„Wir müssen interdisziplinäre Behandlungswege schaffen“
Die Radiologen verstehen sich oftmals eher als Dienstleister der anderen Fachrichtungen. Die Interventionelle Radiologie jedoch hat sich als Zweig der Radiologie etabliert, die Diagnostik und Intervention gleichermaßen ausführt. Über die Zukunft der Interventionellen Radiologie sprach Daniela Zimmermann, European Hospital, mit Prof. Dr. Dierk Vorwerk vom Klinikum Ingolstadt.
Herr Professor Vorwerk, Sie sind der Interventionsspezialist. Gerne würde ich Ihre Vorstellungen zur Zukunft der Intervention hören.
Vorwerk: Die Zukunft vorherzusagen, ist immer schwierig. Man muss unterscheiden zwischen interventionellen radiologischen Verfahren und interventionellen Radiologen. Die interventionelle Radiologie wird absolut zunehmen im klinischen Bereich. Zum Beispiel in der Onkologie. Der Erfolg der Verfahren aber gebiert dann das Problem, dass andere Berufsgruppen an dem Erfolg teilhaben wollen, die in ihrer Ausbildung primär gar nicht darauf abheben. Das ist das kritische Problem aus Sicht der Radiologen.
Gibt es Vorstellungen von Radiologen, diese Berufsgruppen einfach ein Stück weit zu integrieren?
Vorwerk: Man muss klären, was ist das Interesse des Einzelnen. Zum Beispiel der Arzt als Geschäftsmann. Um seinen beruflichen Erfolg zu sichern, wird er eine Strategie entwickeln und das ist schwer zu kontrollieren. Unsere Frage aber ist, was ist das Interesse im Rahmen der Medizin insgesamt? Da geht es um die Kosten, um die Qualität, letztlich um die unvoreingenommene Abklärung des bestmöglichen Behandlungsweges. In dieser Frage gibt es eine Lösung, auch aus Sicht der Krankenhäuser, der Krankenkenkassen als Kostenträger, der Patienten. Man muss interdisziplinäre Behandlungswege schaffen. Jede einzelne Disziplin muss das Optimum ihres Könnens in dieses Konzept einbringen und nicht jede soll versuchen, aus jedem Töpfchen zu naschen. Jeder soll auf seinem Gebiet exzellent sein. In der Kombination mehrerer Disziplinen wird das optimale Behandlungsergebnis erreicht. Das ist ein zukünftiger Weg und das gibt es ja bereits in vielen Bereichen – in der Industrie etwa gilt die Verbesserung der Qualität durch Arbeitsteilung und Spezialisierung. In der Medizin ist dieses Prinzip noch nicht so angekommen. Der andere Vorteil dieser interdisziplinären Betrachtungsweise ist, dass mehr Augen das Problem sehen und man darüber eine bessere Kontrolle hat. Das heißt: Nicht ein Einzelner bestimmt ausschließlich das Konzept, sondern aus der Gruppe heraus wird eben durch Selbstkontrolle der beste Weg gesucht und dem Patienten vorgeschlagen. Das ist die zukünftige Betrachtungsweise der Medizin insgesamt.
Das bedeutet aber, dass die Finanzierungsstrukturen sich ändern müssen?
Vorwerk: Sie haben recht, das könnte das bedeuten. Man könnte es z.B. so verändern, dass man dies über gemeinschaftliche Honorierung verfolgt. Wichtig ist für uns in der Radiologie, dass in den Kliniken eine Vollkostenrechnung erstellt wird. In der Vollkostenrechnung könnte offenlegen, was eine Intervention kostet. Das Wichtige ist, dass wir mehr Transparenz brauchen, mehr Selbstkontrolle, mehr Interdisziplinarität. Das ist der bessere Weg und das würde auch in der Politik und bei den Krankenkassen gut angekommen.
03.06.2011