Bildquelle: Regensburger AP et al., Stroke 2024 (CC BY 4.0)

News • Einsatz bei Schlaganfall und Asphyxie

Ultraschall-Methode mit KI blickt ins Gehirn von Säuglingen

Forschungsprojekt am Uniklinikum Erlangen untersucht Nutzen bei neurologischen Erkrankungen wie dem Säuglings-Schlaganfall

Neuartige Hochgeschwindigkeits-Ultraschallgeräte erlauben in Kombination mit einer KI-gestützten Bildanalyse hoch aufgelöste Einblicke ins Säuglings-Gehirn. Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) wollen diese Methode weiterentwickeln und mögliche Einsatzgebiete untersuchen. In ihrem Fokus stehen dabei der Schlaganfall während oder direkt nach der Geburt sowie die sogenannte Asphyxie, ein gefährlicher Sauerstoffmangel bei Neugeborenen. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) fördert das Projekt mit knapp 180.000 Euro.

Im Fachjournal Stroke stellen die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse vor

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Ultraschall-Lokalisierungsmikroskopie (ULM) des perinatalen ischämischen Schlaganfalls: A: Aufnahmen des Kopfes eines Neugeborenen in der Frontalebene mittels Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie/diffusionsgewichteter Bildgebung (MRI/DWI; rekonstruiert) und B-Mode-Ultraschall. Mit allen bildgebenden Verfahren wurde ein Infarkt der linken mittleren Hirnarterie nachgewiesen. Für die Diagnose der Schlaganfallregion waren die diffusionsgewichtete MRI-Sequenz und der transfontanellare kontrastverstärkte Ultraschall (CEUS) die überlegenen Methoden. B: Die Zeit-Intensitäts-Kurve analysiert die zerebrale Durchblutung der linken und rechten Hemisphäre, des ischämischen Bereichs und des entsprechenden Bereichs auf der Gegenseite. Visualisierung zweier berechneter Perfusionsparameter (Fläche unter der Kurve während der Ein- und Ausspülungsphase [Wash-In- and Wash-Out-Phase; WiWoAUC] und die Anstiegszeit) innerhalb der betroffenen Regionen. Die Bildgebung wurde während der akuten und postakuten Phase durchgeführt und zeigt eine Verbesserung der Perfusion im Infarktgebiet. C und D: ULM des gesamten Gehirns (C) und zeitaufgelöstes Bild des infarzierten Bereichs (D) während der akuten Phase. Dargestellt sind Karten der Richtwirkung und Geschwindigkeit während der Niedrigflussphase (1,15-1,58 Minuten nach Ankunft der ersten Blase), die eine Hyperperfusion der linken Hemisphäre zeigen. Das Schlaganfallgebiet wurde direkt nach dem Eintreffen der ersten Mikroblase und in den darauffolgenden Zeiträumen (2-7, 7-17 und 17-30 Sekunden) analysiert, um die verbleibende Durchblutung im Schlaganfallbereich nach Zeit zu darzustellen (Kreise). Länge des Maßstabsbalkens: 1 cm

Bildquelle: Regensburger AP et al., Stroke 2024 (CC BY 4.0)

Manche Säuglinge erleiden während oder direkt nach der Geburt einen Schlaganfall. Die Diagnose erfolgt bislang meist mit einem Magnetresonanz-Tomographen (MRT). Doch die MRT-Untersuchung von Neugeborenen ist besonders herausfordernd; zudem verfügen nicht alle Krankenhäuser über ein derartiges Gerät. Die neue Ultraschall-Technologie könnte sich zumindest für eine erste schnelle Abklärung eignen und damit auch die Einleitung einer passenden Therapie beschleunigen. 

