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News • EU-Verordnung erhöht Druck
Asthma-Inhalatoren: Schlecht fürs Klima, aber (noch) ohne Alternative
Noch immer sind Asthma-Patienten auf Inhalatoren angewiesen, die mit klimaschädlichen Treibgasen betrieben werden. Der Grund: Es mangelt an umweltfreundlichen Alternativgeräten, die den medizinischen Anforderungen gerecht werden.
Aufmerksam betrachten führende Lungenmediziner daher nun eine geplante EU-Verordnung, die nur noch eine begrenzte Herstellung treibgasbetriebener Dosieraerosole ab 2025 vorsieht. „Insbesondere für die am schwersten Erkrankten könnte dann keine sichere Therapie mehr gewährleistet werden. Das gilt auch für künstlich beatmete Patienten“, sagt Professor Torsten Bauer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Zusammen mit anderen Institutionen appelliert die DGP nun an die Europäischen Kommission, für diese Sonderfälle eine Ausnahmeregelung für die Herstellung treibgasbetriebener Dosieraerosole für inhalative Medikamente bis 2030 zu erteilen. In dieser Zeit wollen die Mediziner Alternativen anbieten, die sowohl den Patienten, als auch dem erforderlichen Klimaschutz bestmöglich gerecht werden.
Die Lungenärzte aller deutschen pneumologischen Fachgesellschaften und Berufsverbände treten gemeinsam im Interesse ihrer Patienten für schnelle und wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz ein
Claus Franz Vogelmeier
Angeschlossen haben sich dem Appell die Deutsche Lungenstiftung (DLS), die Deutsche Atemwegsliga, der Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP) sowie der Verband Pneumologischer Kliniken (VPK). Angewiesen auf Inhalatoren mit den derzeit zum Teil noch klimaschädlichen Druckgasen seien ihrer Ansicht nach in Deutschland neben rund 3,5 Millionen Menschen mit medikamentös behandeltem Asthma auch 2,6 Millionen Patienten mit dauerhaft verengten Atemwegen durch die chronische Lungenerkrankung COPD. Darüber hinaus seien für die Inhalationstherapie in einer Notsituation treibgasbetriebene Dosieraerosole derzeit in den allermeisten Fällen nicht zu ersetzen. „Die Forderung nach einem sofortigen Verbot oder der generellen Umstellung auf beispielsweise Pulver-Inhalatoren würde den komplexen medizinischen Anforderungen aktuell noch nicht gerecht“, erklärt deshalb DGP-Präsident Bauer.
Daher appellieren die Lungenmediziner an die Industrieunternehmen, Forschung und Entwicklung für alternative und umweltfreundliche Treibgasaerosole verstärkt voranzutreiben. „Die Lungenärzte aller deutschen pneumologischen Fachgesellschaften und Berufsverbände treten gemeinsam im Interesse ihrer Patienten für schnelle und wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz ein“, erklärt Professor Claus Franz Vogelmeier, Vorsitzender der Deutschen Lungenstiftung. „Unsere Patienten leiden besonders stark unter der Klimaveränderung.“ Professor Carl-Peter Criée, Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga, ergänzt: „Grundsätzlich begrüßen wir ein Verbot von klimaschädlichen fluorierten Treibgasen, die derzeit neben der Verwendung für inhalative Medikamente noch im weitaus breiteren Rahmen für die industrielle Nutzung verwendet werden. Wir werden uns zukünftig im Anbetracht der Bedrohung durch menschengemachte Klimaveränderungen mit Nachdruck für umweltfreundliche Technologien nicht nur in der Industrie, sondern auch in unseren ärztlichen Therapieempfehlungen einsetzen.“
Entsprechend der aktuellen Leitlinien werden Patienten, die unter Asthma oder der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) leiden, bevorzugt mit inhalativen Medikamenten behandelt. Diese haben eine schnellere und stärkere Wirkung, geringere Nebenwirkungen und können in niedrigeren Dosen verabreicht werden. Die personalisierte Medizin – mit gleichzeitiger Berücksichtigung der Wirkstoffe und der Fähigkeit der Patienten, die Applikatoren auch bedienen zu können – ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Inhalationstherapie. Darüber hinaus müssen krankheitsspezifische Besonderheiten bei jedem einzelnen Patienten berücksichtigt werden. Bereits geringe Bedienungsfehler in der Inhalationstechnik beeinträchtigen die Therapie oder heben die Deposition des Medikamentes in der Lunge auf. Für eine erfolgreiche Anwendung stellt die Deutsche Atemwegsliga zahlreiche Videoanleitungen sowie einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Inhalation online zur Verfügung.
Für die überwiegende Mehrzahl der inhalative Medikamente stehen vier verschiedene Inhalationssysteme zur Verfügung: Treibgasbetriebene Dosieraerosole, Sprühvernebler (System ohne Treibgas), Pulverinhalatoren und elektrische Vernebler. In der Anwendung hat jedes dieser recht komplexen Systeme Vor- und Nachteile. Nicht jedes Medikament steht in jedem beliebigen Inhalationssystem zur Verfügung. Nicht jeder Patient kann jedes System benutzen. Insbesondere für ältere Patienten mit stark beeinträchtigter Lungenfunktion sind treibgasbetriebene Dosieraerosole noch die beste Wahl. Häufig gibt es bei diesen Patienten keine Alternative. „Gerade deshalb appellieren wir auch an die nationalen Gesundheitspolitiker – allen voran Gesundheitsminister Karl Lauterbach – eine Ausnahmeregelung für die Herstellung treibgasbetriebener Dosieraerosolen für inhalative Medikamente bis 2030 zu berücksichtigen“, sagt DGP-Präsident Torsten Bauer. „In der verbleibenden Zeit werden Lungenärzte und Allgemeinmediziner mit der Weiterentwicklung einer Leitlinie für die überwiegende Anzahl von Betroffenen eine Alternative anbieten, die sowohl den Patienten als auch dem erforderlichen Klimaschutz bestmöglich gerecht wird.“
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
31.10.2022