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Schnitzel aus der Petrischale - für viele eine echte Option
Im Labor gezüchtetes tierisches Muskelgewebe verspricht ziemlich echten Fleischkonsum ohne schlechtes Gewissen. Ob das sogenannte In-vitro-Fleisch tatsächlich als Alternative taugt, haben jetzt Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) untersucht.
Die Vision klingt verheißungsvoll: Fleisch kommt auf den Teller, ohne dass dafür Tiere sterben müssen. Massentierhaltung und Fleischskandale lassen die Fleisch-Lust der Deutschen allmählich schwinden. Immer mehr Verbraucher greifen daher ersatzweise zu Veggie-Wurst und Soja-Steak.
Noch ist die Herstellung des Labor-Fleischs aufwendig und nur in winzigen Mengen möglich. „In Zukunft könnte In-vitro-Fleisch jedoch vielleicht helfen, Probleme zu lösen, die unser Fleischkonsum im Hinblick auf eine wachsende Weltbevölkerung, den Klimawandel und Tierschutz bedeutet“, sagt Inge Böhm vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS). „Mit der Kultivierung von tierischen Muskelstammzellen in einer Zellkultur wäre es eventuell nicht länger nötig, unter enormem Ressourcenaufwand Tiere erst heranzuzüchten und dann zu töten“, so die Geisteswissenschaftlerin weiter.
Derweil sind schon Fleischersatzprodukte wie detailgetreue Nachbildungen von Putenbrust, Schweineschnitzel oder Frikadellen aus Soja oder Seitan nicht unumstritten. Während immer mehr Teilzeitvegetarier, die aus ethischen Gründen weniger Fleisch essen wollen, zu Pseudo-Fleisch aus zusammengepresstem Soja, Erbsen und Karotten greifen, sehen Kritiker in den Imitaten hochverarbeitete künstliche Lebensmittel, die zu einer noch stärkeren Entfremdung von Mensch und Tier führten. Auch bestehen bei der Fleischproduktion aus tierischen Muskelstammzellen in einer Zellkultur trotz jüngst erzielter technischer Fortschritte noch einige Schwierigkeiten, wie das Fehlen einer tierfreien Nährlösung.
Wie es um die gesellschaftliche Akzeptanz von tierischen Muskelzellen aus der Petrischale als Fleischersatz steht, untersuchten die Wissenschaftlerinnen am ITAS anhand von Interviews und partizipativen Verfahren (Fokusgruppen, Bürgerjury). Sie befragten Experten aus Wissenschaft und Systemgastronomie genauso wie Vertreter von Umwelt- und Tierrechtsorganisationen sowie ökologischen und konventionellen Anbauverbänden. Auch Bürger hatten die Möglichkeit, sich einzubringen.
Der überwiegende Teil der Gesellschaft wünscht sich, dass die Politik Strategien entwickelt, um den Fleischkonsum zu reduzieren
Inge Böhm
Laut der Studie sieht die Mehrheit der Befragten im In-vitro-Fleisch eine von vielen möglichen Alternativen zur konventionellen Fleischproduktion. Gleichzeitig stößt In-vitro-Fleisch bei denjenigen auf Widerstand, die die Zukunft der Ernährung in einer Reduktion des Fleischkonsums und dem ökologischen Umbau der Landwirtschaft sehen. Gegen das Fleisch aus dem Labor sprechen auch die bereits genannte mögliche weitere Entfremdung des Menschen vom Tier und die Gefahr einer Monopolisierung der In-vitro-Fleisch-Produktion.
„Der überwiegende Teil der Gesellschaft wünscht sich, dass die Politik Strategien entwickelt, um den Fleischkonsum zu reduzieren, die nachhaltige Umgestaltung der Landwirtschaft voranzutreiben sowie Forschung und Entwicklung pflanzenbasierter Alternativen zu fördern“, sagt Böhm.
Quelle: Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)
17.09.2017