Artikel • Hybridbildgebung
Wenn Tumoren leuchten
Radiologie und Nuklearmedizin wachsen immer weiter zusammen, sowohl in medizinischer als auch in technischer Hinsicht. So ermöglichen moderne Hybridscanner heutzutage die Kombination von radiologischer Bildgebung in Form von CT oder MRT und molekularer Bildgebung in Form der Positronen-Emissions-Tomographie, kurz PET.
Bericht: Karoline Laarmann
Ergänzend zur Morphologie steuert die PET dabei wichtige funktionelle Zusatzinformationen bei, die insbesondere in der Krebsmedizin von Nutzen sind. „In einem Großteil der onkologischen Fälle kann die PET die onkologische Schnittbilddiagnostik verbessern“, sagt Prof. Dr. Ken Herrmann, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Essen.
Bei der PET-Bildgebung werden Stoffwechselvorgänge im Körper mithilfe von radioaktiven Substanzen sichtbar gemacht. Diese Radiotracer reichern beispielsweise in Zellen an, die einen besonders hohen Energieverbrauch aufweisen, und leuchten in den PET-Aufnahmen hell auf. Das bedeutet, nicht das Gewebe selbst, sondern seine Aktivität wird abgebildet.
Wir können mit der PET-Bildgebung nicht sagen, ob das Auto rot oder grün ist, aber wir können sagen, ob es fährt oder nicht
Ken Herrmann
Um die komplementäre Bedeutung von PET/CT bzw. PET/MR zu erklären, zieht der Nuklearmediziner den Kauf eines Autos zur Verdeutlichung heran: „Zunächst schaut man sich das Auto von außen an: Ist es rot oder grün? Gibt es Kratzer oder Dellen? Sind die Sitzpolster gut in Schuss? Diese Merkmale sind analog zu den morphologischen Informationen zu verstehen, die man aus der radiologischen Bildgebung gewinnt. Aber natürlich möchte man auch wissen, wie das Auto fährt. Hier geht es um die Funktion des Autos, genau wie bei der PET. Wir können mit der PET-Bildgebung nicht sagen, ob das Auto rot oder grün ist, aber wir können sagen, ob es fährt oder nicht.“
Diese funktionelle Information lässt sich vielseitig diagnostisch und therapeutisch nutzen – zum Staging über das Restaging bis hin zum Therapiemonitoring. Denn da das PET-Verfahren biochemische Prozesse darstellt, kann es auch deren Verläufe abbilden. Insbesondere bei modernen Krebstherapien, bei denen es weniger auf das Schrumpfen des Tumors als auf das Aussterben der metabolischen Aktivität in den Krebszellen ankommt, ist dies von Bedeutung.
An der Neu- und Weiterentwicklung geeigneter PET-Tracer, die noch selektiver und spezifischer auf die verschiedenen Tumorarten zugeschnitten sind, wird zurzeit intensiv gearbeitet, berichtet Prof. Herrmann: „Die Fluor-Desoxy-Glukose (FDG), also der radioaktiv markierte Zucker, ist der Wald-und-Wiesen-Tracer, mit dem ungefähr 90 Prozent aller Fragestellungen beantwortet werden können. Es gibt aber mittlerweile auch sehr spezifische Marker wie Aminosäuren für Hirntumoren oder Peptidliganden, die an ganz bestimmte Rezeptoren wie z. B. das prostataspezifische Membranantigen oder den Somatostatinrezeptor binden. Darüber hinaus zeigt sich radioaktives Jod bei Schilddrüsenkrebs sehr erfolgreich.“
Die Verbände der Krankenkassen fordern immer schwierigere Nachweise über den medizinischen Nutzen der PET, die in dieser Form eigentlich nicht zu erbringen sind
Ken Herrmann
Allerdings kommt die PET, obwohl sie die diagnostische Spezifität signifikant erhöht, hierzulande nur begrenzt zur Anwendung. Etwa 160 PET/CT-Scanner stehen deutschlandweit zur Verfügung. Bei 80 Millionen Bundesbürgern entspricht dies einer Dichte von einem Scanner pro 0,5 Millionen Einwohner. Im Vergleich befinden sich in den USA 2.500 PET/CT-Scanner landesweit im Einsatz. Bei einer Einwohnerzahl von 320 Millionen kommt so ein Scanner auf 0,13 Millionen Menschen. Der Grund, warum die Gerätedichte in Deutschland rund viermal niedriger liegt als in den Vereinigten Staaten, so Ken Herrmann, ist die mangelhafte Erlösstruktur: „Es ist in Deutschland schlichtweg nicht refinanzierbar. Wir haben die schlechteste Vergütungssituation für die PET in Europa. Lediglich für das Lungenkarzinom, das maligne Lymphom und Kopf-Hals-Tumoren wird die Untersuchung erstattet. Die Verbände der Krankenkassen fordern immer schwierigere Nachweise über den medizinischen Nutzen der PET, die in dieser Form eigentlich nicht zu erbringen sind. Es bleibt zu hoffen, dass sich genug Widerstand von Seiten der Patienten, Ärzte und Industrie regt, dass sich das ändert, aber das wird nicht kurzfristig passieren.“
Profil:
Prof. Dr. Ken Herrmann leitet seit August 2016 die Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Essen. Vor und nach seiner Promotion im Jahr 2007 arbeitete er in der Nuklearmedizinischen Klinik des Klinikums rechts der Isar in München. Parallel absolvierte er das Executive MBA Programm der Universität Zürich. Nach seiner Habilitation wechselte er nach Los Angeles, zunächst als Visiting Assistant Professor der UCLA. Seit 2012 war Herrmann stellvertretender ärztlicher Direktor der Abteilung für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Würzburg. Die UCLA ernannte ihn 2015 zum Associate Professor und Director of Translational Research der Ahmanson Translational Imaging Division.
Veranstaltungshinweis:
Fr, 10.11.2017, 16:30 – 17:00
PET-Bildgebung in der Onkologie - welche Methode bei welchem Tumor?
Prof. Dr. Ken Herrmann, Essen
Session: Neue Techniken in der onkologischen Bildgebung (mit TED)
Congress-Saal
09.11.2017