Bei Neugeborenen sind die Schädelknochen noch nicht miteinander verwachsen. Dadurch ist ihr Kopf nicht starr, sondern lässt sich etwas verformen, so dass er besser durch den Geburtskanal gelangen kann. „Die unverknöcherte Region – die Fontanelle – erlaubt es uns, das Gehirn von Säuglingen per Ultraschall zu untersuchen“, erklärt PD Dr.  Dr. Adrian Regensburger, Oberarzt in der Kinder- und Jugendklinik am Uniklinikum Erlangen. „Bei Erwachsenen lässt sich dagegen per Ultraschall nur sehr wenig erkennen, weil der Schädel das Gehirn abschirmt.“ 

Doch auch bei Säuglingen bilden normale Ultraschall-Geräte die Gefäße im Gehirn oft nicht genau genug ab, als dass die Bilder sich zur Schlaganfall-Diagnose eignen würden. Regensburger untersucht daher zusammen mit seinen Kollegen PD Dr.  Dr. Ferdinand Knieling und Dr. Gregor Hanslik, ebenfalls Oberärzte in der Kinderklink des Uniklinikums, eine deutlich verbesserte Methode. Bei ihr werden den kleinen Patienten einige Tropfen Kontrastmittel in die Vene injiziert. Die Flüssigkeit enthält kleine Gasbläschen, jedes so groß wie ein rotes Blutkörperchen. Sie erscheinen im Ultraschall hell. 

Entsprechend trainierte KI-Verfahren können im Ultraschall-Film einzelne Kontrastmittel-Bläschen erkennen und ihre Reise durch das Gehirn verfolgen. „Dadurch können wir nicht nur die Gefäße sichtbar machen, sondern auch genau analysieren, wo es Verengungen oder Blockaden gibt“, erklärt Regensburger. Um der künstlichen Intelligenz ihre Arbeit zu erleichtern, nutzen die Wissenschaftler zudem Hochgeschwindigkeits-Ultraschallgeräte. Diese zeichnen nicht wie meist üblich zwanzig Bilder pro Sekunde auf, sondern bis zu dreihundert und mehr. Dadurch verändern die Bläschen von Aufnahme zu Aufnahme nur sehr wenig ihre Position. Sie lassen sich daher sehr viel einfacher nachverfolgen. „Zusätzlich wollen wir in kommenden Studien einen speziellen Schallkopf nutzen, mit dem wir dreidimensionale Bilder erzeugen können“, sagt der Wissenschaftler. „Durch die Kombination dieser Maßnahmen können wir die Gefäße im Gehirn und ihren Zustand in sehr hoher Auflösung analysieren.“ Die Forscher zeigen in ihrer Publikation in der Zeitschrift Stroke, welches Potenzial diese sogenannte Ultrasound Localization Microscopy hat.

Uns interessiert in diesem Zusammenhang auch, inwiefern wir aus Mechanismen wie diesen mögliche Therapiemaßnahmen ableiten können, um bleibende Schäden des Gehirns zu verhindern

Adrian Regensburger

In dem von der DEGUM geförderten Projekt wollen sie das Verfahren noch weiterentwickeln. Außerdem möchten sie untersuchen, inwiefern es sich zur schnellen Diagnose eines Schlaganfalls eignet. „Wir hoffen, dadurch auch früher Behandlungsschritte einleiten zu können, etwa um das verursachende Blutgerinnsel aufzulösen“, erläutert Regensburger. 

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der sogenannten Asphyxie, einem bedrohlichen Sauerstoffmangel nach der Geburt. Die Forschenden wollen zum Beispiel herausfinden, ob sie mit ihrer Methode die Hirngebiete sichtbar machen können, die besonders stark unter der Mangelversorgung leiden. Außerdem wollen sie untersuchen, wie das Gehirn auf die Notlage reagiert – ob es beispielsweise die Durchblutung der betroffenen Regionen erhöht und dafür die Versorgung anderer Bereiche herunterfährt. „Uns interessiert in diesem Zusammenhang auch, inwiefern wir aus Mechanismen wie diesen mögliche Therapiemaßnahmen ableiten können, um bleibende Schäden des Gehirns zu verhindern“, sagt der Mediziner. 


Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

25.11.2024

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