News • Behandlung und Forschung

Wie verändert Corona die Krebsmedizin?

Seit zwei Jahren beherrscht die Corona-Pandemie den Alltag – auch den Klinikalltag. Doch welchen Einfluss hat dies auf Patienten mit Krebserkrankungen und wie entwickelt sich die Krebsforschung? Anlässlich des Weltkrebstages beantwortet Prof. Dr. Carsten Bokemeyer, Direktor des Universitären Cancer Centers Hamburg des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), Fragen zur aktuellen Lage in der Krebsforschung und -medizin.

Was hat sich während der Corona-Pandemie in der Krebsmedizin verändert?

portrait of Carsten Bokemeyer
Prof. Dr. Carsten Bokemeyer
Quelle: DGHO

Prof. Dr. Carsten Bokemeyer: "Die Corona-Pandemie hat nach wie vor sehr große Auswirkungen auf die Krebsmedizin, das betrifft sowohl die Versorgung der Patienten als auch die Forschung. Krebspatienten gehören zur vulnerablen Personengruppe, die sich leichter mit Corona infizieren, schlechter auf die Impfung ansprechen und zudem einen schwereren Verlauf haben können. So stehen die Etablierung und Durchführung adäquater Hygiene- sowie neuer Behandlungskonzepte im Mittelpunkt. Darüber hinaus hat eine bundesweite Erhebung der Comprehensive Cancer Center gezeigt, dass es auf dem Höhepunkt der Wellen insbesondere in der Nachsorge aber auch bei der Durchführung von Operationen durch begrenzte Intensivmedizinische Kapazitäten immer wieder zu Einschränkungen kommt. Gleichzeitig deuten erste Daten an, dass sich wegen reduzierter Vorsorgemaßnahmen die Stadien der Erkrankung bei Diagnosestellung weiter fortgeschritten darstellen als vor der Corona-Pandemie. Wir schließen daraus, dass Patienten ihre Vorsorgeuntersuchungen nicht oder später wahrnehmen, sei es aus Angst vor Ansteckung oder weil die medizinischen Versorger durch die Pandemie überlastet sind, so dass es nur wenige freie Termine gibt. Hier zeichnet sich ein erhebliches Problem ab und ich möchte deshalb an alle appellieren: Nehmen Sie körperliche Beschwerden nicht auf die leichte Schulter, kümmern Sie sich um rechtzeitige Vorsorge- und Behandlungstermine bei Ihren behandelnden Ärzten."

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Inwiefern hat sich auch der Alltag für die Wissenschaftler verändert?

"Im Bereich der Forschung hat es viele Anpassungen gegeben. In den Laboren haben wir zum Beispiel ein Schichtsystem eingeführt, um Versuchsreihen unter Einhaltung der pandemiebedingten Hygieneregeln durchführen zu können. Gleichzeitig aber hat Corona gezeigt, dass es möglich ist, die Entwicklung neuer Medikament voranzutreiben. Die wissenschaftlichen Grundlagen der mRNA-Impftechnologien sind auch für die Krebstherapie relevant; wir testen derartige Ansätze bereits in klinischen Studien in Kombination mit anderen neuen immunologischen Therapieverfahren."

Welche Herausforderungen sehen Sie für die nächsten Jahre in der Krebsforschung und -medizin?

Corona hat den Sprung ins digitale Geschehen katalysiert

Carsten Bokemeyer

"Unser wichtigstes Augenmerk für die nächsten Jahre ist darauf gerichtet, unsere bauliche Infrastruktur als Krebszentrum des UKE zu erweitern und unsere Kompetenz-Netzwerke als Grundlage für Medizin und Forschung überregional weiter zu stärken. So haben wir im vergangenen Jahr das Konsortium 'Cancer Center Nord Hamburg – Schleswig Holstein' mit unseren Partnern am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel und Lübeck gegründet und bereits gemeinsame Projekte gestartet. Darüber hinaus ist es unser oberstes Ziel, Innovationen so schnell wie möglich zu den Patienten und ihren Angehörigen zu bringen und diesen Prozess gemeinsam mit den Patienten zu gestalten. So wird in den nächsten Monaten ein Patientenkompetenzzentrum Nord entstehen, in dem wir Patienten schulen möchten, an umfassenderen Themen unserer täglichen Arbeit und der Diskussion im Gesundheitswesen auf Augenhöhe teilnehmen zu können. 

Außerdem hat Corona den Sprung ins digitale Geschehen katalysiert: Unsere monatliche Fortbildungsserie für unsere Patienten findet komplett online statt, unser Patientenbeirat tagt online, unsere Kongresse sind online. Im nationalen Netzwerk ist zudem ein Online-Angebot für trauernde Angehörige entstanden. Wir freuen uns natürlich, wenn wir uns künftig auch wieder analog treffen können, aber Teile unserer Aktivitäten werden online bleiben." 


Quelle: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

04.02.2022

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