Spectral Imaging: Die Zukunft der Brust-Diagnostik?

Die diagnostischen Limitationen der Mammographie, insbesondere bei dichtem Brustgewebe, sind bekannt. Nach wie vor ist das Röntgenverfahren aufgrund der guten Kosten/Nutzen-Konstellation jedoch der Goldstandard bei der Detektion von Brustkrebs, da MRT-Untersuchungen u. a. aus Kostengründen nur in definierten Einzelfällen durchgeführt werden.

Abbildung Beispiel Slit Scan Photon counting spectral imaging:...
Abbildung Beispiel Slit Scan Photon counting spectral imaging: 3mm-Tomosyntheseschichten
eines retromamillären Tumors vor und nach KM-Applikation, Subtraktion ("Jodbild"), Color-map Überlagerung des Jodbildes mit dem Original.
Abbildung Beispiel Slit Scan Photon counting spectral imaging:...
Abbildung Beispiel Slit Scan Photon counting spectral imaging: 3mm-Tomosyntheseschichten
eines retromamillären Tumors vor und nach KM-Applikation, Subtraktion ("Jodbild"), Color-map Überlagerung des Jodbildes mit dem Original.

Basierend auf dieser Technologie wird nun im Rahmen des von der EU geförderten Projektes HIGHREX an einer neuen, innovativen Methode geforscht, dem Single Shot Spectral Imaging. PD Dr. Felix Diekmann, Oberarzt in der Klinik für Strahlenheilkunde am Institut für Radiologie der Charité in Berlin, einem der klinischen Konsortiumspartner des Projektes, hat bereits erste Forschungen mit Single Shot Spectral Imaging durchgeführt und zeigt sich im Gespräch mit Radiologie Report Ruhr (RRR) überzeugt von der Methode.

RRR: Worauf basiert das Single Shot Spectral Imaging?

Felix Diekmann: Ausgangspunkt ist das relativ neuartige Mammographieverfahren "Tomosynthese" als 3D-Verfahren, das in der Lage ist, die Einschränkungen der Mammographie durch überlagernde Strukturen zumindest teilweise aufzuheben. Wird zusätzlich ein jodhaltiges Kontrastmittel appliziert, können darüber hinaus Limitationen durch geringen Tumorkontrast aufgehoben werden. Die Slit-Scan-Tomosynthese basiert auf einem Photonen zählenden Detektor, den Sectra bereits bei den MicroDose Mammography Systemen einsetzt. Dieser bietet sich dafür besonders an, weil hier mit sehr niedriger Strahlendosis eine Dual-Energy-Visualisierung von Kontrastmitteln in einem einzigen Scan durch Spectrum-Splitting am Detektor durchgeführt werden kann und gleichzeitig ein zwei- oder dreidimensionaler Eindruck der Brust vermittelt wird.

RRR: Die Photon-Counting-Technologie als solche ist nicht neu und hat sich mittlerweile als strahlungsarme Methode bewährt. Welche Vorteile besitzt das Single Shot Spectral Imaging im Gegensatz zum „herkömmlichen“ Photon-Counting-Prinzip?

Felix Diekmann: Für das neue Verfahren der Slit-Scan-Tomosynthese mit Spectral Imaging kann man auf die bisherigen Erfahrungen zurückgreifen und die gleichen Detektoren verwenden. Neu sind die dreidimensionale Darstellung der Brust und der Einsatz von jodhaltigen Kontrastmitteln in der Mammographie. Durch den Einsatz dreidimensionaler Verfahren können überlagernde Strukturen, die die Erkennbarkeit von Tumoren in der Mammographie herabsetzen, entfernt werden. Das verbleibende "Problem" des häufig geringen Kontrastes von Tumoren im Vergleich zur Umgebung wird dann durch den Einsatz von Kontrastmitteln angegangen werden. Das neue Verfahren verspricht somit prinzipiell eine massiv verbesserte Visualisierung von Brustkrebs.

RRR: Was ist der aktuelle Forschungsstand?

