Die Macht der medizinischen Bilder
Internationale Konferenz über Medizinische Bildgebung und Philosophie
am 21. und 22. Mai 2010 in Ulm
Bilder haben Macht, das gilt auch in der Medizin: Hat ein Embryo zu einer bestimmten Entwicklungsphase Kiemenbögen? Kann ich eine psychische Krankheit im Gehirn sehen? Ist das Schlüssel-Schloss-Prinzip von Krankheitserregern und Abwehrkräften real oder nur ein Schema? Diese und andere Fragen diskutieren Experten auf der Internationalen Konferenz über Medizinische Bildgebung und Philosophie vom 21.-22. Mai in Ulm.
Medizinische Darstellung werden zu Symbolen von Medizin an sich: Wer eine EKG-Kurve oder eine Doppelhelix sieht, weiß, dass es um Medizin geht - und ist gleichzeitig Teil eines bestimmten medizinischen Verständnisses, das Medizin als die genaue Analyse einzelner Vorgänge durch die bildliche Darstellung begreift. Gleichzeitig wirken medizinische Darstellungen in die Gesellschaft hinein und werden beispielsweise durch künstlerische Umsetzung weiter popularisiert.
„Unsere internationale Konferenz will ergründen, welchen Status medizinische Bilder in der Gesellschaft haben, wie sie entstehen, wie aus Darstelllungen neue Darstellungen werden, welchen Traditionslinien sie folgen und wie sie mit ihrer bildlichen Macht unser Menschenbild verändern“, beschreibt Prof. Dr. Heiner Fangerau, Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, das Ziel der Konferenz, zu der rund 40 internationale Experten erwartet werden.
Die Fragen nach dem Wesen und Wirken medizinischer Bilder wird auf der Konferenz z. B. anhand der bildlichen Darstellung von Embryos im Mutterleib nachgegangen: Zeigt man den Embryo in einer Entwicklungsphase, in der er wie alle Säugetiere zwischenzeitlich Kiemenbögen aufweist – und macht ihn damit zu einem „Tier“ unter anderen? Oder zeigt man ihn in einer Phase, in der er bereits ausgeprägt menschliche Züge aufweist - und betont damit die Einzigartigkeit des Menschseins? Wer nutzt welche Darstellungen mit welchen Folgen?
Auch die populäre bildliche Darstellung des menschlichen Gehirns wird auf der Ulmer Konferenz zum Thema gemacht. „Die Macht der heute verfügbaren bildlichen Darstellungen von Hirnaktivitäten vermittelt den Eindruck, unser Handeln, auch das als ‚krank’ empfundene, lasse sich ganz einfach im Hirn verorten. Auf einer ethischen Ebene könnte das z. B. unbewusst die Überzeugung verbreiten, dass weder der Mensch noch die Gesellschaft an psychischen Krankheiten Schuld sind, wenn doch ein Bild zeigt, dass der ‚grüne’ Fleck im Gehirn die Ursache ist“, erläutert Konferenzveranstalter Professor Fangerau.
Weitere Themen sind u. a. unsere Vor- und Darstellung von Krankheit und Gesundheit, die Rolle der Mathematik bei der Berechnung von MRT- oder CT-Bildern und die Rolle verschiedener medizinischer Darstellungen auf medizinische Beweisführungen. Die Konferenz ist eine Fachveranstaltung, Konferenzsprache ist Englisch. Veranstalter sind das Zentrum Medizin und Gesellschaft und das Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin.
19.05.2010