News • Studie zur Behandlung von Vorhofflimmern

Antikoagulation bei DDAF: Vorteile und Risiken mit Bedacht abwägen

Eine Win-Ratio-Analyse bestätigte das primäre Ergebnis der NOAH – AFNET 6 Studie und fand bei Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern keinen Vorteil einer Antikoagulation mit Edoxaban gegenüber keiner Antikoagulation.

Illustration der Herz-Anatomie in orange auf weißem Hintergrund

© magicmine – stock.adobe.com

Klinische Entscheidungen sollten sich daher an individuellen Faktoren orientieren. Die im European Heart Journal - Quality of Care and Clinical Outcomes veröffentlichten Ergebnisse wurden von Dr. Nina Becher, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg, in einer Hotline Sitzung auf dem Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Madrid vorgestellt.1 

Patienten mit Device-detektiertem Vorhofflimmern (DDAF) haben ein geringeres Schlaganfallrisiko als Patienten mit per EKG diagnostiziertem Vorhofflimmern (AF) und vergleichbaren Schlaganfall-Risikofaktoren. Welche der Patienten mit DDAF eine Antikoagulation zur Schlaganfallprävention benötigen, ist noch immer eine offene Frage. 

Die primäre Analyse von NOAH – AFNET 6 (Non vitamin K antagonist Oral anticoagulants in patients with Atrial High-Rate episodes), einer vom AFNET durchgeführten, wissenschafts-initiierten Studie, hatte ergeben: Bei Patienten mit DDAF senkt die Antikoagulation zwar das relativ geringe Schlaganfallrisiko leicht, erhöht aber auch das Risiko schwerer Blutungen. Aufgrund der erwarteten Zunahme von Blutungsereignissen, während der Effekt zur Verhinderung von Schlaganfällen geringer als erwartet war, wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Die schwache Wirkung der Antikoagulation wurde auch in mehreren Untergruppen festgestellt.2-8 

Eine Behandlungsstrategie, die keine Antikoagulation und ein EKG alle sechs Monate vorsieht, [ist] bei den meisten Patienten mit DDAF akzeptabel. Individuelle Behandlungsentscheidungen sollten die Präferenzen der Patienten berücksichtigen

Paulus Kirchhof

Dr. Becher erklärt: „Einige der Ereignisse, die in dem kombinierten Studienendpunkts von NOAH – AFNET 6 zusammengefasst sind, haben einen größeren Einfluss auf das Leben der Betroffenen als andere. Der Tod ist schwerwiegender als Blutungen. Deshalb haben wir eine Win-Ratio-Analyse durchgeführt. Diese statistische Methode ordnet die Ereignisse in einer hierarchischen Reihenfolge nach ihrer klinischen Bedeutung und liefert dadurch eine nuancierte Bewertung des Nutzens der oralen Antikoagulation bei Patienten mit DDAF und Schlaganfall-Risikofaktoren.“ 

Die Analyse umfasste insgesamt 2534 Patienten, die an der NOAH – AFNET 6 Studie teilgenommen hatten. Die Komponenten des zusammengesetzten primären Endpunktes wurden in der folgenden hierarchischen Reihenfolge verwendet: 

  1. Tod insgesamt, 
  2. Schlaganfall, 
  3. systemische Embolie, Myokardinfarkt oder Lungenembolie, und 
  4. schwere Blutungen. 

Darüber hinaus wurden Win Odds als Maß für die Anzahl der unentschiedenen Vergleiche zwischen Antikoagulanzien und Placebo berechnet. Dr. Becher erläutert: „Die Sensitivitätsanalyse umfasste auch verschiedene hierarchische Ordnungen, zum Beispiel Herz-Kreislauf-Tod anstelle der Gesamtsterblichkeit, und fügte zusätzliche Endpunkte hinzu, zum Beispiel die Lebensqualität.“ 

Es gibt zwei wesentliche Beobachtungen: Die meisten Patienten mit DDAF erlitten während der gesamten Nachbeobachtungszeit keine Komplikationen. Nach Einbeziehung von Todesfällen, thrombotischen Ereignissen und schweren Blutungen mit oder ohne Lebensqualität als zusätzlichem Endpunkt ergab diese Analyse bei Patienten mit DDAF keinen Vorteil einer Antikoagulation mit Edoxaban gegenüber keiner Antikoagulation. 

