Von Echos, Dreiecken und Quadraten - Ultraschall der Fettleber
Auch die Medizin ist nicht gefeit vor Vorurteilen. So wurde in der Vergangenheit bei der Diagnose „Fettleber“ häufig der voreilige Schluss auf übermäßigen Alkoholkonsum gezogen.
Mittlerweile rückt die nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) immer mehr in den Fokus des Interesses. Sie ist die mögliche Folge unter anderem von Diabetes, falschen Ernährungsgewohnheiten, medikamentenbedingten Nebenwirkungen und Fettstoffwechselstörungen. Etwa die Hälfte der Patienten von Prof. Dr. Günter Layer, Direktor des Zentralinstituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Klinikums Ludwigshafen, leidet an einer Leberzellverfettung. Er weiß, wie man eine Fettleber erkennt und wo die diagnostischen Tücken liegen.
Trotz ihres häufigen Auftretens sind die meisten Fettlebern, die Prof. Layer bei seiner Arbeit diagnostiziert, Zufallsbefunde. Da es sich beim Klinikum Ludwigshafen um ein onkologisches Schwerpunktzentrum handelt, wird die Diagnose häufig auch im Rahmen des Restagings nach einer Tumorerkrankung gestellt. „Dabei handelt es sich unter Umständen um eine Nebenwirkung der medikamentösen Behandlung von Krebspatienten. Wir wissen mittlerweile, dass diese Patienten ein unabhängiges Risiko zur Entwicklung diffuser Leberparenchymerkrankungen aufweisen, in erster Linie der Steatohepatitis“, sagt Prof. Layer. Wichtigster Risikofaktor bleibe aber das in der westlichen Welt immer häufigere metabolische Syndrom bei Fehlernährung, Bewegungsmangel und resultierendem Übergewicht. Da die Steatohepatitis das Risiko der Entwicklung einer Leberzirrhose mit sich bringt, geht Prof. Layer davon aus, dass eine zielgerichtete Suche nach der NASH in Zukunft wahrscheinlicher wird.
Dazu trägt in erster Linie die weite Verbreitung des Ultraschalls bei. Allerdings erzielt der Ultraschall als primäres Diagnostiktool sehr unterschiedliche Ergebnisse. Vieles hängt von den Untersuchungsbedingungen ab, erklärt der Chefarzt: „Bei adipösen Patienten sinkt die Sensitivität und Spezifität der Sonographie um 50 Prozent. Bei normalgewichtigen Patienten liegt die Genauigkeit dagegen bei 80 bis 90 Prozent, was dem derzeitigen Goldstandard, nämlich einer Biopsie, nahekommt.“
Klassisches Merkmal der Fettleber bei der Sonographie ist ihre vermehrte Echogenität. Das Ultraschallsignal wird also stärker reflektiert als bei der Normaluntersuchung. Wenn die Eindringtiefe des Ultraschalls allerdings durch ein zu dichtes Unterhautfettgewebe bereits abgeschwächt wird, beeinträchtigt das die Diagnostik erheblich.
Eine Alternative zur Biopsie bietet auch die MRT-Untersuchung der Fettleber. „Dadurch lassen sich zwar sehr exakte quantitative Angaben machen, die Leber-MRT gehört allerdings nicht zum gängigen Standardprogramm der meisten Praxen und Kliniken“, räumt der Experte ein, „denn dazu sind besondere Verfahren der Fettquantifizierung notwendig, also entweder Spezialsequenzen oder eine Spektroskopie, die aber nur sehr wenige Institute anbieten.“
Was den Ultraschall angeht, so spielt außerdem die Erfahrung des Untersuchers bei der Beurteilung einer Leberverfettung oder Leberfibrose eine entscheidende Rolle. Diese diffusen Gewebeveränderungen sind sehr viel schwieriger abzugrenzen und zu quantifizieren als fokale Leberveränderungen wie Tumoren und Metastasen. „Hinzu kommt, dass die Verfettung sehr unregelmäßig verteilt liegen kann, wodurch Tumoren vorgetäuscht werden“, erklärt Layer, „deshalb ist es wichtig, die typischen Verteilungsmuster dieser Steatosen und Nichtsteatosen zu kennen.“
Fokale Minderverfettungen bei Lebersteatose treten besonders häufig als dreiecksförmige Veränderungen in der Nähe der Gallenblase auf sowie als quadratförmige Veränderungen im Lebersegment IV in der Nähe des Ligamentums falciforme. Die unterschiedlichen Grade der Verfettung sind vermutlich durch lokale Veränderungen der Organdurchblutung bedingt. Aber wie viel Praxis braucht man genau, um sich ausreichend sicher in der Ultraschalldiagnostik der Fettleber zu fühlen? „Wenn ich auf meine eigenen Erfahrungswerte zurückblicke, dann muss man schon ein Jahr lang mehrmals täglich solche Ultraschalluntersuchungen des Bauchraums gemacht haben, damit einem das in Fleisch und Blut übergeht“, meint der Professor.
Profil:
Prof. Dr. Günter Layer begann nach seinem Medizinstudium an den Universitäten Heidelberg und Zürich seine Ausbildung zum Facharzt für Radiologie als wissenschaftlicher Angestellter bei Prof. van Kaick am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg und arbeitete dann als wissenschaftlicher Assistent von Prof. Reiser in Bonn. Seit 2001 ist er Direktor des Zentralinstituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Klinikum Ludwigshafen. Prof. Layer ist unter anderem Vorstandsmitglied der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und gründete das Chefarztforum der DRG, dem er auch mit vorsteht. Schwerpunkte seiner Arbeit bilden unter anderem die Abdominaldiagnostik und die onkologische Diagnostik und Therapie.
24.10.2014