Artikel • Kontrastmittelunterstützter Ultraschall
„Schon wieder so ein Leberherd“
Im Rahmen von Screenings bzw. Untersuchungen von Gesunden entdeckt man häufig als Zufallsbefund einen Leberherd. „Die Prävalenz solcher Veränderungen beträgt 20 Prozent der untersuchten Patienten“, weiß Prim. Dr. Antonius Schuster, MBA, Leiter der Abteilung für Radiologie am Landeskrankenhaus Bregenz (Vorarlberg).
Findet man einen Leberherd, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine gutartige Veränderung
Antonius Schuster
Abhängig vom Alter der Patienten sind rund 70 Prozent der detektierten Leberherde gut- und 30 Prozent bösartig. Selbst bei Tumorpatienten ist ein Viertel bis die Hälfte der in der Leber entdeckten Veränderungen gutartig. „Findet man einen Leberherd, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine gutartige Veränderung“, resümiert Schuster. Was dann weiter geschieht, hängt von der Sonomorphologie und dem klinischen Kontext ab. Das Vorgehen bei einem Tumorpatienten ist klarer geregelt als das „Leberinzidentalom“ bei einem gesunden Menschen. Der Untersucher ist bei den weiteren Schritten auf sich selbst gestellt, da es keine Empfehlungen der Fachgesellschaften zur weiteren Vorgehensweise gibt, kritisiert der Bregenzer Radiologe.
Um Patienten nicht unnötig zu beunruhigen und um weitere, teure Untersuchungen zu vermeiden bzw. etwaigen Komplikationen zu entgehen, die im Lauf dieser Untersuchungen auftreten können, ist es wichtig, dass möglichst viele der gutartigen Veränderungen auch als solche diagnostiziert werden. Mindestens 60 Prozent der Herde können mit reinem Ultraschall charakterisiert werden. Jene, die sich auf diese Weise nicht sicher diagnostizieren lassen, sollten einer Untersuchung mit kontrastmittelverstärktem Ultraschall (CEUS) zugeführt werden, wenn möglich noch in derselben Sitzung. „Mit dem kontrastmittelverstärkten Ultraschall ist dem Arzt ein Instrument in die Hand gegeben worden, mit dem er die Veränderungen mit extrem hoher Sicherheit in gutartig und bösartig einteilen kann“, bekräftigt Schuster. „Mit welcher Sicherheit man das feststellen kann, hängt allerdings von der Erfahrung und dem Können des Untersuchers ab.“In Fällen, bei denen auch CEUS zu keiner eindeutigen Aussage führt oder nicht verfügbar ist, sind CT, MRT, Szintigraphie und Punktion die Ultima Ratio.
„Um also Überdiagnostik zu vermeiden, sollte man einen tendenziell benignen Zufallsbefund nach drei Monaten kontrollieren und erst bei Befunddynamik eine weitere Abklärung in die Wege leiten.“ In seinem Vortrag wird er allerdings Empfehlungen geben, die aus der klinischen Praxis stammen und die kurz zusammengefasst lauten: Bei unsicherem Ultraschallbefund bitte CEUS oder eine Kontrolle durchführen, erst wenn dann noch immer Unsicherheiten bestehen, folgt CT oder MRT. Und einen Tipp hat Schuster noch: „Bei Patienten mit einer Tumoranamnese kann man ruhig gleich in den CT schicken, weil es den Onkologen ohnehin interessiert, wo sonst noch Absiedelungen zu finden sind.“ Da nämlich stoße der Ultraschall an seine Grenzen, weil man damit nicht in die Lunge und in die Knochen hineinschauen könne.
Klassifikation von Leberherden aus der Sicht des sonographierenden Arztes
• Echoreiche Veränderungen: Das häufigste ist das Hämangiom, wobei eine Doppler- Sonographie oder die Doppler-Kontrastmittel-Sonographie Zusatzinformationen geben kann. Häufig tritt auch ein fokales Mehrverfettungsareal auf, manchmal ist auch die fokale noduläre Hyperplasie (FNH) echoreich. Nur in seltenen Fällen können Metastasen eines Nierenzellkarzinoms oder eines neuroendokrinen Tumors so ähnlich aussehen. Eine normale Veränderung, die aber leicht verwechselt werden kann, ist die Zwerchfellfurche. Sehr echodicht sind Verkalkungen, Luft in den Gallenwegen, Steine in den Gallengängen oder in der Gallenblase und natürlich Fremdkörper.
• Echoarme Veränderungen: Dazu zählen fokales Minderverfettungsareal, atypisches Hämangiom, Abszess, Hämatom, komplizierte Zysten, Adenom, manchmal auch FNH. Von den bösartigen echoarmen Veränderungen treten Metastasen und Leberzellkarzinom am häufigsten auf. Selten sind Lymphome.
• Häufige echofreie Läsionen sind Zysten, die auch im Rahmen eines polyzystischen Syndroms auftreten können, seltener sind Läsionen, die von einem Echinococcus (Fuchs-, Rinder-, Hunde- oder Schweinebandwurm) hervorgerufen werden.
• Echogleiche Veränderungen: Diese sind am schwierigsten zu erkennen. Hier ist an erster Stelle die FNH zu nennen, aber auch Adenome, Nierenzellkarzinome. Auch Hämangiome können manchmal so aussehen.
Profil:
Prim. Dr. Antonius Schuster, MBA, ist seit 2011 Leiter der Abteilung für Radiologie des Landeskrankenhauses Bregenz. Nach Studium und Facharztausbildung in Innsbruck war der Radiologe zunächst Assistenzarzt ebendort, dann Assistenzarzt im LKH Feldkirch (Vorarlberg), wo er schließlich zum leitenden Oberarzt an der Abteilung für Radiologie aufstieg. Schuster ist Mitglied der österreichischen Facharztprüfungskommission für Radiologie und kann auf 22 Originalarbeiten als Erst-, Senior- und Coautor verweisen. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind interventionelle Radiologie, multimodale onkologische Bildgebung, kontrastverstärkte und muskuloskelettale Sonographie sowie kardiovaskuläre Bildgebung (Herz-CT, Herz-MRT).
27.10.2014