Der AFNET-Vorstandsvorsitzende Prof. Paulus Kirchhof, UKE, wissenschaftlicher Leiter von NOAH – AFNET 6, kommt zu dem Schluss: „Die vorliegende Analyse deutet darauf hin, dass eine Behandlungsstrategie, die keine Antikoagulation und ein EKG alle sechs Monate vorsieht, bei den meisten Patienten mit DDAF akzeptabel ist. Individuelle Behandlungsentscheidungen sollten die Präferenzen der Patienten berücksichtigen. Weitere Analysen könnten dazu beitragen, Untergruppen von Patienten mit DDAF besser zu definieren, bei denen eine Antikoagulationstherapie ausreichend wirksam ist, um die Zunahme von Blutungen zu rechtfertigen.“ 


Publikationen: 

  1. Becher N, Koellner G, Blomstrom-Lundqvist C, Camm AJ, Dan GA, Dichtl W, Goette A, De Groot JR, Mont L, Rohrer U, Schotten U, Toennis T, Vardas P, Zapf A, Kirchhof P. Effects of anticoagulation in patients with device-detected atrial fibrillation and multiple stroke risk factors: A Win Ratio analysis of the NOAH-AFNET 6 trial l. Eur Heart J Qual Care Clin Outcomes. 2025 Sep 01.  DOI:10.1093/ehjqcco/qcaf087 
  2. Kirchhof P, Toennis T, Goette A, et al. Anticoagulation with Edoxaban in Patients with Atrial High-Rate Episodes. N Engl J Med 2023; 389:1167-1179. DOI:10.1056/NEJMoa2303062
  3. Toennis T, Bertaglia E, Brandes A, et al. The influence of Atrial High Rate Episodes on Stroke and Cardiovascular Death – An update. Europace. 2023 Jul 4;25(7). DOI:10.1093/europace/euad166
  4. Becher N, Toennis T, Bertaglia E, et al. Anticoagulation with edoxaban in patients with long Atrial High-Rate Episodes ≥24 hours. Eur Heart J. 2024 Mar 7;45(10):837-849. DOI:10.1093/eurheartj/ehad771 
  5. Lip YH, Nikorowitsch J, Sehner S et al. Oral anticoagulation in device-detected atrial fibrillation: effects of age, sex, cardiovascular comorbidities, and kidney function on outcomes in the NOAH-AFNET 6 trial. Eur Heart J. 2024 April 9. DOI:10.1093/eurheartj/ehae225 
  6. Diener HC, Becher N, Sehner S, Toennis T et al. Anticoagulation in patients with device-detected atrial fibrillation with and without a prior stroke or transient ischemic attack. The NOAH-AFNET 6 trial. J Am Heart Assoc. 2024 Sep 3;13(17):e036429. DOI:10.1161/JAHA.124.036429 
  7. McIntyre WF, Benz AP, Becher N, et al. Direct Oral Anticoagulants for Stroke Prevention in Patients with Device-Detected Atrial Fibrillation: A Study-Level Meta-Analysis of the NOAH-AFNET 6 and ARTESiA Trials. Circulation. 2024 Mar 26;149(13):981-988. DOI:10.1161/CIRCULATIONAHA.123.067512 
  8. Schnabel RB, Benezet-Mazuecos J, Becher N, McIntyre WF et al. Anticoagulation in patients with device-detected atrial fibrillation with and without concomitant vascular disease – A combined secondary analysis of the NOAH-AFNET 6 and ARTESiA trials. Eur Heart J. 2024 Dec 7;45(46):4902-4916. DOI:10.1093/eurheartj/ehae596 


Quelle: Kompetenznetz Vorhofflimmern

02.09.2025

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