SECARS-Mikroskopie - ein Fenster in die Welt der Moleküle
SECARS Mikroskopie, ein auf Quanteneffekten beruhendes Verfahren, mit dem sogar einzelne Moleküle fast in Echtzeit beobachtet werden können, erweist sich als hochempfindliches neues Werkzeug zur nicht-invasiven Erforschung unterschiedlichster Erkrankungen und könnte die medizinischen Diagnosewerkzeuge CT und MRI in Zukunft ergänzen.
Dies zeigen Forschungsergebnisse von Dr. Lina Machtoub (Universitätsklinik für Radiodiagnostik der Medizinischen Universität Innsbruck). Zugleich liefert die vielbeachtete Arbeit neue Einsichten in die Mechanismen der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), einer bisher unheilbaren degenerativen Nervenerkrankung, die unter anderem den Starphysiker Stephen Hawking an den Rollstuhl fesselt.
SECARS steht für Surface-Enhanced Coherent Anti-Stokes Raman Scattering, ein hoch komplexes Verfahren, bei dem Vibrationen, die an den Bindungsstellen zwischen den Atomen eines Moleküls auftreten und die für jede Substanz typisch sind, um das 100 Billionen- bis 1 Billiardenfache verstärkt werden. In Verbindung mit bestimmten Nanopartikeln, die wie ein Kontrastmittel funktionieren, können damit Stoffwechselvorgänge zum Beispiel im Gehirn beobachtet werden. Dieser Ansatz enthält ein bedeutendes Potenzial als biomedizinisches Bildgebungsverfahren an lebenden Proband/-innen und zeigt vielversprechende diagnostische Möglichkeiten für künftige klinische in-vivo-Studien.
Den Rätseln der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) auf der Spur
ALS ist eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems, bei der durch bislang ungeklärte Ursachen jene Neuronen absterben, die für die Übertragung von Bewegungsimpulsen an den Körper zuständig sind. Das führt zu einer fortschreitenden und schließlich vollständigen Lähmung. In Deutschland leiden darunter etwa 6.000, in Österreich rund 600 Menschen. Berühmte Betroffene sind neben dem britischen Physiker Stephen Hawking der deutsche Maler und Bildhauer Jörg Immendorff und der ehemalige deutsche Fußballspieler Krzysztof Nowak.
In der Innsbrucker Studie wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Pavle Andjus (Universität Belgrad) bestimmte Stoffwechselvorgänge im Gehirn gesunder Ratten mit jenen ALS-kranker Ratten verglichen, wobei die Ergebnisse der SECARS-Mikroskopie durch histologische Analysen überprüft wurden.
„Wir konnten erstens nachweisen, dass unsere Interpretation der SECARS-Ergebnisse mit dem histologischen Befunden tatsächlich übereinstimmen und die SECARS-Mikroskopie folglich als ein zuverlässiges nicht-invasives Diagnoseinstrument gelten darf“, so Dr. Lina Machtoub. „Zweitens konnten aber auch wichtige Erkenntnisse über die Besonderheiten von ALS gewinnen: Wir konnten sowohl die bisher unbelegte Hypothese bestätigen, dass sie mit erhöhten Lipid-Ansammlungen einhergeht als auch die Regionen bestimmen, in denen diese abnormen Konzentrationen vorliegen, nämlich vor allem im Stamm- und im Mittelhirn.“
Neue Erkenntnisse lassen auf neue Therapieoptionen hoffen
Die Innsbrucker Studie könnte ein weiterer bedeutender Schritt auf dem Weg zu wirksamer Abhilfe für die Betroffenen darstellen. Dr. Machtoub: „Je besser wir die Ursachen der Amyotrophen Lateralsklerose verstehen, desto eher werden wir in der Lage sein, alternative Therapien dagegen zu entwickeln.“
Bildquelle: Olympus
24.06.2010