und Histologie unterscheiden und ein Ansprechen der neoadjuvanten Therapie voraussagen zu können.
„Diese Entwicklungen werden uns vielleicht noch nicht morgen in der Praxis oder im Krankenhaus überraschen, aber sie werden kommen. Und mit ihnen ein höherer Grad an Komplexität, weil es dann nicht mehr nur die eine Technik zur Beantwortung aller Fragen gibt. Ich sehe es als realistisches Szenario an, dass die Wahl der exakten Untersuchungsmethode künftig von der Tumorentität bestimmt wird“, blickt Stefan Diederich in die Zukunft.
Wer das Thema vertiefen möchte und mehr über künftige Therapie-Optionen in der Onkologie und deren Auswirkungen auf die Bildgebung erfahren möchte, der sollte auch das anschließende Industriesymposium besuchen. Hier wird zum Beispiel das Phänomen der sogenannten Pseudoprogression besprochen, das auftritt, wenn ein Patient mit einer bestimmten molekularen Therapie behandelt wird, die den Stoffwechsel der Krebszellen hemmt, den Tumor oder die Metastase jedoch nicht abtötet.
Im Profil
Prof. Dr. med. Stefan Diederich trat seine Stelle als Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Marien-Hospital in Düsseldorf im Jahr 2002 an. Seine medizinische Laufbahn begann 1987 als Arzt bei den deutschen Streitkräften im Rahmen seines Wehrdienstes. Prof. Diederich studierte Medizin an den Universitäten Heidelberg und Münster. In Münster promovierte er auch, und zwar am Institut für Klinische Radiologie unter Prof. Dr. med. P. E. Peters. Im Jahr 2004 wurde Prof. Diederich als außerordentlicher Professor an die Universität Münster berufen. Er ist Träger des Hanns-Langendorff- sowie des Felix-Wachsmann-Preises der Deutschen Röntgengesellschaft. Prof. Diederich ist verheiratet und Vater zweier Töchter.
24.10.2012