Felix Diekmann: Single Shot Spectral Imaging zeigt viel versprechende Ergebnisse gerade bei Patientinnen mit dichtem Drüsengewebe/umgebenden Gewebe. Zurzeit wird es allerdings nur eingesetzt, wenn ein Verdacht durch eines der etablierten Verfahren (klinische Untersuchung, Ultraschall, Kernspintomographie) gestellt wurde. Besonders interessant an der aktuellen Studie ist dabei die Fragestellung, ob die Kontrastmitteltomosynthese mit Spectral Imaging der MRT gleichgestellt oder gar überlegen ist. Obwohl eine Antwort auf diese Fragestellung erst frühestens nach Abschluss der Studie gegeben werden kann, sind einzelne Ergebnisse sehr ermutigend.

RRR: Welches sind die charakteristischen Vorteile des Spectral Imaging gegenüber der MRT?

Felix Diekmann: Das Verfahren ist schneller und einfacher einsetzbar als die Kernspintomographie der Brust. Bestimmte pathologische Veränderungen in der Brust wie die sogenannte "lobuläre intraepitheliale Neoplasie" oder kurz "LIN" konnten mithilfe dieses Verfahrens überhaupt erstmals bei einzelnen Patientinnen bildgebend visualisiert werden. Die Ortsauflösung des Verfahrens ist deutlich höher als in der Kernspintomographie, somit steht eine deutlich bessere Beurteilbarkeit der Morphologie von Läsionen zu erwarten. Darüberhinaus ist die Tomosynthese ein Verfahren, mit dem im Gegensatz zur Kernspintomographie auch Verkalkungen regelhaft visualisiert werden können.

RRR: Kann das Single Shot Spectral Imaging die MRT ersetzen?

Felix Diekmann: Es ist ein Ziel des Forschungsprojektes, ein Verfahren zu entwickeln, welches als Alternative zur Kernspintomographie eingesetzt werden kann. Dies erscheint insofern realistisch, als dass ökonomische Zwänge im Gesundheitswesen eine Rolle spielen und das Verfahren prinzipiell das Potenzial bietet, eine gleichwertige oder verbesserte Diagnostik zu einem günstigeren Preis beziehungsweise mit höherer Verfügbarkeit zu bieten. Im Vergleich der Verfahren sind nach dem jetzigen Stand der Forschung jedoch auch Nachteile der neuen Methode zu beachten, wie das Beispiel der sogenannte „Wasserbildgebung" zeigt: In der Kernspintomographie ist diese für bestimmte Fragestellungen (z.B. zur Diagnostik von Fibroadenomen) mit der sogenannten "T2-Wichtung" bereits Alltag. Beim Spectral Imaging ist sie noch Zukunftsmusik.
Insgesamt rechne ich damit, dass das Single Shot Spectral Imaging in der Zukunft der Diagnostik des Mammakarzinoms eine wichtige Rolle spielen wird.


Single Shot Spectral Imaging

Das Verfahren des Single Shot Spectral Imaging macht sich die Tatsache zunutze, dass sich Röntgenstrahlung aus einem Spektrum unterschiedlicher Energien zusammensetzt, vergleichbar den Spektralfarben des Lichts. Energieabhängige Absorption (der Strahlung) lässßt Rückschlüsse auf die Art des Gewebes zu, also zum Beispiel ob es sich um Mikrokalk oder Tumorgewebe handelt. Der Photon-Counting Detektor ist nicht nur in der Lage, die Röntgenstrahlen einzeln zu zählen, sondern kann auch die unterschiedlichen Energieniveaus des Spektrums differenzieren und auswerten. Entwickler der Technologie für den Bereich der Mammographie ist Prof. Dr. Mats Danielsson, der mit der Erfindung der Photon-Counting-Technologie schon einmal die Mammadiagnostik revolutioniert hat. Der Gründer von Sectra Mamea leitet federführend das Konsortium des EU-Projektes HIGHREX, das sich unter anderem mit der Evaluierung des Single Shot Spectral Imaging beschäftigt.

Die Charité ist einer der klinischen Konsortiumspartner und zurzeit mitverantwortlich für die Entwicklung des kontrastmittelgestützten Spectral Imaging. Derzeit wird das Verfahren an der Charité sowie der Universität Münster eingesetzt.

Weitere Informationen: www.highrex.eu
 

04.11.2010

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