Interview • Früherkennung
Brustkrebs: Wohin geht die Bildgebung?
Professor Walter Heindel, Direktor des Instituts für Klinische Radiologie und Leiter des Referenzzentrums Mammographie am Universitätsklinikum Münster, sprach mit dem RadiologieReportRuhr über die neuesten Entwicklungen in der Mammographie und den erstmals stattfindenden Radiologiekongress Ruhr in Bochum. Den begrüßt Professor Heindel nachdrücklich, da er den unter Zeitdruck stehenden Ärzten ermöglicht, sich in der Region ohne großen Reiseaufwand über die aktuellen Entwicklungen zu informieren.
Prof. Heindel, Sie leiten und moderieren die Sitzung Mammadiagnostik: Mit welchen Themen richten Sie sich an die Kongressbesucher?
Walter Heindel: Wir werden den Besuchern einen Überblick über den Stand der technischen und inhaltlich-methodischen Entwicklung des Mammographie-Screening-Programms geben – gerade auch für den Ärztenachwuchs -, eingebettet in die Umfeldthemen Ultraschall der weiblichen Brust, MR-Mammographie und bildgesteuerte Biopsiemöglichkeiten.
Darüber hinaus wird der Übergang vom ambulant durchgeführten Screening zur optimalen Therapie im Brustzentrum ein Thema sein. Und schließlich möchten wir die neuesten Ergebnisse weltweiter Studien diskutieren, wie beispielsweise die Überlegenheit der digitalen Mammographie gegenüber dem analogen Verfahren hinsichtlich der Sensitivität.
Was den reibungslosen Übergang vom Screening zur Therapie betrifft, so spielt vor allem die Interdisziplinarität eine Rolle. Welchen Stellenwert hat hier die Radiologie?
Walter Heindel: Die Radiologie spielt hier eine enorm wichtige Rolle, denn sie gehört als so genannter Kernleistungserbringer neben Gynäkologie und Pathologie zu den führenden Disziplinen bei der Brustkrebsfrüherkennung.
In der Praxis spielen alle drei Bereiche zusammen: Der Trend geht heute europaweit dahin, dass Befunde aus der Bildgebung histologisch gesichert werden. Ist also ein Tumor aufgrund der bildgebenden Diagnostik wahrscheinlich, wird er bildgesteuert histologich gesichert und abschließend interdisziplinär bewertet, um eine optimale Behandlungs- und Operationsplanung durchführen zu können.
Das Ziel muss sein, mittels Bildgebung und bildgesteuerter Biopsie die Diagnose so exakt einzugrenzen, dass der Behandlungsplan im Vorfeld genau festgelegt ist und die Frau im Idealfall nur eine einzige Operation über sich ergehen lassen muss.
Das Mammographie-Screening ist deutschlandweit nicht nur hervorragend etabliert, sondern auch sehr erfolgreich. Gibt es Ihrer Ansicht dennoch Entwicklungsbedarf?
Die Brustdrüse ist ein sehr strahlenempfindliches Organ, das im Screening bei sehr vielen Gesunden untersucht wird, um wenige Kranke zu identifizieren.
Walter Heindel
Walter Heindel: Zunächst einmal möchte ich betonen, dass Deutschland auf dem Gebiet der digitalen Mammographie mit zu den führenden Nationen gehört. Sowohl Ärzte in privaten Praxen als auch in den Krankenhäusern haben in den letzten Jahren viel in moderne Geräte investiert. Das Screening-Programm hat die Einführung und Weiterentwicklung der digitalen Techniken mit verschiedenen Ansätzen stimuliert: von der Speicherfolie über die Direktradiographie- und Scantechniken.
Als Referenzzentrum sind wir für die technische Qualitätssicherung von Screeninggeräten für Nordrhein-Westfalen verantwortlich. Entwicklungsbedarf sehen wir auf der technischen Seite insbesondere in Bezug auf die Belastbarkeit einzelner Systeme, die aufgrund der intensiven Nutzung an ihre Grenzen geraten können.
Ein weiterer Diskussionspunkt, der uns als Referenzzentrum besonders beschäftigt, ist die Strahlenexposition. Die Brustdrüse ist ein sehr strahlenempfindliches Organ, das im Screening bei sehr vielen Gesunden untersucht wird, um wenige Kranke zu identifizieren.
Gerade was die Strahlenexposition betrifft, wäre die MR eine mögliche Alternative. Sehen Sie die Kernspintomographie als Screening-Modalität?
Walter Heindel: Die Sensitivität, also die Empfindlichkeit des MR-Verfahrens ist zwar erst einmal höher. Das Problem des MRs ist aber in gewisser Weise die geringere Spezifität.
Im Screening muss jedoch eine Balance zwischen Sensitivität und Spezifität gefunden werden. Und da stellt sich die Frage, ob eine Methode, die ungefähr zehn mal so teuer ist, die ungefähr vier- bis fünfmal so viele Frauen beunruhigt und dann wenige mehr Karzinome bringt, eine wirkliche Alternative ist. Das ist im Moment nicht wisseschaftlich gesichert und muss durch Studien geprüft werden.
Trotz aller Erfolge, die nachweislich mit der MR erzielt werden, sind wir im Moment ein wenig zurückhaltend, ob da nicht eine Methode eingesetzt wird, mit der wir eine sehr hohe Empfindlichkeit haben, weil der Kontrast besser ist, aber sehr viele Frauen umsonst verunsichern und mindestens kontrollieren müssen.
23.10.2008